Frage an Karl Ulrich Voss von Rüdiger Dr. K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Voss,
was halten Sie von den Privatisierungen (PPPs) der Servicebereiche der Bundeswehr, wie Bekleidung, Verpflegung, Instandhaltung, Liegenschaften etc.? Könnte überzähliges Verwaltungspersonal der Bundeswehr,- und davon gibt es durch die Verkleinerung der Bundeswehr genug -, nicht dadurch beschäftigt werden, dass man diese Fremdvergaben (z.B. die Soldatenbekleidung) wieder in eigene Regie übernimmt? Damit würde auch der Profit dieser privaten Gesellschaften dem Bund zugute kommen.
mit freundlichen Grüßen
Rüdiger Keim
Danke für die Frage, lieber Herr Keim,
eine Evaluation zu den jeweiligen Privatisierungs- oder Outsourcing-Projekten der Bundeswehr liegt mir leider nicht vor; ich werde aber gerne beim Ministerium bzw. beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Beschaffung der Bundeswehr nachhaken, ob eine entsprechende Entscheidungsgrundlage öffentlich verfügbar ist.
Soweit mir bekannt, geht jedem derartigen Projekt eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung voraus, in der das Kooperationsmodell und das Eigenmodell bilanzartig verglichen werden. Einem im Internet verfügbaren Fachartikel, der auf dem Stand 2011 mehrere Projekte im Servicebereich der Bundeswehr beleuchtet, entnehme ich: Bei aller Komplexität der gebotenen Auswertung ist u.a. bei der Bekleidung nach der Neuorganisation durchaus eine gute Ergebnisqualität nachweisbar (*Gregor Richter*, Outsourcing und Privatisierung in der Bundeswehr). Die Darlegungen des Artikels halte ich im Rahmen meiner Kenntnislage für schlüssig.
An etwaigen Gewinnen der LH Bundeswehrbekleidung GmbH wäre der Bund im Übrigen mit seinem Anteil von 25,1% zu beteiligen. Dass bei einer Rückführung der Aufgabe in vollständige öffentliche Verantwortung insgesamt ein wirtschaftlicher Vorteil für den Bund entstehen würde, das möchte ich zunächst bezweifeln. Auch ein einfaches "Recyclen" von Mitarbeitern, die durch die Reorganisation der Bundeswehr "freigesetzt" werden, würde nicht notwendig diese Form der Rückabwicklung wirtschaftlicher machen. Ohnehin ist bei jeder vergleichbaren personalwirtschaftlichen Maßnahme, die der Neuorganisation der Streikräftte gleichkommt - Beispiel ist etwa der Austausch von Institutionen zwischen Berlin und Bonn i.R.d. Berlin-Bonn-Gesetzes - ein umfassendes Personalkonzept verpflichtend, das eine sachgerechte Weiterarbeit im Bereich des Bundes ermöglicht.
Aber lassen Sie mich kurz grundsätzlich zu Privatisierungen bzw. zu Outsourcing-Projekten Stellung nehmen: Ich halte es im Interesse der Steuerzahler - und auch der öffentlichen Hand, wenn sie prioritäre Aufgaben der Daseinsvorsorge finanzieren soll - für notwendig, die Aufgabenerledigung möglichst wirtschaftlich zu planen und vordringlich Service-Funktionen auf anderweitig bessere Erfüllbarkeit zu prüfen, in einem ersten Schritt durch Pool-Lösungen *im* Bereich der öffentlichen Verwaltung (z.B. einrichtungsübergreifende Lohn- und Gehaltsabrechnung, Liegenschaftsmanagement).
Dabei sollten allerdings m.E. vier Gesichtspunkte berücksichtigt bleiben: Zum einen darf das Outsourcing nicht zu einem Kompetenzverlust führen, der die Erledigung der Hauptaufgabe signifikant beeinflussen kann. Das wird etwa bei der Bundeswehr-Bekleidung kaum der Fall sein, könnte aber bei der Wartung, insbesondere bei der Wartung militärischen Geräts vor Ort bei Auslandseinsätzen näher zu problematisieren sein. Zum zweiten darf eine Privatisierung ihre Wirtschaftlichkeit nicht aus der sozialen Deklassierung der jeweiligen Arbeitsplätze ableiten, sondern aus einem effizienteren Mitteleinsatz bzw. einer verbesserten Organisation. Zum Dritten ist durch regelgerechte und zyklisch wiederholte Ausschreibung ein gleicher Zugang zu dem jeweiligen öffentlichen Auftrag zu gewährleisten, gleichzeitig ist im Rahmen der Vergabe zu gewährleisten, dass staatliche Ressourcen (etwa Liegenschaften) nicht mit der Privatisierung verschleudert werden (was z.B. bei Wiederherstellung der deutschen Einheit m.W. nicht in allen Fällen ausreichend beachtet wurde). Schließlich ist sicherzustellen, dass entgegen allen schönen Prospekten keine versteckte Staatsverschuldung durch die Hintertür erreicht wird: Die im öffentlichen Sektor nicht mehr erforderlichen Planstellen und Stellen sind spätestens mit dem Ausscheiden der Stelleninhaber tatsächlich abzuschreiben und nicht etwa für anderweitige Aufgaben zu buchen.
MfG
K. U. Voss