Frage an Karl Diller von Kurt F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Diller,
Sie antworteten Herrn Rachow zum Thema Online-Durchsuchung:
"Die Privat- und Intimsphäre der von einer Online-Durchsuchung erfassten Personen wird wirksam geschützt. Hierüber wacht der unabhängige Datenschutzbeauftragte des Bundeskriminalamts."
Das ist widersinnig und ein unlösbares Paradox, denn das Gesetz sieht vor, die Privat- und Intimsphäre zu schützen, indem man sie verletzt. Egal ob es der Datenschutzbeauftragte des BKA, ein Richter oder sonst jemand ist, der die Daten sichtet, um Kernbereichsverletzungen zu verhindern: Er selbst verletzt schon bei dieser Arbeit die Privat- und Intimsphäre, die er ja eigentlich schützen soll. Und die Schwere der Grundrechtsverletzung wird nicht dadurch geringer, daß es nur eine oder wenige Personen sind, die sie begehen.
Nun sieht das BKA-Gesetz zum Schutz der Privatsphäre vor, daß Online-Durchsuchungen nur dann nicht erlaubt sein sollen, wenn damit zu rechnen ist, daß bei der Maßnahme ausschließlich private Daten erhoben werden. Das jedoch ist praktisch niemals der Fall. Dessen ist sich auch der Gesetzgeber bewußt, was nichts anderes heißt, daß man die eigentlich verfassungswidrige Verletzung der Privat- und Intimsphäre ganz bewußt in Kauf nimmt.
Meine Frage an Sie: Wie wollen sie das oben benannte Paradox im BKA-Gesetz auflösen, daß die Privat- und Intimsphäre nur geschützt werden kann, indem man sie verletzt?
Eine weitere Frage: Wer den PC eines Menschen durchsucht, bekommt praktisch einen direkten Einblick in das Gehirn des Besitzers. Womit beschäftigt sich dieser Mensch? Was bewegt ihn? Welche Sorgen hat er, wovor hat er Angst, was bereitet ihm Freude? Wird der PC entsprechend genutzt, offenbaren sich auch die aller intimsten Details. Ich finde, eine Online-Durchsuchung ist praktisch ein Einbruch in das innersrte Ich eines Menschen und verletzt die Würde eines Menschen, wie sie kaum schwerer verletzt weden kann! Glauben Sie wirklich, daß Online-Durchsuchungen mit Artikel 1 GG zu vereinbaren sind?
Sehr geehrter Herr Felgendreher,
Ihrer Auffassung muss ich widersprechen.
Denkt man sie konsequent zu Ende, könnte man keine Straftaten vorbeugenden Maßnahmen ergreifen, könnten alle Verbrecher unbehelligt von Polizei und Justiz ihre Taten planen und durchführen. Polizei und Justiz wären nur noch dazu da, hinterher die Scherben zusammen zu kehren, d.h. die Schäden festzustellen, mit (von Ihnen!) begrenzten Mitteln nach den Verursachern zu fahnden und über die begangenen Verbrechen zu urteilen.
Angesichts des gestern mit einem Urteilsspruch zu Ende gegangenen Verfahrens gegen einen der beiden Kofferbomber ist Ihre Denkweise unverantwortlich gegenüber den möglichen Opfern solcher Anschläge.
Das BKA-Gesetz wurde vom Bundesrat zurückgewiesen. Es bleibt abzuwarten, worauf man sich im Vermittlungsausschuss einigen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Karl Diller, MdB