Was sagen Sie dazu, wenn private Organisationen, wie zum Beispiel Tafeln, nicht geimpfte Menschen (beziehungsweise nicht getestete Menschen) von der Essensausgabe ausschließen?
Sehr geehrte Frau Vogler,
als Quelle dafür möchte ich angeben: https://marburgertafel.de/2021/08/05/3-g-corona-regeln/
Ich habe aber ähnliches auch von anderen Tafeln gehört.
Was sagen Sie zu Stimmen, die für den Herbst „2 G“ - Einschränkungen vorschlagen? Würde nicht ein Teil der Gesellschaft ausgegrenzt?
Verspielen nicht diejenigen Politiker Ihre Glaubwürdigkeit, die zunächst eine Impfpflicht ablehnten und dann eine indirekte Impfpflicht einführen wollen?
Sehen Sie in Folge von Corona eine Gefahr der Ausbreitung autokratischer Tendenzen nicht nur in der Welt und in anderen europäischen Staaten, sondern auch in Deutschland?
Wird es, wenn der Impfstoff die gewünschte Wirkung erzielt, dass schwere Krankheitsverläufe vermieden werden, noch einen Mangel an Krankenhausbetten geben?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Großmann,
von Anfang an habe ich in der Pandemie darauf hingewiesen, dass sozial und finanziell benachteiligte Menschen in den Strategien der Bundesregierung nicht angemessen berücksichtigt wurden. Das gilt zum Beispiel für die Hilfen, die Menschen mit Minijobs, im Sozialleistungsbezug oder mit niedrigen Renten überhaupt nicht oder zu spät und zu wenig berücksichtigt haben. Ebenso wurde in der Impfstrategie nicht berücksichtigt, dass arme Menschen ein vielfach höheres Infektionsrisiko und aufgrund von gesundheitlichen Vorbelastungen ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Auch die Verlagerung von Schulunterricht in Online-Formate und der Ausfall von Kinderbetreuungsangeboten, die zeitweilige Schließung von Sportstätten und Spielplätzen etc. haben die Entwicklungschancen von Kindern in den ärmeren Stadtteilen noch stärker beeinträchtigt und die Bildungs- und Gesundheitsschere vertieft.
Wir haben uns im Bundestag gegen die Kostenpflichtigkeit von Antigen-Schnelltests eingesetzt, weil wir ansonsten befürchten, dass gerade sozial benachteiligte Menschen im Zusammenhang mit den 3-G-Konzepten unzumutbaren Belastungen ausgesetzt sind, wenn sie sich etwa aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können oder aus welchen Gründen auch immer nicht impfen lassen wollen.
Dass Einrichtungen wie die Tafeln, die überwiegend mit besonders gefährdeten Menschen arbeiten, strenge Schutzkonzepte auflegen, kann ich gut nachvollziehen. Das darf aber nicht dazu führen, dass Bedürftige diese Einrichtungen nicht mehr nutzen können.
Die staatlichen Maßnahmen zum Schutz vor der Ausbreitung von COVID-19 sind eine ständige Gratwanderung zwischen Gesundheitsschutz und persönlichen Freiheiten. Sie müssen daher immer wieder auch durch parlamentarische Debatten und Entscheidungen demokratisch legitimiert werden, statt allein den Regierungen überlassen zu sein. Ich persönlich bin der Auffassung, dass Freiheit auch immer mit Verantwortung für sich und andere gekoppelt ist und dass deshalb das JA zur Impfung eine persönliche Entscheidung ist, die man allen Menschen, für die es keine medizinische Kontraindikation gibt, nur dringend anempfehlen kann. Zur Erhöhung der Impfquoten setze ich auf Aufklärung und niedrigschwellige Angebote, die Menschen in ihrem Lebensalltag erreichen.
Autoritäre Bevormundungspolitik wird eher das Gegenteil bewirken und ist nicht nur deswegen abzulehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Kathrin Vogler