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Karl Schiewerling
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Frage von Matthias N. •

Frage an Karl Schiewerling von Matthias N. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Schiewerling,

das Thema Milchpreis und Milchmarktentwicklung brennt den Landwirten unter den Nägeln wie es das bisher noch nicht gab. Angesichts der katastrophalen Lage auf dem Milchmarkt gestatten sie mir folgende Fragen:
Angesichts der Tatsache, dass bis zu 250000 Arbeitsplätze direkt in der LW oder im Vor- und nachgelagerten Bereich auf dem Spiel stehen, wie kann die Existenz der Landwirte langfristig gesichert werden?

Wie kann ihrer Meinung nach ein gerechter Milchpreis für Erzeuger und Verbraucher zustande kommen?

Wie kann ich in einigen Jahren meinen Söhnen erklären dass Papa den Betrieb aufgeben musste weil es die Politik verpennt hat rechtzeitig und sinnvoll in diese Katastrophe einzugreifen und damit der Betrieb trotz guten Managements und viel Arbeit hat sterben lassen?

Wer soll tausende Hektar Grünland in NRW und der Bundesrepublik bewirtschaften und pflegen um den touristischen und erholsamen Charakter der Landschaft gerade hier im Münsterland zu erhalten?

Ich baue auf Ihre Bereitschaft zu Dialog,
mfg
Matthias NÄrmann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Närmann,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch zum Thema Milchpreis und Milchmarktentwicklung.

Ich stimme mit Ihnen überein, dass die Lage auf dem Milchmarkt weiterhin äußerst angespannt ist. Die Politik hat das erkannt und in den letzten Wochen und Monaten zahlreiche Hilfsmaßnahmen zugunsten des Sektors eingeleitet, die darauf zielen, kurzfristig die Liquidität der Betriebe zu sichern, bei den Betriebskosten für Entlastung zu sorgen, zusätzliche Hilfen in Form von Bewirtschaftungs- und Strukturbeihilfen bereitzustellen und den Absatz von Milch und Milcherzeugnissen zu befördern. Letzteres ist besonders wichtig, weil die gegenwärtige Krise auf dem Milchmarkt ihre Ursachen vor allem in einem konjunkturellen Einbruch der Nachfrage nach Milch und Milcherzeugnissen hat.

Auf folgende Maßnahmen möchte ich gern näher eingehen:

EU-Direktzahlungen: Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) hat sich in Brüssel dafür eingesetzt, dass die Direktzahlungen, die normalerweise frühestens im Dezember eines Jahres an die Landwirte ausgezahlt werden, in diesem Jahr früher zur Auszahlung kommen, um so noch 2009 finanziellen Spielraum in den landwirtschaftlichen Betrieben zu schaffen. Die EU-Kommission hat inzwischen einen Verordnungsvorschlag vorgelegt, der den Mitgliedstaaten eine Vorschusszahlung von bis zu 70 % ab dem 16. Oktober nach Durchführung der Kontrollen ermöglicht. Die Bundesländer, in deren politischer Entscheidung es liegt, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, wollen nach bisherigem Stand jedoch die alternative Möglichkeit einer vorgezogenen vollständigen Auszahlung zum 1. Dezember anwenden (üblich ist eine Auszahlung Ende Dezember).

Agrardiesel: Beim Agrardiesel hat die Bundesregierung sich auf eine Entlastung der Landwirtschaft verständigt. Die geplante Streichung des Selbstbehalts und der Obergrenze beim Agrardiesel bedeuten für die Landwirte in den Jahren 2009 und 2010 eine Entlastung von insgesamt rd. 570 Mio. €. Ich weiß, dass das beachtlich, aber zu wenig ist.

Milchfonds/EU-Konjunkturprogramm: Für Struktur- und Bewirtschaftungshilfen stehen Deutschland aus dem Konjunkturprogramm der EU, den zusätzlichen Modulationsmitteln sowie den ungenutzten Restmitteln der Direktzahlungen in 2010 zusätzliche EU-Mittel von 155 Mio. € zur Verfügung, die u. a. für den sog. „Milchfonds“ genutzt werden können. Dieser Betrag steigt bis 2013 auf ca. 300 Mio. €. Über den gesamten Zeitraum summieren sich diese Mittel auf insgesamt 940 Mio. €. Hinzu kommen die entsprechenden nationalen Kofinanzierungsmittel. In den genannten Mitteln enthalten sind für 2009/2010 zusätzlich 86 Mio. € aus dem EU-Konjunkturprogramm. Der Bund empfiehlt den Ländern, die Mittel u. a. für Investitionshilfen im Milchsektor sowie für Grünland- bzw. Weideprämien (einschl. Ausgleichszulage für Betriebe in benachteiligten Gebieten) zu verwenden (sog. „Milchfonds“). Über den Mitteleinsatz entscheiden die Länder. Die nationale Kofinanzierung (Bund und Länder) erfolgt insbesondere aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK). Bei Unterstellung des verringerten nationalen Mindestkofinanzierungssatzes von 10 % bzw. 25 % müssen zur Kofinanzierung insgesamt 215 Mio. € nationale Mittel bereitgestellt werden.

Sowohl die Bundesmittel für die GAK (2008: 660 Mio. €, 2009: 700 Mio. €, Haushaltsentwurf 2010: 725 Mio. €) als auch die Förderung für die genannten Maßnahmen (Fördersätze, Flächenprämien) sind 2009/2010 deutlich angehoben worden (Erweiterung der Gebietskulisse des Förderhöchstbetrags von 200 € je Hektar bei der Ausgleichszulage für Landwirte in benachteiligen Gebieten, deutliche Anhebung der Investitionsförderung für Milcherzeuger bereits ab 2009, Anhebung der Sommerweide-Prämie auf 50 € pro Kuh bereits ab 2009).

Schulmilch: Das BMELV hat zusammen mit dem Land Nordrhein-Westfalen ein Modellvorhaben Schulmilch initiiert, mit dem die Faktoren ermittelt und analysiert werden sollen, die die Schulmilchnachfrage maßgeblich beeinflussen. Das Modellvorhaben soll dazu beitragen, den seit Jahren rückläufigen Trend des Schulmilchverbrauchs umzukehren und die Schulkinder frühzeitig im Rahmen einer gesunden Ernährung an den Verzehr von Milch und Milcherzeugnissen heranzuführen. Der Bund unterstützt das Vorhaben mit bis zu 9,3 Mio. €. Auf EU-Ebene laufen zurzeit Verhandlungen zur Ausweitung der Produktpalette von Schulmilcherzeugnissen.

Maßnahmen/Aktivitäten auf EU-Ebene
Die Möglichkeiten, den Milchmarkt und damit die Milchpreise national durch direkte staatliche Eingriffe zu stabilisieren, sind äußerst begrenzt. Das hierfür zur Verfügung stehende Steuerungsinstrumentarium (EU-Milchmarktordnung) liegt alleine in den Händen der EU-Kommission. Der EU-Kommission kommt daher eine besondere Verantwortung für die Bewältigung der gegenwärtigen Krise auf dem Milchmarkt zu.

Die EU stützt den Milchmarkt zurzeit mit folgenden Instrumenten (Stand 30. Juli 2009):
– Gewährung von Beihilfen zur privaten Lagerhaltung von Butter (EU-weit bisher rd. 117.000 t eingelagert), Maßnahme wird wegen der anhaltend schwierigen Lage auf dem Milchmarkt über den 15. August 2009 hinaus fortgesetzt;
– Ankauf von Butter und Magermilchpulver in die öffentliche Lagerhaltung (EU-weit bisher rd. 82.000 t Butter und rd. 230.000 t Magermilchpulver angekauft); auch diese Maßnahme wird über den festgelegten Interventionszeitraum (1. März bis 31. August) hinaus fortgesetzt;
– Gewährung von Exporterstattungen (bisher im Rahmen der Ausschreibungen Zuschläge für knapp 40.000 t Butter und rd. 93.000t Magermilchpulver erfolgt).

Am 18. und 19. Juni 2009 hat der Europäische Rat (ER) die Lage auf dem Milchmarkt diskutiert und die EU-Kommission innerhalb der nächsten zwei Monate um Vorlage einer vertieften Marktanalyse, versehen mit geeigneten Vorschlägen zur Stabilisierung des Milchmarktes, gebeten. Die EU-Kommission hat am 22. Juli 2009 den vom ER geforderten Marktbericht präsentiert. Der EU-Agrarministerrat wird hierüber am 7. September 2009 beraten.

Sehr geehrter Herr Närmann,

die Politik tut einiges um den Sektor Landwirtschaft zu unterstützen. Ich hoffe, dies wurde durch die Auflistung der Maßnahmen deutlich.

Mit freundlichen Grüßen

Karl Schiewerling