Frage an Katarina Barley von Florian M. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Barley,
Meine Frage bezieht sich in erster Linie auf Digitalisierung:
Sind die sich über die Risiken einer Automatisierung und vor allem Vernetzung generell im Klaren?
Meine Sorge ist, das Konzerne wie IBM oder Nokia bei der Regulierung von Algorithmenentwicklung bremsen und diese womöglich verhindern.
Ich halte es für sehr wichtig das gerade Digitalkonzerne klare Regeln zur Nutzung sozialer Algorithmen gesetzt werden und man als Nutzer nicht zum Opfer einer lückenlosen Überwachung durch ebendiese Konzerne wird. Es gibt bereits jetzt Informationen das z.B Facebook regelrechte Stasi-Akten seiner Nutzer anfertigt und in eigener Sache Geheimdienstlich tätigt wird.
Bei Standortdaten, die z.B Autohersteller erheben sieht das kaum anders aus. Ich hoffe, das sie sich in diesen Bereichen für die Bürgerrechte und gegen einen automatisierten Überwachungsstaat einsetzten. Auch für Geheimdienste sind solche Technologien natürlich verlockend, aber wenn immer mehr Tabus gebrochen werden und Überwachung mehr und mehr normalisiert wird, müssen wir das Prädikat „frei“ bald aufgeben. Und das will ich nicht.
Mit freundlichen Grüßen
F. M.
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und den Risiken entgegenzuwirken, ist der Umgang mit der Digitalisierung eine der aktuell wichtigsten politischen Fragen für die Europa-SPD, denn wir wollen, dass die Chancen der neuen Technologien zum Wohle aller genutzt werden.
Die Entwicklung digitaler Technologien wird zum vermehrten Einsatz
künstlicher Intelligenz führen. Hierfür fordern wir klare ethische Grundsätze in der Konzeption von Algorithmen. Wir wollen, dass die Digitalisierung die Selbstbestimmung der Menschen stärkt und sie nicht entmündigt. Auch deshalb muss Europa in der Entwicklung digitaler Zukunftstechnologien Spitzenreiter sein, weil wir die Entscheidungen darüber, wie neue Technologien unser Leben in
Zukunft ändern werden, nicht den Investorinnen und Investoren aus dem Silicon Valley überlassen wollen.
Die SPD bekennt sich zu den im Bericht des Europäischen Parlaments „Auf dem Weg zu einer Akte zum digitalen Binnenmarkt“ (2015/2147(INI))“ festgelegten Grundsätzen gleicher Wettbewerbsbedingungen in einem fairen und echten Wettbewerb zwischen Online-Plattformen, dem Entgegenwirken von Monopolen, der Erleichterung des Markteintritts und der Förderung von Innovationen.
Zudem hat die SPD in ihrem Wahlprogramm ausdrücklich festgelegt, dass europäische Alternativen zu den derzeit dominierenden Plattformunternehmen gefördert werden sollten, damit eine Stärkung von Demokratie, Meinungsfreiheit und -vielfalt erreicht wird.
Wir wollen außerdem „Social Scoring“, das eine Einteilung von Menschen durch Algorithmen nach Herkunft und sozialer Schicht vornimmt eindämmen, damit eine Differenzierung nicht zur Diskriminierung führt. Deshalb wollen wir individualisierte Preise und verhaltensabhängige Versicherungstarife gesetzlich beschränken.
Klar ist: Big Data stellt eine Herausforderung für den Datenschutz dar. Denn aus der Verknüpfung und Analyse einer Vielzahl von einzelnen Datensets lassen sich sehr genaue Profile von Menschen erstellen. Dieses Wissen kann gezielt missbraucht
werden, sowohl für kommerzielle als auch für politische Zwecke.
Big Data-Anwendungen können nur in den Grenzen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfolgen. Das beinhaltet neben dem Prinzip der Datenminimierung insbesondere auch strenge Anforderungen an die Rechtsgrundlage für eine Datenverarbeitung, gerade wenn es um besonders sensible Daten geht, etwa aus dem Gesundheitsbereich. Zudem müssen
Datenverarbeitungsprozesse transparent sein und die Betroffenen umfassend informiert werden. Bei der Einhaltung dieser Datenschutzregeln im besonders sensiblen Bereich von Big Data kommt den nationalen Datenschutzaufsichtsbehörden eine entscheidende Rolle zu. Wir befürworten die enge Zusammenarbeit aller im digitalen Umfeld zuständigen Regulierungsbehörden, damit es zu mehr Synergien im Verbraucher-, Wettbewerbs- und Datenschutzrecht kommt (Digitales Clearinghouse). Zudem pochen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auf eine angemessene personelle und finanzielle Ausstattung der Aufsichtsbehörden. Ergänzend kann die Anwendung von Pseudonymisierungs-, Anonymisierungs- und Verschlüsselungstechniken für personenbezogene Daten die Risiken für die betroffenen Personen verringern.
Mit freundlichen Grüßen
Katarina Barley, MdB