Warum sollen die Konnektoren in den Praxen immer noch gegen viel Geld ausgetauscht werden?
Sehr geehrte Frau Vogler,
nachdem die Aussagen der Hersteller zum Zertifikatsablauf in den Praxiskonnektoren als billige Ausflüchte entlarvt wurden (siehe z.B. https://www.heise.de/news/300-Millionen-Hack-CCC-praesentiert-Gratis-Laufzeitverlaengerung-fuer-Konnektoren-7308896.html), stellt sich die Frage wie die Gematik mit dem Bund als Mehrheitseigner an der Geldverschwendung festhalten kann. 400 Millionen Euro sind selbst in den Maßstäben des Gesundheitsbudgets kein Pappenstiel. Meiner Meinung nach sollte der Gesundheitsausschuss hier scharf nachfragen. Diese Frage geht gleichlautend auch an die Obleute des Gesundheitsauschusses (Andrew Ullmann, Georg Kippels, Heike Baehrens, Kathrin Vogler, Kay-Uwe Ziegler und Saskia Weishaupt) und die stellvertrende Vorsitzende Kirsten Kappert-Gonther.
Mit freundlichen Grüßen
Christian F.
Sehr geehrter Herr F.,
wir haben nachgefragt!
In der Kleinen Anfrage "Konnektoren im Gesundheitswesen – Software-Update statt Hardware-Tausch" (Drucksache 20/4745, 28.11. 2022) haben wir die Bundesregierung u.a. auch zu Ihrem Punkt befragt. Im Ergebnis wurde uns das bestätigt, was wir vorher schon vermuteten: Das Bundesgesundheitsministerium folgt "blind" der Argumentation der Gematik und hält den teuren Austausch der Konnektoren auch weiterhin für die "sicherste und wirtschaftlichste Lösung", obwohl der Chaos Computer Clubs (CCC) dem Hersteller ja schon vor einiger Zeit als Alternative ein kostenloses Software-Update angeboten hatte.
Inzwischen hat die Gematik selbst auf die CCC-Intervention reagiert und angekündigt, man wolle nur noch die Geräte der ersten Generation austauschen, weil deren Zertifikate 2023 ablaufen. Dafür fallen in diesem Jahr Kosten in Höhe von 41 Mio. Euro an, obwohl - darauf weisen Sie, Herr F., ja mit dem CCC-Link hin, auch hier eine zweijährige Laufzeitverlängerung über Software möglich wäre (was auch vom BSI bestätigt wird). Wie viele weitere Konnektoren 2023 ausgetauscht werden sollen, geht aus der Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage allerdings nicht hervor. Auch im Ausschuss für Digitales, wo das Thema unter TOP 4 "Bericht der Bundesregierung zum geplanten Konnektoren-Austausch im Gesundheitswesen" am 25.11. diskutiert wurde, konnten die Vertreter der Gematik und des Gesundheitsministeriums diese Frage nicht beantworten.
Die Kleine Anfrage offenbart, dass das Ministerium weder weiß, warum die Gematik den Konnektoren-Tausch für notwendig hält, noch welche Kosten durch den Austausch tatsächlich entstehen. Meine Fraktionskollegin Anke Domscheit-Berg, die die Kleine Anfrage federführend betreut hat, konstatiert, dass das Ministerium ohne eigene Kenntnisse gar nicht in der Lage sei, zu entscheiden, welche Variante wirtschaftlicher sei: „Das Argument ["sicherste und wirtschaftlichste Lösung"] ist folglich nur ein Mythos.“
Aber das Bundesministerium für Gesundheit ist mit 51 Prozent größter Anteilseigner der Gematik und steht aus unserer Sicht in der Verantwortung, den Versicherten, die ja mit ihren Krankenkassenbeiträgen diese fragwürdigen Konnektoren-Deals finanzieren, weitere unnötige Kosten zu ersparen und zu verhindern, dass sich die (derzeit drei) Hersteller dieser Konnektoren, auch in den nächsten Jahren weiter mit dem Geld der Versicherten die Taschen füllen. (Funfact: Der Einzelpreis für die neuen Konnektoren wurde auf 2.300 Euro festgelegt, exakt der Betrag, den die Praxen von den Krankenkassen maximal erstattet bekommen.) Wir können Ihnen versprechen, dass wir unseren Teil dazu beitragen werden, den politischen Druck hier weiter zu verstärken.
Mit freundlichen Grüßen
Kathrin Vogler
Bitte lesen Sie dazu aktuell:
"Braucht es den Millionen-Deal auf Kosten von Versicherten?" https://netzpolitik.org/2022/gesundheitsministerium-ratlos-braucht-es-den-millionen-deal-auf-kosten-von-versicherten/
Die Kleine Anfrage mit Antwort der Bundesregierung finden Sie unter https://dserver.bundestag.de/btd/20/047/2004745.pdf