Frage an Katharina Fegebank von Gero W. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Fegebank,
In der heutigen Hamburger Morgenpost am sonntag hat Ihr Parteimitglied und früherer Budnestagsabgeordneter Jo Müller gesagt, dass er jede Wette eingeht, dass es Schwarz-Grün auch im Bund gibt, wenn das Wahlergebnis dafür ausreicht. Würden Sie ebenfalls eine CDU-Kanzlerin Merkel wählen, so wie Ihre Partei in Hamburg entgegen den Wahlversprechen die CDU als Mehrheitsbeschaffer unterstützt. Wie können Sie verantworten mit Elbvertiefung, Kohlekraftwerk in Moorburg und Studiengebühren alle Wahlversprechen gebrochen zu haben. Denken sie, dass Ihren falschen Wahlversrechungen noch irgend jemand glaubt?
Mit freundlichen Grüßen,
Gero Wittenberg
Sehr geehrter Herr Wittenberg,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gern beantworten will. Auf unserem Bundesparteitag im Mai haben wir Grüne zu möglichen Konstellationen im Bund ein Wahlziel formuliert. Wir wollen mit einem GRÜNEN Wahlkampf für einen Green New Deal, 1 000 000 neue Jobs, soziale Gerechtigkeit, gleichberechtigte Bildungschancen von Anfang an, die Energiewende und eine verantwortungsbewusste Außenpolitik kämpfen und damit dritte politische Kraft in Deutschland werden. Wir wollen schwarz-gelb verhindern und dem Stillstand der großen Koalition ein Ende setzen. Eine mögliche Regierungsbeteiligung machen wir ausschließlich von der Durchsetzbarkeit grüner Inhalte abhängig. Wir sind bereit, Verantwortung zur Gestaltung der gesellschaftlichen Herausforderungen zu übernehmen - aber nicht um jeden Preis.
In Hamburg sind wir 2007 für einen politischen Wechsel, das Ende der CDU-Alleinregierung und eine rot-grüne Koalition in den Wahlkampf gezogen. Die Wählerinnen und Wähler haben aber anders entschieden, so dass über alternative Lösungen nachgedacht werden musste. Eine große Koalition hätte nach den Erfahrungen aus dem Bund in Hamburg keine Chance gehabt, eine rot-rot-grüne Konstellation ist noch am Wahlabend von der SPD ausgeschlossen worden. Mit der schwarz-grünen Koalition ist Hamburg als erstes Bundesland ein Bündnis eingegangen, dass sich jenseits des klassischen Lagerdenkens bewegt. Im 5-Parteien-System, das die gewohnten 2er-Konstellationen immer unwahrscheinlicher macht, werden neue Koalitionen immer wahrscheinlicher. Hier wird nicht an ideologischen Grenzen Halt gemacht sondern entlang politischer Inhalte verhandelt.
Wenn Sie sich den Koalitionsvertrag ansehen und diesen mit dem Grünen Wahlprogramm vergleichen, dann wird eine deutlich grüne Handschrift sichtbar. Auch wenn schon während der Koalitionsverhandlungen klar wurde, dass unsere ablehnende Haltung zur Elbvertiefung mit der CDU nicht durchsetzbar sein würde, konnten wir Ausgleichsmaßnahmen zum Schutz des Flusses und zur Verbesserung des Naturschutzes im Elbraum verhandeln. Gegen den Bau des Kohlekraftwerkes haben wir bis zuletzt gekämpft aber leider verloren. Auch wenn die wasserrechtliche Erlaubnis teilweise verweigert wurde, ist die Genehmigung des Kohlkraftwerkes ohne Frage für uns eine Niederlage gewesen. Unsere Umweltsenatorin Anja Hajduk war zu der Entscheidung rechtlich gezwungen, politisch hatten wir keinen Handlungsspielraum mehr und waren von der Entscheidung des Gerichts abhängig. An unserer politischen Haltung zum Thema Kohlekraft ändert sich dadurch aber nichts. Wir engagieren uns weiterhin für den Atomausstieg, gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke und für eine nachhaltige Energieversorgung auf allen Ebenen. Und eins ist nach der Entscheidung des Gerichts klar: In keiner anderen politischen Regierungskonstellation wäre die Genehmigung des Kohlekraftwerkes zu verhindern gewesen. Vattenfall baut ein überdimensioniertes Kraftwerk, das von einer großen Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger abgelehnt wird. Das ist nicht nur eine schlechte Nachricht für das Klima, sondern auch für das Gemeinwohl. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir mit der Gründung des städtischen Energieversorgungsunternehmens Hamburg Energie ein klares Zeichen für die angestrebte Unabhängigkeit von den großen Energiekonzernen setzen können. In Sachen Atomkraft beziehen wir klar Position. Gerade die jüngsten Störfalle im AKW Krümmel haben gezeigt: Sicher ist nur das Risiko, das von Atomkraftwerken ausgeht. Alte Schrottreaktoren müssen sofort vom Netz. Eine Verlängerung der Laufzeiten, wie sie CDU und FDP fordern, darf es nicht geben. Wir Grüne kämpfen für eine verlässliche und zukunftsweisende Energieversorgung!
Im Schwerpunkt Bildung von der Kita bis zu den Hochschulen ist es uns gelungen, längst überfällige Reformen anzustoßen. So ist während des ersten Jahres grüner Regierungsbeteiligung eine Bildungsoffensive gestartet worden, die auf mehr Leistung und mehr Gerechtigkeit an Hamburgs Schulen setzt. Die Hauptschulen sind abgeschafft worden, zusätzliche LehrerInnen wurden eingestellt, um die durch große Klassen schlechten Lernbedingungen zu verbessern, neue Ganztagsschulen werden eingerichtet, die Schulen insgesamt besser ausgestattet. Die Schulreform verlängert die gemeinsame Lernzeit und schafft eine neue Kultur des Lernens, in der jedes einzelne Kind mit seinen Talenten gefördert und gefordert werden soll. Eine Fortbildungsoffensive für LehrerInnen sowie ein breit angelegter Beteiligungsprozess von Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen sowie den zuständigen Bezirken in den Regionalen Schulentwicklungskonferenzen (RSK) sind nur zwei Elemente dieser Schulreform, die bereits erfolgreich umgesetzt wurden. Der Schulentwicklungsplan 2010 - 2017 ist zu 92% den Empfehlungen der RSKen nachgekommen.
In der Hochschulpolitik konnten wir erreichen, dass die von der CDU eingeführten Studiengebühren zu Gunsten eines Systems der nachgelagerten Gebühren abgeschafft wurden. Anstatt 500,- Euro zahlen Studierende nur noch 375,- Euro und zwar erst nach dem Studium bei einem Mindesteinkommen von 30 000 Euro. Auf diese Weise ist eine soziale Komponente eingerichtet worden. Außerdem fördern wir die Wissenschaft mit der Einrichtung einer Wissenschaftsstiftung und eine Innovationsoffensive.
Im Bereich Klimaschutz und Umwelt haben wir die Stadtbahnstrecke vorgestellt, die Leihfahrräder "Stadtrad" eingeführt und den Bau des A7-Deckels im Parlament voran gebracht - alles Projekte, die die Umwelt schützen, Mobilität verbessern und das Leben in der Stadt erleichtern: weniger Lärm, saubere Luft und angenehme Fortbewegung in der Stadt. Mit einem ehrgeizigen Klimschutzprogramm haben wir beschlossen, dass Energie- und CO2-Einsparungen bei der Gebäudesanierung einen hohen Stellenwert einnehmen. Von der EU- Kommission sind wir zur European Green Capital 2011 ernannt worden.
Im Bereich der Bürgerrechte verbessert ein neues Informationsfreiheitsgesetz die Rechte von BürgerInnen auf Informationszugänge in Behörden und öffentlichen Stellen. Die Grünen haben eine Datenschutz-Bundesratsinitiative gestartet und es ist eine Wende im Strafvollzug eingeläutet worden. Künftig wird die Resozialisierung wieder stärker im Fokus stehen.
Im Bereich Soziales und gesellschaftliches Zusammenleben konnten wir erste Erfolge verbuchen: Aufstockung der Mittel in der AIDS Prävention, mehr Stellen beim ASD, schnellere Einbürgerungen dürch zusätzliche Stellen, Einführung von Kommunikationsteams bei der Polizei zur Deeskalation, Bleiberecht für afghanische Familien, Sozialticket beim HVV eingeführt, Filmförderung aufgestockt, Förderung der Kreativwirtschaft durch Gründung einer Kreativagentur und die Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft (Gleichstellung von Lesben und Schwulen) im Beamtengesetz.
Ich hoffe, Ihnen hiermit einen Überblick über die Grünen Projekte gegeben zu haben, um Ihre Behauptung zu gebrochenen Wahlversprechen zu entkräften
Beste Grüße
Katharina Fegebank