Frage an Karl Schiewerling von Alfons S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schiewerling!
Ich habe als Christ erhebliche Schwierigkeiten mit Rüstungsexporten,besonders in Krisengebiete.
Keiner wird doch sagen können, Saudi-Arabien sei kein Krisengebiet.Niemand kann wissen,wozu die Leopard-Panzer eingesetzt werden. Auch Exporte von Patroullenbooten nach Angola scheinen mir fragwürdig oder Investitionen in schlimme Diktaturen Afrikas, wie sie von der Bundeskanzlerin befürwortet werden.Sollen Hilfen für Afrika nur noch unter dem Gesichtspunkt der Wirtshaftlichkeit für Deutschland gegeben werden,auch wenn sie der armen Bevölkerung nicht zugute kommen?
Ich könnte das alles mit meinem christlichen Gewissen nicht verantworten. Können Sie das?
Mit frendlichem Gruß!
Alfons Steens
Sehr geehrter Herr Steens,
haben Sie vielen Dank für Ihre Stellungnahme. Das Thema der Rüstungsexporte verdient vor dem Hintergrund globaler Krisen und Spannungen eine sehr differenzierte Betrachtung. Politische Notwendigkeiten sind oftmals erst dann nachvollziehbar und zu beurteilen, wenn alle Entscheidungskriterien offen liegen. Bezogen auf die Entscheidungen des Bundessicherheitsrates zum Export der Leopard-2-panzer an Saudi-Arabien, kenne ich weder den Beschluss noch die Konditionen und Rahmenbedingungen, die möglicherweise an eine Exportgenehmigung geknüpft sein können. Ich setze daher auf die Kompetenz und Verantwortung der Mitglieder des Bundessicherheitsrates, im Sinne unserer deutschen Interessen sowie unserer Wertevorstellungen zu entscheiden. Dass es sich bei Saudi-Arabien um ein Land mit einer besonderen Bedeutung und besonderen Regierungsform handelt, ist mir dabei sehr bewusst.
Aus christlicher Perspektive ist es mein tiefster Wunsch, dass kluge Politik hilft, kriegerische Konflikte zu vermeiden und auf die Lösungskraft des Dialogs hinarbeitet. Wie schwer das ist, wird uns tagtäglich auf mitunter unerträglich grausame Weise vor Augen geführt. Um hier mit Augenmaß und Verantwortung zu gestalten, bedarf es unter Umständen auch solch anscheinend paradoxer Maßnahmen wie den Export von Waffen, um damit zu helfen, Regionen zu befrieden und Gleichgewichte zu wahren. Immer besteht bei solchen Entscheidungen die Gefahr, dass Waffen gegen Menschen und Ideen missbraucht werden. Aus der deutschen Geschichte wissen wir, was bei passivem Tolerieren geschehen kann. Wäre man den Nationalsozialisten schon früh in den Arm gefallen, hätte dadurch unermessliches Leid für Europa abgewendet werden können. Die Ambivalenz dessen, was einerseits christlich wünschenswert, andererseits tagespolitisch aber notwendig ist, treibt auch mich um. Ich hoffe, dass die Entscheidung des Bundessicherheitsrates in der Frage der Leopard 2 Exporte in besonderer Weise sorgfältig abgewogen wurde und bin sicher, dass ein breites Wertefundament aller Entscheidungsträger die Basis dafür war.
Mit freundlichen Grüßen
Karl Schiewerling