Frage an Karl Bär von Wilfried B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bär,
ich finde, dass die Grünen ihre Wahlziele im Wahlkampf 2017 nicht gut vermarkten. Es wäre wirksamer, wenn die Grünen mehr ihre originären Ziele herausstellten, also die Aspekte Umwelt, Ernährung, Atomkraft, Klima in den Mittelpunkt stellten. Diese Art Ziele hat die Grünen doch groß gemacht. Hier gibt es doch so viele aktuelle Themen. Z.B.
- Glyphosat verbieten
- Klimaziele herausstellen (Klimawandel)
- Fehlende oder falsche Produkthinweise auf den Nahrungsmittelpackungen
- Wie geht das zusammen: Kohlekraftwerke beibehalten und Klimaabkommen unterzeichnen
- Atommüllentsorgung: Es gibt immer noch keine Lösungen und keine Locations, aber die Konzerne haben sich das Entsorgungs-Problem vom Halse geschafft. Mit Zustimmung der Grünen. Das habe ich nicht verstanden.
- Zu viel CO2 in den Städten
- Lösungen zur Dieselaffäre
- Industrielle Landwirtschaft zu stark
- Qualvolle Tiertransporte
- Zu viel Plastik in den Meeren
- Überfischung der Meere
- Gegen undemokratische Abkommen wie CETA/TTIP stimmen
- Sich für Volksentscheide einsetzen; Oder sind die Bürger dümmer als die Politiker?
- usw.
Ich betätige mich als ehrenamtlicher Helfer für Flüchtlinge. Daher ist es mir wichtig, dass die Grünen bei ihrer Linie bleiben und eine humane, moralisch verantwortliche Integration von Migranten befürworten. Andere Parteien, wie die CDU/CSU verfahren hier in Bayern reichlich inhuman und unmoralisch (Abschiebepraxis, Familienzusammenführung bzw. -Auseinanderreissung, usw.), d.h. auch unchristlich. Das sollte man ihnen bei jeder Veranstaltung um die Ohren hauen. Von „Wir schaffen das“ ist doch nichts mehr übrig geblieben.
Freue mich auf Ihre Antwort
Mit freundlichen Grüßen
W. B.
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre eMail. Ich stimme Ihnen zu, dass unsere Zeit Grüne Politik dringend nötig hat. Das ist für mich auch sehr einfach, deshalb bin ich ja bei den Grünen und engagiere mich.
Allerdings können wir Grüne uns nicht aussuchen, wie über uns berichtet wird oder was über uns bei Ihnen ankommt. Wir können nur versuchen, unsere Arbeit so gut wie möglich zu machen.
Da uns bereits im letzten Wahlkampf immer wieder vorgeworfen wurde, dass wir die falschen Dinge nach vorne stellen, haben wir diesmal in einem kurzen, demokratischen Prozess eine Kurzfassung des Wahlprogramms auf einem Parteitag beschlossen. Das und nichts anderes ist es, was uns im Wahlkampf und ggf. darauf folgenden Koalitionsverhandlungen wichtig ist. Sie finden die "10 Punkte für Grünes Regieren" hier: http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/BUENDNIS_90_DIE_GRUENEN_Bundestagswahlprogramm_2017.pdf#page=232
Dort finden Sie das meiste wieder, das auch in Ihrer Aufzählung vorkommt: Glyphosat verbieten, die Ratifizierung von CETA verhindern, Kohleausstieg, Klimawandel, Abwicklung der industriellen Landwirtschaft, Verkehrswende,...
Unter Punkt 7 finden Sie auch das Thema Integration ganz weit vorne. Dort heißt es: "Wir stehen für eine humane, menschenrechtsorientierte und zudem gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik ein. Mit uns gibt es keine Grundgesetzänderung für eine Obergrenze beim Asylrecht. Weitere Asylrechtsverschärfungen und Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete lehnen wir ab."
Es gibt in Deutschland eine stabile Mehrheit für eine solche Politik. Leider ist eine laute Minderheit sehr davon überzeugt, selbst die schweigende Mehrheit zu vertreten und es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir nächste Woche zum ersten Mal seit Jahrzehnten Rechtsradikale im deutschen Bundestag sitzen haben werden. Die Grünen werden die Stimme sein, die bei aller Verschiebung des politischen Koordinatensystems nach rechts weiterhin moralischen Grundsätzen treu sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Karl Bär