Frage an Karin Jung von Marcus B. bezüglich Soziale Sicherung
Liebe Frau Jung,
Sie sprachen weiter oben schon einmal Jugendproblematik an.
Im Bezirk Wandsbek wird (wie fast im restlichen, kompletten Hamburg) sehr wenig getan, um Kinder zu selbstkritischen und motivierten, jungen Menschen zu erziehen. Stattdessen findet eine weitläufige Verrohung statt, geprägt durch ein Weltbild aus Gewaltmusik und nicht wirklich friedlicheren Computerspielen.
Dazu bedarf es einer Aufklärung durch Erwachsene, denen Kinder vertrauen, und das in einem Alter, dass es nicht fast zwingend voraussetzt, sich einer Szene/ Gruppe/ Bande anzuschließen, um nicht unterzugehen.
Ich denke, man müsste mehr Stätten offener wie auch gruppenorientierter Jugendarbeit schaffen. Stätten, an denen Jugendliche ihre Zeit sinnvoll verbringen können. Dazu gehört auch die entsprechende Werbung zu machen, um dort jemanden "hinzulocken". Ich selbst bin aktiver Pfadfinder und leite eine Gruppe, aber viele Eltern der Kinder sind Hartz IV-Empfänger und somit können diese Kinder manchmal nicht mit oder werden eben schnell wieder abgemeldet/ gar nicht erst angemeldet.
Diese Jugendarbeit müsste verstärkt aufgebaut werden.
Das in meinen Augen ziemlich unsinnige Hundegesetz oder das Waffenverbot auf dem Kiez wurde durchgesetzt. Warum werden Tötungssimulationen, also Ego-Shooter und andere, gewaltverherrlichende Computerspiele und Songs nicht aus den Geschäften verbannt? Warum fangen Gesetze nicht gleich zu Beginn der Erziehung zur Gewalt zu wirken statt erst am Ende dieser unseligen Entwicklung?
Mit FSK-18 ist es nicht getan, denn gerade in den Problemgruppen ist die Scheibe morgen multipliziert und jedem zugänglich.
Immer mehr Kinder gehen statt mit einer Vorstellung einer zu realisierenden und coexistierenden Gesellschaft mit einem aufgebauten Feindbild durch die Welt. Wie vermittelt man wieder echte Werte?
Es grüßt herzlich,
Marcus Berns
Sehr geehrter Herr Berns,
herzlichen Dank für Ihre Zeilen und Fragen zur Prävention von Gewalt und Ihre Forderung, das Politik sich mehr für Werte engagieren sollte. Als erstes fiel mir dazu der link von der Landeszentrale für Politischen Bildung ein: http://www.bpb.de/methodik/J4836V,0,Wie_wirkt_medial_dargestellte_Gewalt.html
zu Jugend und Gewalt:
Ihre Einschätzung zum nicht ausreichendem qualitativen Angebot in der Jugend(gruppen)arbeit hier in Wandsbek teile ich voll und ganz. Betrachtet man dann das Engagement derjenigen, die in der Jugendarbeit - oder wie Sie auch ehrenamtlich - mit begrenzten finanziellen Mitteln tätig sind, dann finde ich trotzdem viele Ansätze, wo gegen gesteuert wird, auch in den Schulen mit Gewaltprävention. Jedoch das reicht keineswegs aus, hier sollten entschieden mehr Initiativen passieren, die die Entwicklung und Stärkung von Sozialkompetenz, sowie die Förderung in beruflicher und schulischer Hinsicht verbessern. Hier ist jedoch auch mehr Vernetzung und Austausch aller notwendig. Die populistisch geführte Debatte um Jugendgewalt ist schädlich, schließt sie doch die Augen vor den vielfältigen Ursachen und negiert sie die Lösungen, die eigentlich notwendig sind.
Die Wandsbeker Grünen fordern z.B. den Einsatz von mehr Straßensozialarbeitern, die die Kontakte zu Jugendlichen vor Ort herstellen. Nach meiner Einschätzung werden Jugendliche in ihren Bedürfnissen zu wenig wahrgenommen. Häufig erscheint uns Erwachsenen auf den ersten Blick eine feindselige (Lebens)Haltung entgegen zu kommen, aber ich schaue hier jedoch gerne differenzierter und genauer. Wie viele Erwachsene haben selbst eine versteckt feindliche oder vorurteilsbelastete Haltungen anderen gegenüber und gerade auch gegenüber Kindern und Jugendlichen? Jugend drückt immer direkter sowie unmittelbarer das aus, auch provozierend, was in der Gesellschaft versteckt und offen vorhanden ist - auch in der Musik: HipHop. Die Erfahrungen prägen, also auch Gewalterlebnisse in der Kindheit fördern so etwas, es sind manchmal Gewaltspiralen in Familien.
Ein Netzwerk Kindeswohl möchten die Grünen in Hamburg deshalb auch aus diesem Grund politisch umsetzen. Jugendliche, die in ihrem Stadtteil nicht eingebunden sind mit Möglichkeiten und Einrichtungen der Freizeitgestaltung, die sich nicht am Geldbeutel der Eltern orientiert, haben es sehr schwer und das muss entschieden mehr gefördert werden. Wir Grünen wollen die Eigenständigkeit der offenen Kinder- und Jugendarbeit sichern. Sie schreiben, dass Kinder/Jugendliche aus Elternhäusern mit ALG II oder gleichem geringem Einkommen, die Gelder für Kurse und Gruppen sich nicht leisten können, darin liegt schon die Antwort für Lösungen. Diese Ausgrenzung darf nicht weiter voranschreiten. In den nächsten Tagen wird Ihnen vielleicht ein Themenplakat der GAL zur Kinderarmut auffallen, das wird von vielen immer noch nicht wahrgenommen z.B. auch von Haushalten mit Einkommensverhältnissen, die sich um Job und Einkommen keinerlei Sorgen machen müssen.
Die GAL fordert mit ihrem Programm Viertel vor - Gegen die soziale Spaltung der Stadt, das benachteiligte Stadteile wieder einzubinden sind und dieses Konzept der Quartiersarbeit für benachteiligte und abgekoppelte Stadtteile überzeugt mich sehr.
In Rahlstedt wohnen viele Jugendliche und ich werde mich dafür besonders einsetzen.
Lesen Sie doch bitte zum Thema Jugend auch unter den Antworten von Christiane Blömecke, unserer Sprecherin für Kinder - und Jugendpolitik in der Bürgerschaft und auch in den Antworten der anderen KandidatInnen der GAL dazu hier weiter.
Zum Einfluss der Medien:
Aus eigener Erfahrung mit zwei Kindern von 13 und 19 Jahren weiß ich, wieschwer es ist und wieviel Arbeit es kostet, Kindern Qualität und Kriterien zur Lebensorientierung in der Medien- und Markenwelt zu bieten. Medienkompetenz ist ein wichtiges Erziehungs- und Bildungsziel, vielen Eltern fehlt Orientierung dazu, was sie Ihren Kindern in die Hand geben bzw. sie haben nicht den Überblick, womit sich diese beschäftigen. Die FSK-Kennzeichnungen der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft mit FSK ab 6 usw. stellen keine pädagogischen Empfehlungen dar und ergänzende pädagogische Qualitätssiegel wären durchaus sinnvoll und hilfreich. Ich habe häufig bei meinen Kindern zwei Jahre dazu gezählt, bevor ich FSK ab 6 erlaubt habe. Mir fehlt auch in der der Alterspanne zwischen FSK ab 6 und ab12 eine FSK Freigabe ab 9 Jahren, denn dazwischen liegen Kinderwelten und damit könnte m. E. besser altersgerecht noch weiter differenziert werden. Das wäre eine Forderung, die man an die FSK politisch herantragen könnte auf Bundesebene. FSK ab16 ist die höchste und FSK ab 18 heißt seit 1. April 2003 "Keine Jugendfreigabe". Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), also die Kennzeichnung der Computerspiele, ist auch erst seit 2003 gesetzlich festgelegt worden! Hierzu konnte man in der Presse lesen, dass viele Spiele falsch eingeschätzt werden. Die Flut der Egoshooter Spiele- Made in USA- haben wir seit über 10 Jahren und ein Verbot wird nicht helfen, da der Umsatz dieser Branche auch von viel zu vielen Erwachsenen gefördert wird. Verbraucheraufklärung ist notwendig dazu. Man kann Kindern vermitteln, was gute Medien sind und hier würde ich mir wünschen, das mehr Firmen mit Software/Filmen/Spielen auf den Markt kämen, die pädagogische Alternativen bieten auf dem Markt der Giganten dieser Branche. Spielen am PC macht auch Spass - ein gesunder Mix aus allem macht es und "Lieber Spielen als Fernsehen" heißt ein Buch von Karin Neuschütz, damit sind natürlich nicht die PC -Spiele gemeint.
Was uns an den Virtuellen Welten besorgt ist, das Kindern reale Erfahrungen fehlen zu einer gesunden Entwicklung. Es ist ein sehr komplexes Thema, das uns auch weiter in der Forschung, Pädagogik und im Alltag geschäftigen muss und immer wieder Thema sein sollte - auch in der Politik.
Die Filmförderung und der Ausbau der Kultur- und Jugendarbeit in Wandsbek sind für uns wichtige Forderungen und dafür brauchen wir die Unterstützung der Bürger und Bürgerinnen - auch am 24. Februar.
Es grüßt herzlich aus Rahlstedt
Ihre GAL Kandidatin
Karin Jung