Frage an Kathrin Vogler von Henning M. bezüglich Gesundheit
1) Wie stehen Sie, wie steht die Linke insgesamt zur Impflicht?
2) Falls Sie eine Impflicht ablehnen, inwiefern kann man mit dem Selbstbestimmungsrecht der Eltern argumentieren? Betroffen ist ja das Kind ist und nicht die Eltern selbst.
3) Wie wägen Sie Fürsorgepflicht gegen Selbstbestimmung ab?
4) Welchen Stellenwert hat das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrheit in diesem Zusammenhang?
5) Welchen Stellenwert hat das Recht auf körperliche Unversehrheit von "Impfversagern" und Menschen die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können?
Sehr geehrter Herr Meyer,
ich bin der Meinung, dass bei vielen Infektionskrankheiten - so auch bei Masern - Impfungen eine geeignete Maßnahme sind, sowohl zum Schutz für die einzelne Person als auch für die gesamte Bevölkerung, zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und zur Verhinderung von Epidemien. Dabei sollte sich jede und jeder Einzelne selbstbestimmt, freiwillig und auf informierter Basis entscheiden können. Denn auch eine Impfung ist ein medizinischer Eingriff, der ohne Zustimmung grundsätzlich den Tatbestand der Körperverletzung darstellen würde. Durchimpfungsraten von über 95% bei der Erstimpfung gegen Masern zeigen, dass die übergroße Mehrheit der Eltern für ihre Kinder die richtige Entscheidung treffen. Untersuchungen aus anderen EU-Ländern wie Finnland und den Niederlanden zeigen, dass es auch ganz ohne Sanktionsdrohungen möglich ist, die Masern auszurotten. Die epidemiologischen Daten des Robert-Koch-Instituts zeigen, dass im langjährigen Mittel die Durchimpfungsraten an- und die Erkrankungszahlen absteigen: http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Praevention/elimination_04_01.html
Allerdings geht diese Entwicklung noch zu langsam voran. Ich setze mich daher mit meiner Fraktion dafür ein, die Impfquote zu steigern. Ab 95% (Erst und Zweit-Impfung) wären die Übertragungswege für das Virus blockiert und es bestünde ein sogenannter Herdenschutz. Somit muss also nicht zwangsläufig jeder einzelne Mensch geimpft werden, um auch für diejenigen einen weitgehenden Schutz zu erreichen, die aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht geimpft werden konnten, unter einem Jahr alt sind (Kleinkinder) oder trotz Impfung nicht immunisiert sind (sogenannte Impfversager).
Eine Impfpflicht sollte als Zwangsmaßnahme wirklich nur dann infrage kommen, wenn alle andere Maßnahmen nicht zum Erfolg geführt haben und eine entsprechende Bedrohung der öffentlichen Gesundheit besteht. Im Übrigen können die Bundesregierung und die Landesregierung eine solche Impfpflicht nach §20, Abs. 6f. Infektionsschutzgesetz auch schon heute unter bestimmten Bedingungen verordnen. Der momentane Masernausbruch ist zwar alarmierend, wäre aber durch geeignete Maßnahmen weitgehend zu verhindern gewesen.
Darum fordere ich zusammen mit der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
• ein flächendeckendes, aufsuchendes Informationsangebot für Eltern in Kitas und Schulen
• die Verpflichtung von Ärztinnen und Ärzten, nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft über Impfungen zu beraten
• den Öffentlichen Gesundheitsdienst, der für Infektionsschutz zuständig ist, zu stärken
• insbesondere auch Erwachsene zu beraten, da hier - und nicht bei Kindern - die größten Impflücken bestehen
• Flüchtlingen und ihren Kindern schnellstmöglich Zugang zu einer umfassenden, auch präventiven medizinischen Versorgung zu ermöglichen, da diese durch mangelnde Impfmöglichkeiten im Heimatland und die Unterbringung auf engstem Raum besonders gefährdet sind
• sicherzustellen, dass Impfempfehlungen neutral und unabhängig getroffen werden, da mangelnde Transparenz und Unabhängigkeit bei den Entscheidungsträgern Anlass zu Kritik, Verunsicherung bis hin zur Ablehnung der Empfehlungen in Teilen der Bevölkerung gibt
• und die öffentliche Forschung zu erwünschten (Effektivität des Impfschutzes) wie unerwünschten (Impfschäden) Wirkungen des Impfens auszubauen.
Den Beschluss der Fraktion „Impfen fördern, nicht erzwingen“ vom 3. März 2015 finden Sie hier: http://linksfraktion.de/positionspapiere/impfen-foerdern-nicht-erzwingen/
Mit freundlichen Grüßen
Kathrin Vogler, MdB