Wie stehen Sie zu bzw. ihre Fraktion zu der Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro? Ist damit nicht das Thema Schuldenbremse vom Tisch, wenn ich die Steuermehreinnahmen betrachte?
Sehr geehrte Frau Beck,
bei einer Steigerung des Mindestlohns von 12,41 € auf 15,00 € erhöht sich bei einem Mindestlohnbezieher der Bruttolohn von 2.068 €/Monat (12,41 € x 38,5 Std/Woche x 4,33 Wochen/Monat) auf 2.500 €/Monat. In der Steuerklasse 1 zahlt der Mindestlohnbezieher ca. 120 € Lohnsteuer monatlich bei 2.068 € und ca. 220 € Lohnsteuer bei 2.500 € Mindestlohn. Der Fiskus hat also etwa. 100 € monatlich mehr an Lohnsteuer pro "Mindestlohnbezieher". Zudem wird durch die Erhöhung des Mindestlohns eine Lohnspirale in Gang gesetzt. Mit welchen Mehreinnahmen wird hier gerechnet? Gibt es hierzu Haushaltsschätzungen?
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Mindestlohn und welche staatlichen Mehreinnahmen von einer Erhöhung ausgehen würden.
Zunächst möchte ich betonen, dass wir sehr froh sind, dass wir in der Ampel-Regierung eine Erhöhung des Mindestlohns beschlossen haben. Davon profitieren ca. 5,8 Millionen Menschen (Quelle: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/06/PD23_211_62.html), die dadurch merklich mehr Geld in der Tasche haben. Insbesondere in Zeiten von steigenden Preisen war das ein wichtiges Entlastungssignal.
Wir Grüne im Bundestag treten für einen Mindestlohn ein, von dem Menschen, die in Vollzeit arbeiten, auch gut leben können. Die EU empfiehlt hierfür ein Niveau von ca. 60 Prozent des Medianlohns - für Deutschland hieße das für 2024 ca. 14 Euro und für 2025 ca. 15 Euro.
Sie haben natürlich Recht: steigende Löhne wirken sich positiv auf die staatlichen Einnahmen aus der Lohnsteuer aus. Uns liegen keine offiziellen Schätzungen vor, wie hoch mögliche Mehreinnahmen bei einer Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro ausfallen würden. Bei Ihrem Rechenbeispiel mit ca. 100 Euro Steuermehreinnahmen pro Monat ergäben sich bei 12 Monaten pro Jahr und ca. 5,8 Millionen Beschäftigten mit Mindestlohn Mehreinnahmen von ca. 7 Mrd. Euro pro Jahr (100 x 12 x 5,8 Mio.). Das klingt auf den ersten Blick nach viel Geld, ist bei einem Haushalt von 476 Milliarden Euro und einem geschätzten öffentlichen Investitionsbedarf von ca. 400 Milliarden Euro über die nächsten zehn Jahre (Quelle: https://bdi.eu/artikel/news/bdi-papier-zu-zusaetzlichem-oeffentlichen-finanzierungsbedarf-rund-400-milliarden-euro-ueber-zehn-jahre) jedoch nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.
Unsere Forderungen nach einem höheren Mindestlohn und einer Reform der Schuldenbremse, sodass mehr Spielraum für Zukunftsinvestitionen entsteht, sind daher losgelöst voneinander zu betrachten.
Ich habe mich gefreut, dass Sie sich an mich gewandt haben und hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen kann. Der Austausch mit Bürger*innen ist mir wichtig und kostbar. Wenn Sie regelmäßig über meine Arbeit in Hamburg und Berlin informiert werden möchten, können Sie sich gerne hier für meinen Newsletter anmelden.
Herzliche Grüße
Katharina Beck