Frage an Karin Evers-Meyer von Iris J. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Evers-Meyer,
am 17.02.2009 endete die Mitzeichnungsfrist der Online-Petition an den Deutschen Bundestag für ein "Bedingungsloses Grundeinkommen". Fast 53.000 BürgerInnen haben diese Petition mitgezeichnet. Dies sehe ich als deutliches Zeichen dafür, dass in der Bevölkerung ein sehr großes Interesse daran besteht, dieses Thema von der Politik aufgegriffen zu sehen, und zwar mit wesentlich mehr Gewicht und einer breiteren öffentlichen Debatte als bisher.
Sehen Sie dies ähnlich? Wie stehen Sie zur Einführung eines "Bedingungslosen Grundeinkommens"?
Sehr geehrte Frau Jannaschk,
tatsächlich hat die Debatte über das bedingungslose Grundeinkommen in der letzten Zeit immer mehr an Bedeutung gewonnen und viele Menschen interessieren sich für die Position von Politikern dazu. Ich freue mich über dieses Interesse. Das bedingungslose Grundeinkommen erscheint auf den ersten Blick gerecht und überzeugend. Nach längeren Überlegungen bleiben für mich aber doch einige Bedenken.
Aus meiner Sicht spielt Arbeit im Leben des Menschen eine wichtige Rolle. Ein Ziel sozialdemokratischer Politik ist es daher, Vollbeschäftigung zu erreichen. Das bedingungslose Grundeinkommen verringert jedoch den Anreiz, aktiv am Arbeitsleben teilzunehmen. Dies hätte unter anderem zur Folge, dass einige Gruppen, beispielsweise Geringqualifizierte, zunehmend an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Der Erfolg eines Sozialstaates bemisst sich meiner Meinung nach nicht allein an der Höhe der materiellen Leistungen, sondern auch an der Unterstützung, die er seinen Bürgern durch verschiedene Fördermaßnahmen bietet. Langfristig soll durch diese Unterstützung gewährleistet werden, dass die Bürgerinnen und Bürger eigenständig und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, wozu ganz wesentlich auch Arbeit gehört.
Der Sozialstaat hat die Aufgabe, Bürgern Sozialleistungen entsprechend ihrer Bedürfnisse bereitzustellen. Die Tatsache, dass das Grundeinkommen eben bedingungslos ist, berücksichtigt gerade diese unterschiedlichen Bedürfnisse nicht. Den zusätzlichen Betrag erhalten nämlich auch Menschen, deren Lebensunterhalt bereits durch Erwerbstätigkeit gesichert ist. Darüber hinaus soll das Grundeinkommen durch eine allgemeine Konsumsteuer finanziert werden, die keine Rücksicht auf die finanzielle Situation der Konsumenten nimmt. Diese einheitliche Steuer soll alle anderen ersetzen und auf Konsumgüter erhoben werden. Sie würde damit alle Bürger gleich stark belasten. Dies empfinde ich nicht als sozial gerecht.
Ziel unserer Politik ist es, bessere Arbeits- und Rahmenbedingungen gerade im Niedriglohnbereich zu schaffen. Dies kann z. B. mit einem Mindestlohn für alle Branchen geschehen. Die SPD befürwortet die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Wegen der ablehnenden Haltung der Union konnten wir einen gesetzlichen Mindestlohn leider noch nicht umsetzen. Allerdings haben wir im Januar den Mindestlohn auf insgesamt acht Branchen ausgeweitet. Ich bin sicher, dass bald weitere Branchen folgen werden und wir so unserem Ziel eines flächendeckenden Mindestlohns Schritt für Schritt näher kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Evers-Meyer