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Katarina Barley
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Frage von Randi W. •

Frage an Katarina Barley von Randi W. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Sehr geehrte Frau Barley,

heute morgen schaue ich die Bilder aus Moira der letzten Tage an und frage mich, ob dass das Europa ist, in dem ich leben möchte. Meine klare Antwort ist: nein! Europa steht für mich für Menschenrechte, insbesondere für Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit, Vielfalt und vieles mehr. Dass mitten in Europa Geflüchtete, die alles verloren haben, erneut alles verlieren durch unmenschliche und absolut inakzeptable Lebensbedingungen und nun durch einen Brand, der wohl denke ich erreichen sollte, dass wir alle genauer hinschauen. Dass man diesen so verzweifelten Menschen mit Gewalt begegnet, das will und kann ich als Europäerin und als Verfechterin unseres deutschen Grundgesetzes (ich habe selbst gerade im Bereich des Verfassungs- und Strafprozessrechts promoviert) nicht mehr einfach nur hinnehmen. Ich frage Sie deshalb: was gedenken Sie politisch zu tun um dieser Situation ein wirkliches Ende zu setzen (abseits der nun 1500 Geflüchtete, die Deutschland aufnehmen will)? Wie sieht ihr Lösungsvorschlag aus um diese Zustände auf Moira zu beenden? Was muss noch passieren, dass es eine europäische, gemeinsame Lösung der Situation geben kann? Diese aktuelle Situation hat nichts mit europäischen Werten zu tun, meine ich.

Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Randi Weil

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau W.,

vielen Dank für Ihre Nachricht!

das verheerende Feuer im Flüchtlingslager Moria hat das jahrelange Versagen der EU-Mitgliedstaaten in der Migrationspolitik offengelegt. Moria ist die Schande Europas. Denn schon lange erleben wir dort eine unertragbare Überlastung und absolut unzureichende hygienische, sanitäre und medizinische Bedingungen.

Um den schutzbedürftigen Menschen vor Ort sofort zu helfen, müssen kurzfristig grundlegende Verpflegung und medizinische Versorgung, sowie Notunterkünfte bereitgestellt werden. In diese sollen sich die Menschen vor Ort begeben können, ohne Gefahr zu laufen, das Lager wieder monatelang nicht verlassen zu dürfen. Der Zugang von freiwilligen Helfern und NGOs muss garantiert werden.

Insbesondere aber müssen sich die Mitgliedstaaten mit Schutzsuchenden, der lokalen Bevölkerung und Griechenland endlich solidarisch zeigen und geflüchtete Menschen aufnehmen.

Auch meine Fraktion hat das immer wieder gefordert und das gilt erst recht seit dem Ausbruch von Corona, der die bereits unsicheren und unhygienischen Bedingungen vor Ort nochmals verschlimmert hat.

Wiederholt haben wir uns in den letzten Monaten mit der Europäischen Kommission und Vertretern der Mitgliedstaaten, insbesondere auch mit der griechischen Regierung ausgetauscht. Dabei haben wir auf die Dringlichkeit einer Evakuierung hingewiesen, die bereits vor dem Feuer längst überfällig war.

Es gibt zahlreiche deutsche Kommunen und Länder, die aufnahmebereit wären. Diese Hilfsbereitschaft wurde bisher aber von Bundesinnenminister Seehofer blockiert. Wir europäischen Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen fordern Herrn Seehofer und seine Kollegen der EU-Innenminister auf, diese Blockadehaltung zu beenden. Ich erwarte, dass gerade Deutschland als derzeitige EU-Ratspräsidentschaft hier eine Führungsrolle einnimmt.

Gleichzeitig müssen wir endlich ein echtes europäisches Asylsystem schaffen. Die Verantwortung für die furchtbare Situation in Moria und ihre Lösung alleine Griechenland zuzuschieben, ist ungerecht. Die anderen Mitgliedsstaaten haben mit dem Dublin-Verfahren alle Schwierigkeiten den Mittelmeer-Anrainern zugeschoben. Das muss sich ändern! Das Europäische Parlament hat bereits vor Jahren einen Mechanismus vorgeschlagen, der Geflüchtete anhand von Kriterien wie Bevölkerung und Wirtschaftskraft fair auf alle EU Mitgliedsstaaten verteilt.

Wir müssen dabei auch realistisch sein und sagen: Momentan gibt es eine große Zahl von Mitgliedsstaaten, die sich dem Thema komplett verweigern. Und ehrlicherweise sind da auch Länder dabei, die Minderheiten in ihrem eigenen Land unwürdig behandeln. Das darf kein Grund sein, dass wir sie nicht mit in die Verantwortung nehmen. Wer sich einer solidarischen Verteilung verweigert, muss auf andere Weise, etwa finanziell, in die Pflicht genommen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Katarina Barley

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