Frage an Katja Keul von Hans Ulrich G. bezüglich Wirtschaft
Warum brauchen wir TTIP oder gar DCFTA? Welche Vorteile erwachsen den europäischen Volkswirtschaften aus dem Abbau von Zöllen und der Beseitigung von Hemmnissen beim Marktzugang im Verhältnis zur USA.
Halten Sie das Freihandelsabkommen mit der Ukraine für sinnvoll, mit einem bestechlichen Staatswesen und mit einer nicht wettbewerbsfähigen ukrainischen Wirtschaft? Wer saniert den bankrotten Staat, wie stoppen wir die zweistellige Inflation und wer stellt Rechssicherheit für Investoren her? Vor allem, wer nimmt die Armutsflüchtlinge auf, die wir mit der schrittweisen Vernichtung der ukrainischen Wirtschaft produzieren?
mfg HUG
Sehr geehrter Herr Gräf,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 9. Januar 2016.
Das Freihandelsabkommen mit den USA sehe ich sehr kritisch, gerade weil es sich ganz offensichtlich nicht nur auf den Abbau von Zöllen beschränkt, sondern auch viel weitergehenden Regelung von Standards verhandelt werden. Insbesondere die internationalen Schiedsgerichte kann ich als Rechtspolitikerin so nicht hinnehmen.
Hinzu kommt, dass wir Parlamentarierinnen nach wie vor kein vollständiges Bild von dem Verhandlungsstand bekommen, obwohl der Vertrag am Ende nur mit der Zustimmung des Bundestages ratifiziert werden kann.
Die Einsichtsrechte, die wir in den letzten Wochen durchsetzen konnten ermöglichen es uns nicht eine transparente öffentliche Debatte oder entsprechende Expertenanhörungen zu den Inhalten durchzuführen, da alle Dokument geheim eingestuft sind.
Die Assoziierungs- und Freihandelsabkommen (AA/DCFTA), die die Europäische Union mit der Ukraine, Georgien und Moldova (Moldau) abgeschlossen hat unterstützen wir Grüne grundsätzlich. Die Abkommen zielen darauf, Rechtsstaatlichkeit in den Partnerländern zu erhöhen und einen Prozess der wirtschaftlichen Modernisierung zu unterstützen. Es geht darum, mithilfe der Abkommen die jeweiligen Regierungen zu einschneidenden Reformen zu verpflichten und die von Ihnen genannten Missstände schrittweise zu überwinden.
Die massiven rechtsstaatlichen und wirtschaftlichen Defizite in unserer unmittelbaren Nachbarschaft gefährden Stabilität und Sicherheit in ganz Europa. Auch aus diesem Grund ist es richtig, Reformkräfte in den jeweiligen Ländern zu unterstützen. Der für Fortschritt unabdingbar notwendige Transformationsprozess wird den Menschen einiges abverlangen und in vielen Wirtschaftsfeldern wird es Zeit brauchen, bis sich für alle spürbare Erfolge einstellen. Die Assoziierungsabkommen sehen u. a. daher für einige Produkte lange Übergangsfristen vor, damit die lokalen Wirtschaften sich anpassen können. Auch darüber hinaus muss darauf gedrungen werden, Reformen sozialverträglich zu gestalten.
Gleichzeitig gibt es weiterhin Handlungsbedarf und die mangelnde Reformbereitschaft in Teilen der alten Elite ist nicht zu übersehen, so dass weiterer Druck notwendig ist. Bereits jetzt ist die Vergabe internationaler Kredite und Hilfsgelder an die Bedingung geknüpft, dass konkrete Reformen durchgeführt werden. Im Land selber schaut eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Kräfte darauf, dass zugesagte Maßnahmen auch umgesetzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Keul