Frage an Karoline Linnert von Sebastian H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Linnert,
wie beabsichtigen Sie die in Bremen ansässige, linksgerichtete "Kuscheljustiz" zur Vernunft zu bringen und letztendlich zu erreichen, dass bereits bei Jugenddeliquenz entsprechend durchgegriffen wird, um der Entwicklung weiterer krimineller Energie entgegenzuwirken? Speziell von der Jugendkriminalität sprechend, möchte ich natürlich nicht vergessen zu erwähnen, dass selbst die "Strafen" für Erwachsene teils lächerlich bis inexistent sind. Man bekommt das Gefühl, dass allgemein bagatellisiert wird, wenn man mal hinter die Kulissen schaut und wahrnimmt, wie viele Straftäter tatsächlich auf den Straßen unterwegs sind und scheinbar ohne Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen ihr bisheriges kriminelles Leben weiterleben.
Weiter würde ich gerne erfahren, wo Sie in Zukunft bei den Sicherheitsbehörden den Rotstift ansetzen möchten und warum Sie der Ansicht sind, dies mit ruhigem Gewissen tun zu können?
Ferner würde mich interessieren, was sie dahingehend denken, dass ein Polizist im Streifendienst eine nach A10 besoldete Stelle bekleidet, jedoch im Regelfall nur A9 erhält. Ein Lehrer, der nach A12 besoldet wird, wartet ja auch keine 18 Jahre, wie bei der Polizei, bis er tatsächlich auch A12 erhält. Diese Diskrepanz ist ein Punkt weitreichender Unzufriedenheit in Reihen der "einfachen Schutzmänner".
Ich bedanke mich für Ihre Antwort im Voraus und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
S. H.
Sehr geehrter Herr Heimer,
da Sie auf meinem Abgeordneten-Watch-Profil Ihre Fragen stellen, bekommen Sie selbstverständlich Antworten, obwohl Sie sich an Herrn Schäfer wenden und mein Name Karoline Linnert ist.
Bremen braucht eine bürgernahe, effektive und gut ausgestattete Justiz. Von „linker Kuscheljustiz“ zu sprechen, diskreditiert das Grundkonzept der Gewaltenteilung, sprich: auch der Unabhängigkeit der Justiz. Diese ist ein Grundpfeiler der Demokratie, an dem ich niemals rütteln werde. Zügige und schnelle Gerichtsverfahren sind ebenfalls ein Zeichen dieses demokratischen Rechtsstaates. Kernthema grüner Rechtspolitik ist die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz, denn die Gewaltenteilung stärkt die Demokratie.
Um kriminelle Karrieren von Jugendlichen im Anfangsstadium zu stoppen, müssen Strafen zeitnah und angemessen sein. Da die Justiz aus gutem Grund unabhängig ist, darf die Politik ihr nicht vorschreiben, wann und wie die Justiz ihre Fälle und ihre Akten zu bearbeiten hat. Allerdings ist die Politik dafür zuständig, den Gerichten die Ressourcen – Geld, Personal, Büroausstattung etc. – zur Verfügung zu stellen, die sie für ihre Arbeit benötigen. Wie Sie sicherlich wissen, sind Bremens finanzielle Mittel beschränkt. Deshalb müssen wir Wege finden, das finanzierbare Personal effizient einzusetzen. Dies ist uns in der Justizverwaltung durch intelligente Bearbeitungssysteme bereits gelungen.
Speziell in Sachen Jugendkriminalität möchten wir das 2008 begonnene Programm „Stopp der Jugendgewalt“ weiter evaluieren und anpassen. Mit Beginn des Konzepts haben wir die Zusammenarbeit der Bereiche Justiz, Inneres, Bildung und Soziales verbessert, vor allem der Kontakt zwischen Polizei und Schulen ist intensiviert worden. Die „besten Täter“ sind die, die es gar nicht erst werden, Stichwort Prävention. Bei funktionierender und frühzeitiger Zusammenarbeit der verschiedenen Bereiche kann oft Schlimmeres verhindert werden.
Jugendlichen, die schon einmal zum Täter geworden sind, hilft man nicht, indem man sie wegsperrt. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass man sie dadurch von einer kriminellen Karriere abbringt, dass man sie besonders hart bestraft und im Jugendgefängnis in Gesellschaft mit anderen kriminell gewordenen Jugendlichen bringt. Vielmehr sind gerade bei Jugendlichen auch gute soziale und kulturelle Lebensbedingungen die beste Kriminalitätsprävention. Daher werden wir uns vor allem für bessere Bildung, bessere Wohnverhältnisse und für gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum einsetzen.
Außerdem setzen wir uns für eine bessere Qualifikation der StaatsanwältInnen und RichterInnen bei den Jugendstaatsanwaltschaften und Jugendgerichten ein.
Da auch Grünen und mir persönlich wichtig ist, dass sich möglichst alle Menschen in Bremen sicher fühlen, halten wir die Zahl der Vollzeitstellen bei der Polizei seit Jahren konstant, mit steigender Tendenz. Zum Ende der großen Koalition, im Jahr 2007, hatte die Polizei 2.310 Vollzeitstellen. Unter unserer rot-grünen Regierung kommen wir im Jahr 2014 auf 2.373 Vollzeitstellen. Um auch in Zukunft junge Kräfte bei der Polizei zu haben, sollen zum 1. Oktober 2015 insgesamt 100 Polizei-Anwärterinnen und -Anwärter durch die Polizei Bremen und die Ortspolizeibehörde Bremerhaven eingestellt werden.
Was die Besoldung von Polizisten im Streifendienst nach A 9 auf einer A 10er-Stelle angeht, haben Sie recht. Die Unzufriedenheit darüber ist allerdings „hausgemacht“, da die Polizei diesen Stellenplan aufgestellt hat, ohne ihn mit entsprechenden Finanzmitteln hinterlegen zu können.
Grundsätzlich sollten Sie wissen, dass Bremen eins von fünf Bundesländern ist, in denen das Einstiegsamt des mittleren Dienstes bei A 9 beginnt. In den 10 anderen Bundesländern und beim Bund liegt das Einstiegsamt des mittleren Dienstes in der Besoldungsstufe A 7. Bremens Polizistinnen und Polizisten sind also bei weitem nicht die „Ärmsten“, obwohl wir uns als Haushaltsnotlageland auf dem Konsolidierungspfad befinden und jedes Jahr Sanierungshilfen in Höhe von 300 Mio. Euro vom Bund und den anderen Ländern bekommen, wenn es uns gelingt, die Konsolidierungsverabredungen mit Bund und Ländern einzuhalten.
Freundliche Grüße,
Karoline Linnert