Frage an Katarina Barley von Anton H. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dr. Barley,
eine Berliner Staatsanwältin hat meines Erachtens völlig zurecht gefordert, dass es für sogenannte Schwarzfahrer, die leider oft als "Leistungerschleicher" abgestempelt werden, Straffreiheit geben sollte.
Wie stehen Sie dazu?
Finden Sie nicht auch, dass es vielmehr strafbewehrt sein müsste, dass Vertreter von ÖPNV und Bahn Gerichte missbräuchlich anrufen und pauschal behaupten dürfen, eventuelles Vergessen sei "Leistungserschleichung"?
Viele alte Menschen (und nicht nur die) vergessen öfter mal, zu stempeln. Nicht jeder hat eine Monatskarte. Muss man auch nicht haben. Aber mit überzogenen Vorwürfen werden aufwändige, kostenintensive Verfahren, Strafverfahren, angestrengt und Menschen beschäftigt. Und vielleicht völlig Unschuldige werden dann nicht nur zu einem verständlichen, finanziell adäquaten erhöhtem Beförderungsentgelt herangezogen, sondern sie werden von manchen Richtern wie erhebliche Straftäter z.B. zu 20 Tagessätzen pro ("Erschleichungs-") Fall verurteilt. Auch wenn es Vergessen war, man darf es "Leistungserschleichung" nennen und auch so anklagen und bestrafen.
Sollten nicht die, die Personen als Leistungserschleicher betiteln, anklagen und verurteilen nicht viel eher und härter bestraft werden, als die sog. "Leistungserschleicher"?
Und ist es nicht viel eher echte Leistungserschleichung, wenn Verantwortliche bei ÖPNV und Deutscher Bahn Ticket-Gelder kassieren, indem sie sie zahlungswilligen und gutgläubigen Kunden abluchsen und dann den Service, für den man bezahlt hat (z.B. Heizung oder Klimaanlage im Zug, Wifi im Zug, saubere Züge, nicht überfüllte Züge, pünktliche Züge etc.) nicht liefern?
Sollten nicht die Verantwortlichen für diese Art Erschleichung pro Fahrgast und pro Einzelfall persönlich verurteilt werden?
Das will wahrscheinlich niemand. Aber Vergessliche straffrei verfolgen zu dürfen und Gerichte mit solchem Kinkerlitz beschäftigen zu dürfen, ist eben vollkommen daneben.
Oder wie sehen Sie das?
Danke!
Sehr geehrter Herr H.,
die Frage, welche Strafe für Schwarzfahrer angemessen ist, wird zurzeit im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und im Parlament beraten. Das Ergebnis der Beratungen bitte ich abzuwarten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Katarina Barley, MdB