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Frage von Raymund B. •

Frage an Katja Kipping von Raymund B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Kipping,

da sie sich ja in Ihrer Arbeit auch dem Thema "Hartz IV" widmen, gehe ich davon aus, dass sie alle "Fallstricke" dieses Gesetzteswerkes kennen. Trotzdem möchte ich, als bis vor Kurzem Betroffener, noch einmal auf die KdU (Kosten der Unterkunft), bzw. die zu niedrigen Angemessenheitsgrenzen, als besonders schwerwiegendes Problem hinweisen und auch einige Fragen dazu stellen:

Mir kommt es so vor, als ob alle Argen die Angemessenheitsgrenzen für Miete, Neben- und Heizkosten, mehr oder weniger willkürlich festsetzen können. Durch welches Gesetz ist das geregelt? Im SGB II finde ich darüber nichts, ausser dem Wort "angemessen". Aber genau da liegt ja der Knackpunkt. Solange jede Arge (anscheinend) selbst bestimmen kann, was "angemessen" ist und was nicht, hat jede Arge die "Macht", den Bürgern Geld vorzuenthalten, oder sie zum Umzug zu zwingen oder in die Obdachlosigkeit. Ich kenne keinen Hartz IV Empfänger, der eine Wohnung innerhalb der (fiktiven?) Angemessenheitsgrenzen bewohnt und somit müssen alle diese Menschen, von viel viel weniger als dem Regelsatz leben. Nach meiner persönlichen Erfahrung sind es meist zwischen 50-150 Euro, die (bei einem Alleinstehenden) zum Leben übrig bleiben, je nachdem was noch an Schulden zu tilgen ist, oder wie hoch die Stromrechnung und der Teil der KdU, den die Leute selbst tragen, ist.

Konkret möchte ich sie fragen, wie und ob die Linksfraktion das Problem der Angemessenheitsgrenzen lösen möchte. Ist das überhaupt auf Bundesebene zu machen oder ist das Gesetz so "gestrickt", dass das alles per Dienstanweisung, bzw. Verwaltungsvorschrift geschieht, an die man vom Bundestag aus gar nicht herankommt, weil evtl. die Bundesagentur für Arbeit und die Argen einfach "selbstständig" diese Dinge entscheiden können.

Oder anders ausgedrückt: hat der Bundestag überhaupt die "Macht", die Angemessenheitsgrenzen anzuheben?

vielen Dank für Ihre Antwort und alles Gute für Ihre Arbeit

mit freundlichen Grüßen

R.B.

Portrait von Katja Kipping
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Bollinger,

Ihre Anmerkungen zu den Kosten der Unterkunft (KdU) sind zutreffend. Die KdU werden örtlich von den Kommunen festgelegt, allerdings sind diese dabei natürlich an die Rechtsprechung gebunden. Die Rechtsaufsicht im Hinblick auf die KdU liegt bei den Ländern, nicht beim Bund. DIE LINKE. hat mit einem Antrag eine Verordnung des Bundes gefordert, um bundesweit mehr Rechtssicherheit zu erreichen und weniger Zwangs-Umzüge zu ermöglichen. Leider wurde unser Antrag im Bundestag abgelehnt. Tatsächlich werden häufig die KdU auf eine "angemessene" Höhe beschränkt, der Rest der Kosten ist dann von Betroffenen selbst zu tragen, d.h. geht vom Regelsatz ab - und das ist dramatisch, eben so wie Sie es auch beschrieben haben...belastbare Zahlen sind uns dazu aber nicht bekannt und vermutlich auch nicht erhebbar. Was meine Heimatstadt Dresden als "angemessen" betrachtet und wie dort die KdU berechnet werden, können Sie z.B. unter http://www.harald-thome.de/media/files/KdU/KdU-Dresden---24.2.2009.pdf nachlesen.

Wir haben uns des Problems der Angemessenheitsgrenzen mehrfach angenommen. So hat die Bundestagsfraktion DIE LINKE. zwei Wege vorgeschlagen: erstens Definition von Mindeststandards bei KdU durch Verordnung der Regierung; ist rechtlich vorgesehen (Drs. 16/3302); zweitens: Empfehlungen des Deutschen Vereins zu KdU stärker verbindlich machen (Drs. 16/11683). Die Dokumente habe ich Ihnen zur Ihrer Information angehängt.

Sie fragen auch, ob der Bundestag überhaupt die "Macht" besitzt, die Angemessenheitsgrenzen anzuheben. Prinzipiell ja, aber die Bundesländer sind faktisch gegen eine Verordnung und Einschränkung ihrer Autonomie/ Zuständigkeit und diese müssen dem zustimmmen...

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping