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Frage von Samir A. •

Frage an Karl Diller von Samir A. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Diller,

ich bin entschieden gegen ein Verbot der Herstellung und Verbreitung von angeblichen "Killerspielen", wobei ich schon diese Bezeichnung unpassend und falsch finde.
Viel zu oft wird die Unterhaltungssoftware mit den letzten Amokläufen, trotz fehlender bzw mangelhafter Nachweise in Beziehung gesetzt. Leider lassen sich so digitale Spiele leicht als Sündenbock nutzen, da sie junge Medien sind.

Ich denke, dass Volljährige mit solchen Medien verantwortungsvoll umgehen können und diese auch richtig einschätzen werden.

Weiterhin steht der neue Beschluss der Innenministerkonferenz im Widerspruch zu Artikel 5 unseres Grundgesetzes.

Meiner Meinung nach werden Computerspiele von Politikern, von denen sich zu viele auf dem Gebiet der interaktiven Medien zu wenig auskennen, übereilig und übertrieben verteufelt.

Ein Verbot des privaten Besitzes von Schusswaffen statt des indirekten Verbotes des Besitzes von Computerspielen erachte ich als sinnvoll, da die Opfer der Amokläufe durch Kugeln und nicht durch "Killerspiele" starben.

Befürworten Sie die gegenwärtige Politik, wie sehen Sie dieses umstrittene Thema?

Mit freundlichen Grüßen

Samir Aroudj

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Aroudj,

vielen Dank für Ihre Mail vom 8. Juni über abgeordnetenwatch.de.

Die Innenminister der Länder haben als Konsequenz aus dem Amoklauf von Winnenden am 1. März 2009 unter anderem beschlossen, für „Spiele, bei denen ein wesentlicher Bestandteil der Spielhandlung die virtuelle Ausübung von wirklichkeitsnah dargestellten Tötungshandlungen oder anderen grausamen oder sonst unmenschlichen Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen ist (Killerspiele), ein ausdrückliches Herstellungs- und -verbreitungsverbot so schnell wie möglich umzusetzen.“

Gestatten Sie mir vorab eine kurze Feststellung: Ein wirksamer Jugendmedienschutz ist und bleibt ein zentrales Ziel der Jugend-, Familien- und auch Medienpolitik der SPD-Bundestagsfraktion. Wir haben in der Vergangenheit wiederholt Debatten über Computerspiele geführt. Anlass waren dabei tragische Amokläufe von jungen Menschen. Dabei geht es um mehrere Themenkomplexe: Um das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in der Schule, um ihre notwendige Anerkennung und Förderung, um ihre Perspektiven, um Prävention und Bekämpfung von Jugendgewalt, um die Verantwortung von Eltern und Pädagogen, um Fragen von Medienkompetenz und Jugendmedienschutz sowie um den Zusammenhang zwischen schlechten Schulleistungen und Medienkonsum.

Bereits heute fallen gewaltverherrlichende Computerspiele unter das Verbot des § 131 StGB. Im Jahr 2003 wurde der Tatbestand des § 131 Abs.1 StGB übrigens auf die Darstellung von Gewalttätigkeiten gegen menschenähnliche Wesen erweitert und damit das Strafrecht an dieser Stelle auch in Bezug auf Computerspiele und die dort typischen Simulationen ergänzt. Hinzu kommt, dass nicht weniger bedeutsame Aspekte eines wirksamen Jugendmedienschutzes den verantwortungsvollen Umgang mit den Medien und die hierfür notwendige Medienkompetenzumfassen müssen.

Der Jugendmedienschutz ist in Deutschland dreistufig geregelt.

Die erste Stufe ist die gesetzlich vorgeschriebene Alterskennzeichnung: Alle Medien müssen im System der staatlich überwachten Selbstkontrolle eine Alterskennzeichnung erhalten. Kindern und Jugendlichen dürfen nur die Angebote zugänglich gemacht werden, die für ihre Altersstufe freigegeben sind („Freigegeben ohne Altersbeschränkung“, „Freigegeben ab 6 Jahren“, Freigegeben ab 12 Jahren“, „Freigegeben ab 16 Jahren“, „Keine Jugendfreigabe“). Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) führt das Prüfverfahren zur Altersfreigabe bei Computerspielen an dem auch die Obersten Landesjugendbehörden mitwirken, durch.

Die zweite Stufe des Jugendmedienschutzes ist die Möglichkeit der Indizierung: Jugendgefährdende Träger- und Telemedien werden durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert und dürfen Kindern oder Jugendlichen damit weder verkauft, überlassen oder anderweitig zugänglich gemacht werden. Es gilt ein Werbeverbot und der Versandhandel ist nur eingeschränkt erlaubt. Durch die Indizierung wird der Zugang auch für Erwachsene wesentlich erschwert, er ist aber möglich, denn diese Medien sind nicht verboten. Wegen des Zensurverbots können Medien erst dann indiziert werden, wenn sie bereits auf dem Markt sind.

Die dritte Stufe ist schließlich das Verbot von Gewaltdarstellungen gemäß § 131 StGB. Medien, die „grausame Gewalttätigkeiten gegen Menschen“ enthalten, sind verboten, wenn sie Gewalt verherrlichen, verharmlosen oder die Menschenwürde verletzen. Dies gilt auch im Hinblick auf „menschenähnliche Wesen“. Über die Indizierungsfolgen hinaus gilt ein generelles Verbreitungs- und Herstellungsverbot. Zuständig hierfür sowie für eine mögliche Beschlagnahme sind die Gerichte. Computerspiele fallen, so sie denn bestimmte Voraussetzungen erfüllen, bereits heute unter § 131 StGB, egal ob Offline- oder Online-Spiele, denn das StGB gilt sowohl für Träger- als auch Telemedien.

All dies begrüße ich uneingeschränkt.

Mit freundlichen Grüßen

Karl Diller, MdB