Frage an Karl Klein von Karl W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Klein,
Ihre Partei hat im Oktober 2010 im Bundestag für die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke gestimmt.
In Anbetracht der aktuellen Ereignisse würden mich Ihre Antworten auf folgende Fragen interessieren:
- Wie beurteilen Sie die Aussage der CDU, dass deutsche Kernkraftwerke sicher seien, wenn erwiesenermaßen gerade bei den älteren Anlagen kein ausreichender Schutz gegen Abstürze größerer Flugzeuge existiert?
- Halten Sie deutsche Kernkraftwerke für ausreichend gegen terroristische Angriffe geschützt?
- In welcher Form wurde vor der Abstimmung im Oktober letzten Jahres überprüft, inwiefern die deutschen Anlagen für die angestrebte längere Laufzeit gerüstet sind? Welche Analysen und Sicherheitsüberprüfungen gab es und in welcher Form sind diese dokumentiert?
- Wodurch unterschieden sich die jetzt angekündigten Sicherheitsüberprüfungen (Stichwort "keine Tabus") von denen, die bisher durchgeführt wurden?
- Laut einem Bericht des ZDF ( http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/10/0,1872,8221962,00.html ) gab es in den letzten Jahren mehrere Zwischenfälle im Kernkraftwerk Philippsburg, die vom zuständigen Umweltministerium BW entgegen geltendem Rechts geheim gehalten wurden. Wie sollte hier Ihrer Meinung weiter verfahren werden? Sehen Sie einen Interessenkonflikt der baden-württembergischen Landesregierung als gleichzeitiger Miteigentümer an EnBW und zuständiger Aufsichtsbehörde?
- Wie stehen Sie zu der Aussage der CDU vom letzten Jahr, dass der Weiterbetrieb der deutschen Kernkraftwerke zur Vermeidung eines Versorgungsengpasses notwendig ist, in Anbetracht der Tatsache, dass jetzt offenbar ohne Konsequenzen mehrere Kraftwerke (teilweise sogar sehr kurzfristig) abgeschaltet werden können.
Ich würde Sie bitten, noch vor der anstehenden Wahl in BW konkret inhaltlich auf meine Fragen einzugehen.
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen,
K. Wagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
gerne antworte ich Ihnen auf die gestellte Anfrage. Die gleichen Fragen müssten Sie eigentlich auch Rot/Grün stellen, als diese den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen und den Kernkraftwerken Laufzeiten bis zum Jahr 2020 zu standen und ohne die Verpflichtung, weitere Investitionen in die Sicherheit zu tätigen. Auch ohne den Verlängerungsbeschluss der CDU/FDP Regierung wäre an der heutigen Situation nichts anders. Dies hilft uns allerdings in dieser Situation nicht weiter. Mit dem Laufzeitverlängerungsbeschluss geschah dies allerdings und die Betreiber wurden verpflichtet, in eine verstärkte Sicherheit zu investieren. (Z.B. auch in Vernebelungsanlagen für Flugzeugangriffe). Also ist der Unterschied zwischen den Parteien nur der, dass unterschiedliche zeitliche Auffassungen über den Ersatz dieser Energieart bestehen. Stromersatz für die derzeit still gelegten Kraftwerke liefern die Kraftwerke mit Kohl, Erdgas und Erdöl und bringen die Klimaschutzwerte schwer in Bedrängnis. Die Erderwärmung sei nur angesprochen und spielt bei öffentlichen Diskussionen überhaupt keine Rolle mehr. So kann eine verantwortliche Energiepolitik auch nicht erfolgen. Die regenerativen Energien können leider bis jetzt noch keinen vollwertigen Ersatz liefern, sodass in knappen Zeiten Energie auch importiert werden muss. Wo dieser herkommt interessiert allerdings weniger. Der Kauf der EnbW-Aktienanteile bringt jetzt dem Land Baden-Württemberg überhaupt den Vorteil, dass wir als Eigentümer über die Abschaltung von Kraftwerken auch ohne Entschädigungszahlungen entscheiden können. Das Umweltministerium hat zu keiner Zeit irgendwelche Informationen zurück gehalten bzw. es unterlassen, Sicherheitsauflagen zu erteilen. Abschließend kann ich Ihnen sagen, dass uns die ganzen Fragen der Sicherheit und der sofortigen Abschaltung nichts bringen, wenn uns dies nicht europaweit gelingt. Fessenheim liegt gerade mal ein paar mehr Kilometer weg als Philippsburg. Deshalb gilt es trotz aller Emotionen und berechtigter Ängste den Kopf nicht zu verlieren, sondern das nach menschlichem Ermessen bestmögliche zu veranlassen. Dies hat die CDU getan mit der Anordnung zur Überprüfung der Kernkraftwerke unter dem Maßstab der Erfahrungen aus Japan, die Außerbetriebnahme der älteren Kraftwerke und der Einrichtung einer Expertenkommission zur grundlegenden und offenen Diskussion zur Neuausrichtung der Energieversorgung in Deutschland. Jedenfalls sollte nach meiner Ansicht diese eine Frage, die zudem noch Bundesangelegenheit ist, nicht eine Landtagswahl entscheiden. Baden-Württemberg ist das Bundesland Nr. 1 und soll es auch bleiben. Ich denke, auch darüber sollten die Menschen in diesem Land weiter nach denken.
Mit freundlichen Grüssen
Karl Klein, MdL