Frage an Karin Schäfer von Michael M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Schäfer,
ich bin auch ein Beführworter des Bedingungslosen Grundeinkommen. Es ist mir dabei wichtig, dass niemand mehr zu etwas gezwungen werden sollte, wozu er feiwillig nicht bereit wäre. Was mir allerdings etwas Sorgen bereitet ist, dass es möglicherweise für viele Leute einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Sinnverlußt geben mag. Wo wir doch alle in der Schule beigebracht (indoktriniert) bekommen, dass wir uns über den Beruf zu definieren haben. Gibt es neben der Einführung eines Grundeinkommens auch die Überlegung, das Schulsystem gründlich zu reformieren? Wie ich es sehe, ist kaum jemand damit zufrieden (weder die Eltern, noch die Lehrer und die Schüler erst recht nicht) und dennoch verlaufen alle Absichten das System fortzuentwickeln bzw zu modernisieren im Sande, ähnlich wie auch das Vereinfachen des Steuersystems. Meiner Meinung nach gehört die Schulpflich abgeschafft, denn Motivation etwas neues zu lernen kann nicht erzwungen werden, sie entsteht durch Freiwilligkeit alleine. Wenn man Kindern und Jugendlichen den notwendigen Freiraum gibt ihren Talenten und Interessen zu folgen, lassen sie sich erfahrungsgemäß nicht mehr bremsen. Anders sieht es aus, wenn sie im Gleichschritt etwas aufgezwungen bekommen, was für sie auch noch entweder zu langsam (Unterforderung) oder zu schnell (Überforderung) beigebracht wird, wenn es sie überhaupt interessiert. Es ist unter Fachleuten der Pädagogik und Neurologie bekannt, dass nur wenige Jahre nach dem Schulabschluss, bereits über 90% des beigebrachten Schulstoffes vergessen wird. Die Lehrpläne gehören neben der Abschaffung der Schulpflicht, dringend an die Bedürfnisse einer modernen Wissensgesellschaft angepasst. Ich finde, das passt ausgezeichnet zu der Liberalisierung, die ein Bedingungsloses Grundeinkommen mit sich bringt. Was denken Sie drüber?
Viele Grüße
M. M.
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ja, Sie haben vollkommen Recht, dass auch das Bildungssystem dringend geändert werden muss, und zwar mit und ohne Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens.
Heute werden die Schüler auf unser kapitalistisches System der Leistungseffizienz vorbereitet, was nicht ideologiefrei ist. Deshalb setzen sich DIE VIOLETTEN für eine Pädagogik ein, die wichtige Themen jenseits von Leistungseffizienz in den Vordergrund rückt. Die Kinder brauchen Unterricht, der sie auf das Leben vorbereitet. Dazu gehören unserer Meinung Fächer wie Ethik, Philosophie, gewaltfreie Kommunikation, Konfliktbewältigung, Selbsterkenntnis, zwischenmenschliche Kompetenz, Kreativität, Empathie, Glück, vergleichende Religionswissenschaft usw. Diese sollen Hauptfächer werden.
Wichtige Fächer wie Deutsch, Mathematik, Englisch, Biologie, Physik und Chemie sollten verpflichtend bis zu einem bestimmten Wissensniveau gelehrt werden. Eine weitere individuelle Wissensvertiefung soll freiwillig angeboten und je nach persönlichen Interessen und Talenten gefördert werden, idealerweise um ein zusätzliches Fächerangebot, z. B. Soziologie, Psychologie, Politik. Auf diese Weise sollen Schulen wichtige Kompetenzen vermitteln und die Schüler darin bestärken, sich mit Themen intensiv auseinanderzusetzen, die ihren persönlichen Neigungen entsprechen. Wichtig ist die Stärkung der Eigeninitiative und der Lust am Lernen. Auch die Leistungsbewertung sollte stärker individualisiert werden, z. B. durch Kurzbeurteilungen statt Noten.
Aber nicht nur die Lerninhalte, sondern auch die Lehrmethoden sind dringend reformierungsbedürftig. Der übliche Frontalunterricht ist oft einseitig und für die Schüler langweilig oder wenig effektiv. Darum begrüßen wir es sehr, wenn Schulen mit neuen Konzepten andere Arten der Wissensvermittlung anbieten, etwa das bewegungsorientierte Lernen oder das interagierte Lernen, das die rechte und linke Gehirnhälfte verbindet. Die Schüler sollen auch mitreden können bei der Gestaltung des Unterrichts. Unser Zielist es, eine größere Auswahl an schulischen Konzepten anzubieten. Da jedes Kind andere Voraussetzungen hat, sollen Eltern und Kinder die Möglichkeit haben, unter einer größeren Vielfalt das jeweils geeignetste Konzept auszuwählen, damit eine bestmögliche individuelle Förderung stattfindet. Aus diesem Grund sind die**VIOLETTEN auch für eine einzelfallgeprüfte Zulassung des so genannten "Homeschooling". Wir sind für Bildungspflicht statt Schulpflicht.
Im Übrigen müssen die Lerninhalte bundesweit vereinheitlicht werden, damit die Kinder und Jugendlichen keine Probleme bei Wohnungswechseln bekommen. Die Schulzeit ist eine wichtige Reifungs- und Selbstfindungsphase, in der junge Menschen sowohl im Rahmen des Unterrichts als auch bei außerschulischen Aktivitäten ihren Horizont erweitern, individuelle Talente und Neigungen entdecken, soziale Kompetenzen erwerben und ihre Persönlichkeit entfalten. Wer sich auf diese Weise frei entwickeln kann, wird sich anschließend selbstbewusst, angstfrei, kreativ und mit Freude in das Gemeinwesen einbringen.
Mit herzlichen Grüßen
Karin Schäfer