Frage an Karin Roth von Annette R. bezüglich Jugend
Sehr geehrte Frau Roth,
Es geht um den Gesetzesentwurf zur Legalisierung der Vorhautamputation bei minderjährigen Jungen.
Und ich (seit 20 Jahren in interkultureller, muslimisch-christlicher Ehe) möchte Sie fragen: Wie ist es mit dem Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren, dass die Vorhautamputation bei minderjährigen Jungen legalisiert werden soll, während die Abtrennung der äuivalenten Gewebe bei Mädchen, was nach der Embryonalentwicklung die Klitorisvorhaut inklusive der kleinen Schamlippen wäre, weiterhin verboten sein soll?
Keine Missverständnisse: FGM ist mit einer Vorhautamputation natürlich nicht zu vergleichen. Denn FGM schließt in über 90% der Fälle die Klitorisamputation mit ein, was mindestens einer Eichelamputation beim Jungen entsprechen würde, die, von einzelnen tragischen unbeabsichtigten Einzelfällen einmal abgesehen, natürlich nicht Bestandteil der Jungenbeschneidung ist.
Aber mit der Entfernung der Klitorisvorhaut und der kleinen Schamlippen, selbstverständlich mit Betäubung und nach allen "Regeln der ärztlichen Kunst", könnte man doch all den somalischen und sudanesischen Eltern wenigstens ein bisschen entgegenkommen. Ich spreche hier nicht von einer kühlen Rechtsmechanik, sondern von den realen Sorgen liebender Eltern: Kann unsere intakte Tochter mit all den Falten da unten überhaupt eine richtige Frau werden? Wie kann sie sich so sauberhalten, von der mangelnden Ästhetik einmal abgesehen, und wenn sie dann von ihren Cousinen auf Heimaturlaub gehänselt wird, nicht richtig dazu gehört..? Und findet sie so jemals einen adäquaten Partner? Warum wird die körperliche (genitale) Unversehrtheit von Jungen gesetzlich nicht genauso geschützt wie die der Mädchen???
Mit freundlichen Grüßen, Annette Ryll
Sehr geehrte Frau Ryll,
vielen Dank für Ihre Frage vom 15. Oktober 2012.
Eine Grenze von der männlichen Beschneidung zur sittenwidrigen und nachhaltig schädlichen Verstümmelung der Genitalien von Mädchen muss unmissverständlich und kompromisslos gezogen werden. Die weibliche Genitalverstümmelung und die Beschneidung von Jungen sind nicht zu vergleichen, weibliche Genitalverstümmelung ist eine grobe Menschenrechtsverletzung.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Roth MdB