Frage an Katharina Fegebank von Isabel A. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Fegebank,
Seit zwei Jahren nun, werden im Rahmen des NSU-Prozesses die Tathergänge von rassistisch motivierten Morden des "Nationalsozialistischen Untergrunds" beleuchtet. In allen Fällen scheiterte die Aufklärung an der frühzeitigen Annahme der Ermittelnden Behörden, die taten seien "intern Motiviert" bzw. im Umfeld der Organisierten Kriminalität zu verorten.
Auch die Hamburger Mordermittler hielten alle Jahre hartnäckig an der These der Organisierten Kriminalität fest, ermittelten im türkisch-kurdischen Milieu, im Bereich „Ausländerextremismus“, Rauschgiftdelikte und intensiv im unmittelbaren Umfeld des Opfers. Auch in dem im April 2014 vom Senat vorgelegten 87 Seitigen Bericht "Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) Ermittlungen, Aufarbeitung, Konsequenzen in Hamburg und in der Zusammenarbeit der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder" gibt es keine Belege einer Ergebnisoffenen Ermittlung.
1) Welche Schritte haben Sie und Ihre Partei bislang unternommen, um die vielfältigen Ermittlungsungereimtheiten rund um die NSU-Morde aufzudecken insbesondere die Ermordung Süleyman Tasköprüs?
2) Welche politischen Konsequenzen ziehen Sie aus den Ermittlungserfahrungen der beteiligten Behörden und Institutionen in der Aufdeckung der NSU-Morde?
3) Wie werden Sie und Ihre Partei darauf hinwirken, zukünftige Ermittlungsungereimtheiten frühzeitig aufzudecken?
Sehr geehrte Frau Artus,
danke für Ihre Fragen, die ich gern beantworte:
1) Welche Schritte haben Sie und Ihre Partei bislang unternommen, um die vielfältigen Ermittlungsungereimtheiten rund um die NSU-Morde aufzudecken insbesondere die Ermordung Süleyman Tasköprüs?
Die GRÜNEN haben sowohl auf Bundesebene als auch bisher in den Bundesländern Thüringen, Sachsen, Bayern, Nordrhein-Westphalen und zuletzt in Baden-Württemberg daran mitgewirkt Parlamentarische Untersuchungsausschüsse einzusetzen, die teils umfassende Ergebnisse vorgelegt haben und deren Arbeit in einigen Bundesländern auch noch läuft. Auch in Hamburg haben wir als grüne Bürgerschaftsfraktion auf eine umfassende und tiefgehende Aufarbeitung gedrungen. Die bisher vom Senat vorgelegte Aufarbeitung klärt das strukturelle Versagen von Verfassungsschutz und Landeskriminalamt nur unzureichend auf. Die konkrete Aufarbeitung der polizeilichen Ermittlungen nach dem Mord an Süleyman Tasköprü ist in der Drucksache 20/11661 lückenhaft. Der Ablauf wird eher chronologisch dargestellt, und wir gewinnen keine Klarheit darüber, warum welche Ermittlungsansätze mit welcher Intensität verfolgt und andere verworfen wurden. Auch die vom NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag formulierte Kritik am starren Festhalten Hamburgs an der so genannten ,OK-Theorie‘ (OK = Organisierte Kriminalität) wird vom Senat nicht selbstkritisch reflektiert. Viele Fragen, vor allem zur Verstrickung der rechten Szene Hamburgs mit dem NSU, bleiben bisher offen. Die Auswertung der Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz zum Umfeld der Terrorgruppe, insbesondere zu den Kontakten nach Hamburg, halten wir für noch nicht abgeschlossen und werden weiter Aufklärung der offenen Fragen einfordern. Eine weitere parlamentarische Überprüfung durch einen PUA oder durch eine Enquêtekommission machen wir von diesen Antworten abhängig.
2) Welche politischen Konsequenzen ziehen Sie aus den Ermittlungserfahrungen der beteiligten Behörden und Institutionen in der Aufdeckung der NSU-Morde?
Bei einer möglichen Regierungsbeteiligung nach der Bürgerschaftswahl werden wir auf eine Arbeitsgruppe unter externer Beteiligung drängen, die die Schwerpunkte und die Breite der Arbeit des Verfassungsschutzes kritisch überprüft. Wir GRÜNE setzen uns dabei für eine umfassende Aufgabenkritik geheimdienstlicher Mittel ein. Insbesondere der Einsatz von V-Leuten hat sich als Schwachpunkt erwiesen. Daher wollen wir darauf verzichten.
Bei der bisherigen Aufarbeitung in der NSU-Mordserie sind auch die Lücken der parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten des Verfassungsschutzes deutlich geworden. Wie auf Bundesebene wollen wir auch in Hamburg zukünftig externe Expertinnen und Experten zur Beratung der Abgeordneten hinzuziehen können. Darüber hinaus halten wir es aus Gründen der Gleichbehandlung für notwendig, dass alle in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen ein Grundmandat im Parlamentarischen Kontrollausschuss und der G10 Kommission erhalten. Grundsätzlich soll der Kontrollausschuss öffentlich tagen.
Für notwendig halten wir es auch, die Vermittlung interkultureller Kompetenz sowie die Ausbildung in den Themenfeldern Menschenrechte, Grundrechte und Diskriminierungsverbot Bestandteil der Aus-und Fortbildung innerhalb der Polizei zu stärken. Dabei gilt es vor allem die Rassismusbekämpfung besser als bisher in der Aus- und Fortbildung von Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaft und Richterschaft zu verankern.
3) Wie werden Sie und Ihre Partei darauf hinwirken, zukünftige Ermittlungsungereimtheiten frühzeitig aufzudecken?
Vor allem durch die Stärkung der parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten des Verfassungsschutzes. Gleichzeitig arbeiten wir daran, eine unabhängige Beauftragtenstelle bei der Bürgerschaft einrichten, die für die Überprüfung polizeilichen Handels zuständig ist. An diese Stelle soll sich sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch Polizeibeamte wenden können, um die Überprüfung polizeilichen Handelns zu initiieren.
Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung!
Herzliche Grüße
Katharina Fegebank