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Karsten Heineking
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Frage von Konrad V. •

Frage an Karsten Heineking von Konrad V. bezüglich Umwelt

Hallo Herr Heineking,

das Hochwasser der Weser hat in unserer Region nicht nur beträchtliche wirtschaftliche Beeinträchtigungen zur Folge gehabt ( Verkehrsbeeinträchtigungen, Schulausfälle, Landwirtschaft), sondern auch erhebliche Schäden an der Tierwelt im Wesertal hinterlassen.
Warum waren bei der bekannten Schneelage und dem angekündigten Tauwetter Anfang Januar die Talsperren im Oberlauf (Edertal, Harz usw.) zu 75 % gefüllt, wie ich der Presse entnehmen konnte ? Ein Füllungsgrad von 30 % hätte doch völlig ausgereicht. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die "Nutzniesser" der Talsperren, d. h. Stromproduzenten und Wasserwerke, den "Daumen" auf den Talsperren haben und der Hochwasserschutz der Unterlieger keine Rolle spielt.
Aus meiner Sicht muss hier dringend gehandelt werden (NLWKN?).

Für eine Antwort danke ich schon im voraus und mit freundlichem Gruss,

K. Volger.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Volger,

nachdem ich Ihre Anfrage bekommen habe, habe ich mit dem Landkreis Nienburg und dem NLWKN Kontakt aufgenommen und folgende Auskunft erhalten:

Landkreis:
Im Oberlauf der Weser beeinflussen die Eder- und Diemeltalsperre das Gebiet der Mittelweser im Landkreis Nienburg. Der Ederstausee ist die drittgrößte Talsperre in Deutschland und hat ein Stauvolumen von rund 200 Mio. m³. Die kleinere Diemeltalsperre staut 20 Mio. m³ Wasser.
Der Ederstausee gehört der Bundesrepublik Deutschland und wird in Verantwortung des WSA Hann. Münden betrieben. Die Bewirtschaftung der Edertalsperre dient dabei den drei Zwecken Niedrigwasseraufhöhung der Oberweser in den Sommermonaten, dem Hochwasserschutz und der Energieerzeugung. Historisch wird das Wasser auch für die Speisung des Mittellandkanals genutzt. Für diesen Zweck, der insbesondere in den Sommermonaten erforderlich wird, ist der Bund durch den Betriebsplan für den Ederstausee rechtlich verbindlich verpflichtet, eine ausreichende Wassermenge zu speichern. Daher können in der Zeit vom 01.11. - 15.12. d. J. nur 70 Mio. m³ (entspr. 35 % des Speichervolumens) für den Hochwasserschutz zur Verfügung gestellt werden.

Damit können nach Aussage des WSA Hann. Münden nur kleine bis mittlere Hochwässer an der Oberweser positiv beeinflusst werden. Eine weitergehende vorsorgliche Entleerung der Talsperre auf zum Beispiel 30% des Stauvolumens konnte nicht rechtzeitig durchgeführt werden, da sonst bei ausbleibendem Schnee oder Regenwetter die Füllung der Talsperre für die Sommerzeit nicht zu erreichen gewesen wäre. Die Bewirtschaftung der Edertalsperre steht somit in dem Zielkonflikt zwischen Niedrigwasseraufhöhung, Schifffahrt und Hochwasserschutz.

Für den Bereich der Mittelweser ist davon auszugehen, dass der Einfluss der Edertalsperre nur noch geringe Auswirkungen auf das Hochwasserabflussgeschehen hat. Die auflaufende Abflusswelle kann durch den Hochwasserrückhalt in den Talsperren nur zeitlich verzögert werden. Insgesamt werden die Auswirkung des Hochwassers im Nienburger Wesertal, also die Dauer der Ausbreitung und die Wasserstände nur geringfügig, kaum messbar durch den Rückhalt der Edertalsperre beeinflusst, da bis Nienburg das Einzugsgebiet der Weser auf rund 22.000 km² (von rd. 12.000 km²)zugenommen hat. Das Hochwasser in diesem Winter hatte einen Abfluss in Nienburg von ca. 1.000 m³/s. Die Abgabe aus der Edertalsperre lag bei ca. 110 m³/s. Eine genauere Bewertung der Einflüsse durch die Rückhaltung der Talsperren auf das Hochwassergeschehen an der Weser kann hier der gewässerkundliche Landesdienst Niedersachsen beim NLWKN, Betriebstelle Sulingen oder das WSA in Hann. Münden abgegeben.

Der Hochwassereinfluss der Harztalsperren wirkt sich nicht bis in den Bereich der Mittelweser bei Nienburg aus, da diese im Einzugsgebiet von Leine und Aller liegen. Der Hochwassereinfluss der Aller könnte im ungünstigsten Fall (100-jährliches Hochwasser) durch Rückstau in der Weser bis nach Hoya gemessen werden. Dieses Gebiet ist jedoch durch Hochwasserdeiche geschützt.

NLWKN:
Die Steuerung der Talsperren im Harz erfolgt durch die Harzwasserwerke als Betreiber dieser Anlagen.
Diese Steuerung wird in sogenannten "Betriebsplänen" geregelt, die wiederum in öffentlich-rechtlichen Verfahren (Planfeststellung, Bewilligung) von der Aufsichtsbehörde für die niedersächsischen Talsperren(früher Bezirksregierung, heute NLWKN) genehmigt werden.

Die Talsperren haben mehrere Zweckbestimmungen:

- Hochwasserschutz
- Niedrigwasseraufhöhung
- Energieerzeugung
- Trinkwassergewinnung
- Naherholung

Die Genehmigung muss nun all diesen Zielsetzungen gerecht werden und im Verwaltungsverfahren eine sachlich ausgewogene Lösung finden, die allen Ansprüchen gerecht wird.
So muss z.B. einerseits im Winter genügend Stauraum für den Hochwasserschutz vorhanden sein, andererseits muss aber auch für die Sommermonate genügend Wasser für die Niedrigwasseraufhöhung in den Flüssen und für die Trinkwasserversorgung bereitgestellt werden können.
Dies erklärt, warum Anfang Januar ein Füllungsgrad von 75 Prozent (wie im genehmigten Betriebsplan festgeschrieben) zu verzeichnen war, wobei dieser der individuellen Wetterlage Rechnung bereits getragen hat; der entsprechend verbleibende Stauraum ist mit 25 Prozent aufgrund der bevorstehenden Schneeschmelze so groß wie möglich (vergl. o.g. konkurrierende Nutzungsansprüche) gewählt worden.

Meiner Meinung nach ist die Darstellung des Landkreises als auch die Antwort vom NLWKN plausibel. Vorwürfe an die Talsperrenbetreiber sind meiner Meinung nach deshalb nicht gerechtfertigt.

Herzliche Grüße
Karsten Heineking