Frage an Karoline Linnert von Rainer G. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Hallo Frau Linnert,
Mir ist aufgefallen das viele Mitbürger in Bremen sich dafür stark machen Bremens Selbständigkeit aufzugeben, um die Verwaltung zu verbessern, oder kostengünstiger zu machen.
Ich halte das für einen kurzen Trugschluß, weil weitere Wege zu mehr Aufwand führen.
Ich begrüße es besonders das ich in Bremen auf den Straßen meinen gewählten Vertretern i.d.R. begegnen kann, ihnen in die Augen sehen und deutlich machen kann, was ich von ihrer Politik halte. Weniger Anonymität ist für mich mehr Demokratie. Ich muß nicht wie z.B. Niedersachsen 400 Km fahren um vor der Regierungszentrale zu demonstrieren, sondern setze mich in die Straßenbahn. Außerdem führt ein kleinerer Regierungsbezirk zu schnelleren Basisdemokratischen Entscheidungen weil alle Wege kürzer sind. Nicht als letztes Wort, aber wer weiß denn überhaupt ob Niedersachsen oder Schleswig Holstein uns überhaupt haben wollen. Ich glaube eher das wenn bei der Entrichtung der Steuern der Arbeitsplatz zählen sollte, als der Wohnort. Ich bin fest überzeugt das die Bremer Finanzen dann einen besseren Stand hätten, Bremen setzt ja viele Steuermittel ein um Arbeitsplätze zu generieren für Menschen aus dem "Speckgürtel". Bitte versuchen sie mir als Finanzexpertin den Unterschied der Systeme zu verdeutlichen. Am liebste in über den Daumen gepeilten €.
Mit freundlichem Gruß Rainer Grossler
Sehr geehrter Herr Grossler,
ebenso wie Sie halte ich Stadtstaaten wie Bremen für eine sinnvolle Einrichtung. Die überschaubare Größe ist ein Plus, wenn es um Bürgernähe und Bürgerbeteiligung geht. Außerdem kann Bremen im Bundesrat die Interessen der Kommunen einbringen, wenn Bund und Länder beispielsweise darüber verhandeln, wer welche Kosten übernimmt und was von den Kommunen geschultert werden soll.
Bei der so genannten Lohnsteuerzerlegung geht es um die Frage, wo die Lohnsteuer gezahlt wird: Da, wo man/frau arbeitet, oder am Wohnsitz. Würde die Zahlung der Lohnsteuer an den Arbeitsplatz gekoppelt, hätte der Stadtstaat Bremen mit seinen vielen Berufspendlern zunächst Anspruch auf circa 237 Millionen Euro Mehreinnahmen. Diese Summe würde aber nicht in unserer Staatskasse landen. Denn wenn dieses Prinzip eingeführt würde, hätten mehrere Länder erheblich geringere Einnahmen und dadurch Anspruch auf mehr Umsatzsteuer-Ergänzungsanteile. Bremens Anteil an der Umsatzsteuer würde um rund 32 Millionen Euro sinken. Gleichzeitig bekäme Bremen 137 Millionen Euro weniger aus dem Länderfinanzausgleich und 35 Millionen Euro weniger Bundesergänzungsmittel. Von den ursprünglich 237 Millionen Mehreinnahmen müssten also 204 Millionen Mindereinnahmen abgezogen werden. Unterm Strich würde der Systemwechsel 33 Millionen Euro mehr in Bremens Kasse bringen. Nicht schlecht, aber auch nicht der große Wurf. Natürlich würde unsere Bilanz beim Länderfinanzausgleich (LFA) besser ausfallen – zum Geberland würde Bremen aber trotzdem nicht. In 2010 bekam Bremen per LFA 444 Millionen Euro.
Mit freundlichen Grüßen
Karoline Linnert