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Karl Bär
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Frage von Peter J. •

Frage an Karl Bär von Peter J. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr Herr Bär,

das umlagefinanzierte Rentensystem wird seine Aufgabe in absehbarer Zeit, d.h. ab 2030, nicht mehr erfüllen, sofern sich das Verhältnis von Beitragszahlern und Beitragsempfänger wie prognostiziert entwickelt.
Wie ist Ihre Position zur Lösung dieses Problems ?

Mit freundlichen Grüßen

Peter Jonas

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Jonas,

es tut mir leid, daß es etwas gedauert hat, bis ich dazu gekommen bin, ihre Frage zu beantworten.

Ich hänge am umlagefinanzierten Rentensystem. Die Renten der älteren Generation aus der aktuellen Wirtschaftsleistung zu finanzieren, ist eine vergleichsweise faire und sichere Sache. Um das zu erklären, muß man sich nur ein paar häufig diskutierte Alternativen anschauen:
- Ein Rentensystem, das darauf setzt, daß der einzelne dafür verantwortlich ist, für seine eigene Zukunft vorzusorgen, würde dazu führen, daß diejenigen, die kein Vermögen aufbauen können, von dem sie später zehren können, weil sie arm sind, ein großes Problem haben.
- Ein Rentensystem, das darauf setzt, aus der aktuelle Wirtschaftsleistung einen Kapitalstock aufzubauen, diesen anzulegen, damit daraus dann die Renten der Zukunft gezahlt werden können, halte ich für weniger sicher als eine Umlage, weil wir nicht wissen, wie sich Kapitalmärkte entwickeln. Außerdem ist es mir lieber, das Geld für die Renten umzulegen und so im Wirtschaftskreislauf zu halten, als es auf den Kapitalmärkten anzulegen.

Tatsächlich steht aber das umlagefinanzierte System vor großen Problemen, weil in Zukunft weniger ArbeitnehmerInnen in das System einzahlen werden, die Menschen aber immer älter werden und dadurch länger von der Rente leben wollen. Es ist meiner Ansicht nach nötig, die folgenden Dinge zu tun, um ein umlagefinanziertes System halbwegs erhalten zu können:
- Die Art und Weise, wie wir aus der aktuellen Wirtschaftsleistung heraus umverteilen muß sich verändern. Momentan sind es nur die Arbeitseinkommen, aus denen die Renten finanziert werden. Es müssen in Zukunft auch Abgaben auf andere Einkommensarten wie z.B. Kapitalerträge, Mieten,... erhoben werden.
- Es wird ein nicht zu verachtender Teil der Renten aus Steuermitteln finanziert werden müssen. Das ist bereits heute der Fall und es zeichnet sich ab, daß es so weiter geht. Um Altersarmut zu verhindern, werden wir bei Leuten, die lange nur prekär beschäftigt waren und insbesondere bei Frauen mit langen Zeiten der Care Arbeit innerhalb des Rentensystems sehr kleine Renten hin zu einer Garantierente aufstocken müssen. Wir Grüne haben dazu ein Konzept für eine Garantierente von 850€, die wir zumindest für NeurentnerInnen, die mindestens 30 Jahre dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden oder Care Arbeit geleistet haben, sehr bald einführen und finanzieren können. - Damit die Gesellschaft nicht völlig überaltert und die Wirtschaftsleistung, aus der heraus wir Renten finanzieren können, weiterbesteht, sollten wir anerkennen, daß Deutschland ein Einwanderungsland ist und Zuwanderung begrüßen.

Das sind drei recht grundsätzliche Dinge. Es gibt viele weitere, die das
Problem nicht lösen, aber abmildern oder verschäfen können:
- Wir sollten darauf achten, möglichst allen eine gute Ausbildung und gute Arbeitsplätze zukommen zu lassen. Ein Schulsystem, das eher die soziale Schichtung erhält als allen Bildung zukommen zu lassen oder die Diskriminierung von Frauen und MigrantInnen auf dem Arbeitsmarkt, sind schädlich.
- Gute Arbeitsplätze sind etwas anderes, als einfach irgendwelche Arbeitsplätze. Wer arbeitet, sollte in die Sozialversicherungen einzahlen und nicht vom Staat unterstützt werden müssen. Dazu brauchen wir einen Mindestlohn und Regeln gegen Lohndumping z.B. durch Werkverträge.
- Wir müssen Institutionen und eine Kultur der Bildung und Erziehung aufbauen, die dazu führt, daß junge Leute und insbesondere Frauen "Kinder kriegen" und "Selbstverwirklichung" nicht als Alternativen diskutieren müssen.

Das ist jetzt eine laienhafte Antwort, dafür ist sie von mir selbst. Ich sage nicht, daß es keine Probleme gibt, aber ich glaube, daß es sich lohnt, zu versuchen, das umlagefinanzierte Rentensystem zu erhalten. Ich glaube übrigens nicht, daß jung gegen alt der große Konflikt der Zukunft wird. Vielmehr müssen wir uns überlegen, ob Altersarmut, Kinderarmut und Armut trotz Arbeit in einer sehr reichen Gesellschaft tragbar sind.

Mit freundlichen Grüßen,
Karl Bär

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