Frage an Karl Klein von Perschya C. bezüglich Verteidigung
Sehr geehrter Herr Klein.
Ich hätte eine kurze Frage zum aktuellen Umgang mit dem unterbesetzten Pflegepersonal in Pflegeeinrichtungen - von Krankenhäusern zu Seniorenheimen. Mir ist schon seit mehreren Wochen Werbung der Bundeswehr in Innenstädten aufgefallen. Große Plakate, aber auch massig Digitalwerbung. Eine Digitalwerbung wurde mir persönlich nun direkt auf meiner YouTube Startseite angeboten, welche mich dazu motivieren soll in die Bundeswehr einzutreten. Was ich hier nicht verstehe ist, wie kann es sein, dass der Bund, Werbung für die Bundeswehr in solchen Größendimensionen legitimiert (es wird schon seine Gründe haben...), selbstverständlich hat die Bundeswehr seine Notwendigkeit, vor allem in Zeiten von Pandemien und eventuellen Ausfällen gewisser politischer Apparate. Aber warum genau, sehe ich keine Werbung für den Pflegepersonal-Beruf? Das kann der Staat doch nicht ganz allein den staatlichen und privaten Krankenhäusern überlassen (Beispiel Lufthansa und staatlicher finanzieller Unterstützung). Das Verhältnis passt einfach nicht. Wir brauchen aktuell, vor ein paar Jahren schon und für die Zukunft Pflegepersonal und hoffentlich weniger eine Armee. Ich werde daraus leider nicht schlau. Aber ich möchte gerne den Schachzug dahinter nachvollziehen können. Ich hoffe sie können mir bei diesem Problem weiterhelfen.
Sehr geehrter Herr Chehrazi,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de, die ich Ihnen gerne wie folgt beantworte:
Bundeswehr und Pflegeberufe haben ein gemeinsames Problem: Es fehlt an Nachwuchs. Gerade deshalb sind Informations- und Werbekampagnen notwendig. Ich kann verstehen, warum Sie sich über die unterschiedlichen Größendimensionen wundern. Dennoch muss ich Sie in diesem Zusammenhang auf einen entscheidenden Punkt aufmerksam machen:
- Arbeitgeber der Bundeswehr ist der Bund, welcher somit für die Personalausstattung zuständig ist.
- Pflegeheime, Krankenhäuser etc. befinden sich meist in unterschiedlicher (öffentlicher, freigemeinnütziger oder privater) Trägerschaft. Hier ist der Bund nicht Arbeitgeber und dadurch nicht direkt für die Personalausstattung zuständig.
Nichtsdestotrotz steht der Bund der Pflegebranche mit zahlreichen Maßnahmen unterstützend zur Seite.
2019 startete beispielsweise das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium und dem Bundesarbeitsministerium die „Ausbildungsoffensive Pflege“ (2019-2023). Mit konkreten Zielen und rund
100 Maßnahmen sollen hierbei gut ausgebildete und engagierte Pflegefachkräfte für das Berufsfeld gewonnen und Pflegeschulen sowie ausbildende Einrichtungen bei der Umstellung auf die neuen Ausbildungen unterstützt werden. Dabei wurden drei Handlungsfelder festgelegt. Neben der erfolgreichen Umsetzung der Reform von Pflegeberufen und der Stärkung von Ausbildung und Qualifikation, ist auch die Werbung ein zentraler Punkt auf der Agenda.
Am 22. Oktober 2019 startete Bundesfamilienministerin Franziska Giffey die zur Offensive dazugehörige bundesweite Informations- und Öffentlichkeitskampagne „Mach Karriere als Mensch!“, die seitdem gemeinsam mit rund 40 Partnern aus Pflegebereichen umgesetzt wird. In diesem Rahmen wurde auch die im Oktober vergangenen Jahres veröffentlichte fünfteilige Webserie "Ehrenpflegas" produziert, die auf die Chancen und die Vielfalt der neuen Pflegeausbildung aufmerksam machen soll.
Des Weiteren sind vielfältige Werbematerialien über die Homepage pflegeausbildung.net abrufbar. Das Landesministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg hat die Pflegeschulen sowie Trägerorganisationen über diese gemeinsame Werbekampagne informiert. Zum Kampagnenauftakt erhielten die Partner und rund 30.000 Einrichtungen in Deutschland (stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und Pflegeschulen) Starterpakete mit ersten Kampagnenmaterialien. Es besteht die Möglichkeit zur Individualisierung, indem Einrichtungen und Schulen die Materialien beispielsweise durch ihr eigenes Logo oder eigenen Text ergänzen.
Das Landesministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau fördert zudem den Einsatz von Ausbildungsbotschaftern. Ausbildungsbotschafter sind Auszubildende, die baden-württembergischen Schülerinnen und Schülern ihre Berufe vorstellen und sie für eine Berufsausbildung motivieren. Auch die Pflegeberufe werden von den Ausbildungsbotschaftern vorgestellt. Derzeit sind 49 Altenpfleger-Auszubildende, 169
Gesundheits- und Krankenpfleger-Auszubildende und 16 Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger-Auszubildende aktiv.
Sie sehen, Bund und Land sind sich den Nachwuchsengpässen und dem Fachkräftemangel im Pflegebereich bewusst und versuchen mit verschiedenen Anreizen und Kampagnen dem entgegenzuwirken. Natürlich besteht in diesem Zusammenhang noch Verbesserungsbedarf, jedoch müssen wir hierbei ebenso die dafür in erster Linie zuständigen Trägerorganisationen und privaten Einrichtungen in die Pflicht nehmen.
Ich hoffe Ihnen mit den Informationen geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Karl Klein, MdL