Stimmt es, dass in kürze eine Impfpflicht (Zwangsimpfung) für alle im Gesundheitswesen Beschäftigte kommt?
Sehr geehrter Herr Freller,
ich bin als exam. Krankenpfleger und Praxisanleiter in einer Klinik tätig.
Im Januar 2021 war ich selbst Covid positiv und hatte nach den geltenden Statuten bis Juli 21 den Genesenstatus. Danach gilt man in Deutschland als "ungeimpfter". Ich habe danach selbst kostenpflichtig einen Antikörpertest durchführen lassen. Der Labor befund ergab eine sehr hohen Titer von 489 Bau/ml (Sars-Cov-2-IgG II Qu). Warum soll ich mich trotzdem einer Impfung unterziehen, wenn ich eine ausreichenden Schutz besitze? Warum wird dieser AK Labor Befund in Deutschland nicht anerkannt ?
Mit freundlichen Grüßen aus Nürnberg
Sehr geehrte Herr E.,
Bayern steht zur Frage einer möglichen Verlängerung des Zeitraums des Genesenenstatus in engem Austausch mit den anderen Ländern und dem Bund. Die Ständige Impfkommission (STIKO) und das Robert Koch-Institut (RKI) analysieren derzeit die Situation fachlich sehr intensiv, sehen die Datenlage für eine Verlängerung des Genesenenstatus aber aktuell noch nicht als ausreichend an.
Daher sehen bisher sowohl die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmV) als auch die Coronavirus-Einreiseverordnung (CoronaEinreiseV) – beides Rechtsverordnungen des Bundes – einen Genesenenstatus für sechs Monate nach einer Infektion vor, die mit einem Nukleinsäurenachweis bestätigt wurde. Die zugrundeliegende Testung muss dabei mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegen.
Eine mögliche zukünftige Anpassung der Dauer des Genesenenstatus, abhängig von der fachlichen Einschätzung des RKI und der STIKO, obliegt dem Bund.
Hintergrund ist, dass spezifische Antikörper eine durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion nachweisen können, aber aus Sicht des RKI und des Bundesministeriums für Gesundheit derzeit keine Aussage über den Immunstatus und den Zeitpunkt der vorherigen Infektion erlauben. Schwellenwerte für Neutralisierende Antikörper-Titer, die mit einem Schutz vor erneuter Erkrankung bzw. Infektion assoziiert sind, sind bislang nicht zuverlässig und allgemeingültig etabliert. Daher ist für Personen mit alleinigem Antikörpernachweis eine Gleichstellung mit genesenen Personen innerhalb von sechs Monaten nach Nukleinsäurenachweis fachlich nicht angezeigt und auch rechtlich nicht möglich.
Die bisher vorliegenden Studienergebnisse geben insgesamt keine Hinweise darauf, dass die Impfung nach einer durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion problematisch bzw. mit Gefahren verbunden wäre; das gilt für Sicherheit, Wirksamkeit und Verträglichkeit der Impfung. In den Zulassungsstudien der beiden mRNA-Impfstoffe sind auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingeschlossen gewesen, die bereits im Vorfeld eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht hatten. Die Impfung wurde von diesen Personen nicht schlechter vertragen als von primär seronegativen Studienteilnehmenden. Lokale und systemische Reaktionen nach den Impfungen waren teilweise sogar weniger stark ausgeprägt. Die Effektivität der Impfung ist nicht unterschiedlich, wenn bereits eine SARS-CoV-2-Infektion vorangegangen ist.
Inzwischen hat jedoch eine „Aufwertung“ der Antikörpertestung insoweit stattgefunden, als dass auch Personen als vollständig geimpft gelten, bei denen nach gesichert positivem SARS-CoV-2-Antikörpernachweis eine Impfdosis verabreicht wurde.
Laut der 12. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO (Epidemiologisches Bulletin 43/2021 (rki.de)) soll nach einer durch PCR-Testung gesicherter SARS-CoV-2-Infektion die notwendige eine Impfstoffdosis in der Regel 6 Monate nach der Infektion gegeben werden. Die derzeit verfügbaren klinischen und immunologischen Daten belegen eine Schutzwirkung für mindestens 6–10 Monate nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion. Das Risiko für eine Reinfektion ist in den ersten Monaten nach einer gesicherten SARS-CoV-2-Infektion sehr niedrig, kann aber mit zunehmendem Zeitabstand ansteigen. Die Gabe der einmaligen Impfstoffdosis ist bereits ab 4 Wochen nach dem Ende der COVID-19- Symptome möglich, wenn z.B. eine Exposition gegenüber neu aufgetretenen Virusvarianten anzunehmen ist, gegen die eine durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion alleine keinen längerfristigen Schutz mehr vermittelt (immune escape Varianten). Da bei einer serologisch bestätigten Infektion keine sichere Aussage über den Infektionszeitpunkt getroffen werden kann, soll die notwendige einzelne Impfstoffdosis bereits ab 4 Wochen nach der Labordiagnose gegeben werden.
Sobald belastbare Schwellenwerte ermittelt werden konnten und damit durch Antikörpertests ein valider Rückschluss über die Schutzwirkung vor einer Infektion möglich ist, wird man sich dafür aussprechen können, dass dieser Test in medizinisch sinnvollen Fällen auch zur Anwendung kommen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Sarah Heidenreich
i.A. Karl Freller, Erster Landtagsvizepräsident