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Karin Roth
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Frage von Marc S. •

Frage an Karin Roth von Marc S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Roth,

am 23.5. soll in letzter Lesung über den Entwurf zum §32 BDSG - das neue Beschäftigtendatenschutzgesetz - entschieden werden.

Ich halte diesen Entwurf für eine massive Einschränkung meiner Grundrechte. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung soll im Betrieb nicht gelten.

Unter anderem
• sollen verdachts- und anlassloses Massenscreenings möglich sein. Dies ist nach dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung rechtswidrig.
• ist eine Videoüberwachung ohne konkreten Anlass und ohne zeitliche Eingrenzung zulässig, sofern sie mit offen sichtbaren Kameras erfolgt. Auch heimliche Videoüberwachung ist nach wie vor möglich. Dies ist ein massiver Eingriff in mein Persönlichkeitsrecht.
• Nach EU-Recht darf sich jeder Arbeitnehmer bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde über Verstöße gegen das Datenschutzgesetz direkt beschweren. Dieser Entwurf sieht allerdings vor, dass zuerst der Arbeitgeber informiert werden muss. Dies kann je nach Art des Missstandes unzumutbar sein.

Wie stehen Sie zu diesem Entwurf? Sind Ihnen die Einwendungen der Bundes- und Landesdatenschützer, Betriebsräte, Gewerkschaften bekannt?
Wie kann der Innen-Ausschuss ein Gesetz mit solch einer Tragweite für die Beschäftigten beurteilen? Inwieweit haben Arbeitgeberverbände in der Entstehungsphase an diesem Gesetz mitgewirkt?
Der vorliegende Entwurf ist zu Lasten der Beschäftigten und ihrer Interessen und kommt alleine den Arbeitgeberinteressen entgegen!

Ich fordere Sie deshalb auf, die sachgerechten Forderungen der Datenschützer und Arbeitnehmer-Interessenvertretungen aufzunehmen und gegen diesen Entwurf zu stimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Marc Sauer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sauer,

ich danke Ihnen für die Anfrage vom 23.05.2011 zum Entwurf der Bundesregierung für das Beschäftigtendatenschutzgesetz (§32 BDSG). Nicht nur Sie, sondern auch eine Reihe anderer Bürgerinnen und Bürger haben mit dieser Anfrage an mich einen zentralen Sachverhalt in der Diskussion um Datenschutzrechte von Beschäftigten angesprochen.

Gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion lehne ich die angestrebte Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes ab. Der Entwurf der schwarz-gelben Bundesregierung erlaubt faktisch eine umfangreiche Überwachung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, anstatt sie vor weitreichenden Eingriffen zu schützen. Wie auch von Ihnen angesprochen wurde, wird somit eine ununterbrochene Videoüberwachung möglich, die seitens des Arbeitgebers nur mit dem Wunsch nach Qualitätskontrolle begründet werden muss. Weiterhin kann der Arbeitgeber weitere Formen direkter Überwachung, wie etwa die nachträgliche Auswertung von Telefongesprächen und E-Mails aber auch den Einsatz privater Detektive nicht etwa ausschließlich mit dem Verweis auf einen „Straftatverdacht“, sondern bereits mit der nicht näher definierten Befürchtung „schwerwiegender Pflichtverletzungen“ begründen. Dies stellt einen unhaltbaren Zustand dar, denn er bedeutet nichts anderes als einen Blankoscheck zur umfassenden Überwachung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Ganz unverblümt werden hier seitens der Bundesregierung die Interessen der Arbeitgeber in den Vordergrund gestellt. Dabei haben gerade die Skandale bei Lidl, der Deutschen Telekom und zuletzt der Deutschen Bahn im Jahr 2009 gezeigt, dass ein Gesetz zum Schutz von Beschäftigtendaten wichtiger denn je ist. Der Entwurf erlaubt ebenfalls den automatisierten Datenabgleich zur Korruptionsbekämpfung. Für mich, wie für die gesamte SPD-Bundestagsfraktion, bedeutet dies nur eins: die Rasterfahndung ohne konkreten Tatverdacht. Dies ist für mich nicht zu verantworten, da es fundamental gegen die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstößt.

Damit jedoch nicht genug: Die Bundesregierung möchte den laut Entwurf ohnehin stark minimierten Schutz der Beschäftigen weiter aushöhlen, in dem sie Abweichungen vom Gesetz in Betriebsvereinbarungen erlaubt. Wenn sich solche Vereinbarungen in der Praxis durchsetzen, wird der Schutz von Beschäftigten nicht nur endgültig verfehlt, sondern auch aktiv konterkariert.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich klar gegen diesen Entwurf positioniert. Wir fordern nach wie vor ein eigenständiges Gesetz zum Schutz von Beschäftigtendaten, das diesen Namen auch verdient.

Ich kann Ihnen versichern, dass die SPD-Bundestagsfraktion Ihre berechtigten Forderungen mit Nachdruck im parlamentarischen Verfahren unterstützen und diesbezüglich natürlich auch mit Gewerkschaften und Beschäftigtenvertretungen auf allen Ebenen zusammenarbeiten wird.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Karin Roth