Frage an Karl Schiewerling von Manfred S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Schiewerling,
Tagesschau.de berichtet am 19.12.2013, daß die Kluft zwischen Arm und Reich nach einer aktuellen Studie der Wohlfahrtsverbände immer größer wird.
Von der kalten Progression, die die CDU lt. Zusagen vor der letzten Bundestagswahl mildern oder sogar abschaffen wollte, sind Einkommen betroffen, die unterhalb des Spitzensteuersatzes besteuert werden, also ein Großteil der Erwerbstätigen.
Mit jeder - auch tariflich - erlangten Einkommenserhöhung schöpft der Staat verfügbares Einkommen ab. Außerdem wird die Kaufkraft der "kleinen Leute" durch den Geldwertverlust - z.Z. deutlich über 1% - weiter gemindert.
Erspartes verliert durch geringe Zinsen an Wert.
Die kalte Progression - verbunden mit dem Geldwertverlust - sorgt für die Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich. Die kalte Progression ist eine Steuererhöhung!
Wohin soll das noch führen? Steht die CDU zu den vor der Bundestagswahl gemachten Zusagen?
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Seeger
Sehr geehrter Herr Seeger,
danke für Ihre Anfrage über das Internetportal „abgeordnetenwatch“, in der Sie sich kritisch zu den Themen „Kluft zwischen Arm und Reich“, „kalter Progression“ und „Inflation“ äußern. Gerne kommentiere ich Ihre Anfrage.
Am 19.12.2013 hat der Paritätische Gesamtverband seinen Armutsbericht vorgestellt. Laut dem Bericht sei die Armut in Deutschland auf einem Rekordhoch und das Land sozial und regional tief zerrissen. Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung vom März 2013 kommt zu anderen Ergebnissen. Demnach sei das Einkommen der unteren Einkommensbezieher stärker gestiegen als das der höheren Einkommensbezieher. Demnach schließt sich die Kluft zwischen Arm und Reich wieder.
Mich verwundern diese sehr unterschiedlichen Interpretationen nicht. Es existieren unterschiedliche Definitionen, Ansätze und Kennziffern um Armut, bzw. relative Armut zu beschreiben. Eine einheitliche und vergleichbare Kennziffer fehlt.
Bei der Debatte um Einkommensunterschiede und Armut sollten wir uns die Gründe für die relative Armut anschauen. Alle Studien zeigen, dass eine Erwerbstätigkeit der beste Schutz vor Armut ist. Alleinerziehende und Arbeitslose haben das höchste Risiko von Armut betroffen zu sein. Folglich sollte es die zentrale Aufgabe der Politik sein, für gute Beschäftigungschancen für alle zu sorgen.
Ihre Darstellungen zum Zusammenhang zwischen der kalten Progression und der Armutsgefährdung teile ich so nicht. Es stimmt, die CDU wollte in der letzten Legislaturperiode die kalte Progression abmildern. Hierzu hat die alte Regierung auch ein Gesetz im Bundestag verabschiedet. Die SPD hat das Gesetz allerdings im Bundesrat zu Fall gebracht. Inwiefern in dieser Legislatur mit einem Gesetz zum Abbau der kalten Progression zu rechnen ist, kann ich vor dem soeben beschrieben Hintergrund nicht beurteilen.
Auf die Entwicklung der Armut hätte dies aber ohnehin keinen Einfluss. Wie weiter oben dargelegt, sind vor allem Alleinerziehende und Arbeitslose von Armut betroffen. Die kalte Progression belastet hingegen vor allem die arbeitende Mittelschicht. Deshalb habe ich mich auch stets für ein Gesetz zum Abbau der kalten Progression ausgesprochen, damit diejenigen, die für das hohe Steueraufkommen verantwortlich sind nicht über Gewähr belastet werden. Ein Instrument zur Bekämpfung der Armut ist sie nicht.
Zudem weisen Sie auf den Zusammenhang zwischen der Inflationsrate und der Gefahr von Armut betroffen zu sein hin. Es stimmt, vor allem Geringverdiener sind von der Inflation betroffen, da sie den Großteil ihrer Einkommen für Konsum nutzen müssen. Vor allem Produkte des täglichen Bedarfs, wie Strom und Nahrung, sind teurer geworden. Allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass die Inflationsrate insgesamt deutlich niedriger ist als in den letzten Jahrzehnten.
Der Schlüssel zur Senkung des Armutsrisikos liegt auf dem Arbeitsmarkt. Erwerbstätigkeit ist der beste Schutz gegen Armut. Der Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Karl Schiewerling