Frage an Kathrin Vogler von Karl-Hermann K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Vogler!
Wie stellen Sie sich das Überleben der Hausärzte in NRW vor, mit einem Regelleistungsvolumen von 11 Euro/Monat und Patient, wenn die Verträge der hausarztzentrierten Versorgung auf das Niveau herunterreguliert werden?
Mit freundlichen Grüßen
Killmer, Hausarzt in Ostwestfalen
Sehr geehrter Herr Killmer,
DIE LINKE setzt sich mit Nachdruck für den Erhalt einer wohnortnahen und flächendeckenden hausärztlichen Versorgung ein. Um Ärztinnen und Ärzte zu motivieren, weiterhin alle Patientinnen und Patienten auch auf dem Lande und in weniger lukrativen Stadtteilen zu versorgen, muss nicht zuletzt die Höhe der Vergütung für diese Tätigkeit angemessen sein. Darum werde ich mich für eine gerechte und adäquate Bezahlung der ärztlichen Tätigkeit einsetzen.
Die letzten Jahre stellten nicht zuletzt aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise für große Teile der Bevölkerung eine sehr schwierige Zeit dar. Viele Menschen verloren ihre Arbeit oder mussten auf Lohn-Anteile verzichten bzw. von Kurzarbeitergeld leben, was ebenfalls mit nicht unbeträchtlichen Lohneinbußen verbunden ist.
In derselben Zeit stieg jedoch die Vergütung im hausärztlichen Bereich nicht unerheblich: Der EBM-Effekt in den Jahren 2007/2008 bescherte den Hausärzten laut Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ein Plus von 11,6 Prozent; von 2008 auf 2009 wuchs das Honorar im hausärztlichen Versorgungsbereich noch einmal um 3 Prozent.
Laut Planungen aus dem Bundesgesundheitsministerium sollen die Krankenkassen im nächsten wiederum bis zu 1,2 Milliarden Euro mehr für die ambulante ärztliche Versorgung ausgeben, während den Versicherten ein Zusatzbeitrag von 2 Prozent oder mehr droht. Dieser geplante Zuwachs für die ärztliche Vergütung bedeutet im Durchschnitt mehr als 800 Euro Mehreinnahmen pro Arztpraxis. Die Mitglieder der Krankenkassen müssen jedoch allein für diese Erhöhung der ärztlichen Honorare im Durchschnitt 24 Euro mehr Beitrag pro Jahr bezahlen.
Sicherlich sind die Honorare auch zwischen den Ärztinnen und Ärzten je nach Fachgruppe und je nach Region unterschiedlich verteilt. Diese Verteilung ist oft nicht gerecht. Hier für einen Ausgleich zu sorgen ist aber nicht primär Sache des Gesetzgebers, sondern der ärztlichen Selbstverwaltung. Wie mir der parlamentarische Staatssekretär Daniel Bahr am 24.3. in der Fragestunde bestätigte, sind die Honorare für niedergelassene Ärzte in Westf.- Lippe von 2007 bis 2009 um über 20% gestiegen.
Zu dem in Ihrer Anfrage angeführten "Regelleistungsvolumen von 11 Euro/Monat und Patient":
a) Die Vergütung über die Regelleistungsvolumen stellt seit der letzten Honorarreform nur einen Teil der ärztlichen Vergütung dar. Darüber hinaus können von den Ärztinnen und Ärzten bestimmte Leistungen ohne Mengenbegrenzung abgerechnet werden, wofür die zuständige Kassenärztliche Vereinigung einen nicht unbeträchtlichen Teil der Gesamtvergütung zurückhält. Aus diesem Grund kann für die Vergütung im Rahmen der Regelleistungsvolumen nicht die volle zur Verfügung stehende Summe ausgeschüttet werden, wodurch Honorare in diesem Segment fälschlicher Weise zu gering erscheinen.
b) Eine Vergütung von 11 Euro pro Monat und Patient klingt zunächst nach sehr wenig Geld für viel Leistung, wenn man sich eine kranke Person vorstellt, die mehrmals pro Quartal in die Arztpraxis kommt und einen großen Aufwand an Diagnostik und Behandlung erfordert. 33 Euro pro Quartal (das ist die Summe von 3x11 Euro pro Monat) beträgt aber auch die Vergütung für eine Patientin, die nur ein Mal in die Praxis kommt und am Tresen von der Arzthelferin ein Rezept zur Fortsetzung einer unkomplizierten Therapie in die Hand erhält.
Als Mischkalkulation sowie über mögliche Aufschläge außerhalb des Regelleistungsvolumen und über zusätzliche Einnahmen aus IGel-Leistungen und durch privat Versicherte wird sich das Einkommen von Hausärzten in Nordrhein-Westfalen auch zukünftig gewiss nicht im Bereich von Hartz IV bewegen. Eine Gefährdung des Überlebens, wie in der Anfrage suggeriert, halte ich für eine Überdramatisierung. Deshalb möchte ich Sie und alle Hausärztinnen und Hausärzte auffordern, sich nicht an den angekündigten Streiks zu beteiligen. Denn so tragen Sie diesen Streit um die Verteilung der über 30 Milliarden Euro, die die Versichertengemeinschaft allein für die ambulante ärztliche Versorgung jährlich bezahlt, auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten aus. Das darf nicht sein.
Mit freundlichen Grüßen
Kathrin Vogler, MdB