Frage an Karin Evers-Meyer von Günter H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Evers-Meyer,
auch Ihnen, wie bereits Herrn Kammer ,ebenfalls Vertreter des Wahlkreises Wilhelmshaven-Friesland, möchte ich folgende Fragen stellen,:
1 . Wie stehen Sie zu dieser Diäten-Erhöhung?
2. Ob und wie wollen Sie dazu beitragen , die gravierenden Ungerechtigkeiten bei der Versorgung der Abgeordneten zu korrigieren bzw. die lange Liste der zusätzlichen Vergünstigun-gen abzuschaffen und endlich eine ehrliche, transparente und konsenzfähige Lösung für dieses Problem zu installieren (Beispiel NRW) ?
Für mich sind die Abgeordneten-Diäten nicht das große Problem. Die Argumentation mit der Referenz zu den Bundesrichtern dagegen ist für mich eine glatte Zumutung für jeden interessierten und informierten Wähler.
Es ist einfach unanständig, die Diäten mit den Gehältern zu vergleichen, die gesamte Liste der zusätzlichen Abgeordneten -Vergünstigungen dabei aber zu unterschlagen.
Auch die Tatsache, dass die Abgeordneten die Bezüge dieser Bundesrichter festlegen und dieses dann als Referenz zu verkaufen ist für mich ein Skandal.
Es mag sein, dass es immer Probleme mit dem richtigen Zeitpunkt solcher Anpassungen geben kann, aber in Zeiten wo große Teile der Bevölkerung Nullrunden oder sogar Lohn- bzw. Gehaltseinbußen hinnehmen müssen, ist eine selbstverpasste Erhöhung von 16 % einfach völlig instinktlos und zeigt nur mal wieder, wie weit sich unsere Vertreter bereits von den Nöten und Sorgen der normalen Bürger entfernt haben.
Ich hoffe nur, dass möglichst viele Bürger sich bei der nächsten Wahl an dieses Vorgehen noch erinnern, sich von den heute bereits täglich angepriesenen , zweifelhaften Wahlgeschenken nicht korumpieren lassen und unseren "Volksvertretern" dann eine entsprechende Quittung präsentieren werden.
Mit freundlichem Gruß
Günter Hoßbach
Sehr geehrter Herr Hoßbach,
bitte entschuldigen Sie, dass ich mich erst jetzt bei Ihnen melde. Wegen einer Dienstreise nach China ist es mir erst heute möglich, Ihre Fragen zu beantworten.
Zu Ihrer ersten Frage:
Die Koalitionsfraktionen haben nach öffentlicher Kritik und intensiven Diskussionen beschlossen, die Abgeordnetendiäten nicht an die Tarifsteigerung im öffentlichen Dienst und bei Beamten anzupassen. Erst nach den nächsten Bundestagswahlen soll erneut über die Höhe der Abgeordnetendiäten entschieden werden.
Ich trage diese Entscheidung meiner Fraktion mit. Allerdings möchte ich die Gelegenheit nutzen, nochmals auf den Hintergrund der nun verschobenen Anpassung der Abgeordnetendiäten hinzuweisen.
Abgeordnete haben nach Artikel 48 Grundgesetz und der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung („Diät“).
Grundgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schreiben vor, dass die Höhe der Entschädigung durch Gesetz festgelegt werden muss. Es ist daher nicht möglich, die Entscheidung über die Höhe der Abgeordnetenentschädigung an eine unabhängige Kommission zu übertragen. Ebenso ist es ausgeschlossen, die Entschädigung automatisch an Tarifsteigerungen anzupassen. Der Bundestag und damit die Abgeordneten selbst müssen jeweils entscheiden, ob und in welcher Höhe ihre Diäten angehoben werden. Selbst über die Höhe des eigenen Gehalts zu entscheiden, ist nicht einfach. Nicht zuletzt deshalb hat es in den vergangenen 30 Jahren 13 Nullrunden für die Abgeordneten gegeben.
Der Bundestag hat daher im Jahr 2007 die Abgeordnetenentschädigung neu geregelt: Die Abgeordnetendiäten sollen sich an dem Gehalt anderer Amtsinhaber mit ähnlicher Verantwortung und Belastung orientieren. Als Richtgröße gelten dabei die Bezüge von Bürgermeistern kleiner Städte und Gemeinden mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern. Sie erhalten als kommunale Wahlbeamte auf Zeit eine Vergütung der Besoldungsgruppe B6. Im November 2007 wurde auch beschlossen, dass die Diäten der Bundestagsabgeordneten parallel zu entsprechenden Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst bzw. bei Bundesbeamten steigen sollten. Umgekehrt gilt natürlich auch, dass die Diäten nicht steigen, wenn es im öffentlichen Dienst bzw. bei den Bundesbeamten keine Gehaltserhöhungen gibt.
Um die Abgeordnetenentschädigung auf diese B6-Vergütung anzuheben, wurde im November 2007 entschieden, die Entschädigung in zwei Schritten zu erhöhen: Zum 1. Januar 2008 stieg die Abgeordnetenentschädigung um 330 Euro auf 7.339 Euro, zum 1. Januar 2009 wird sie um 329 Euro auf 7.668 Euro angehoben. Damit wird im Jahr 2009 der Stand von B6 im Jahr 2007 erreicht. Zugleich wurde die Steigerungsrate für die Altersversorgung von 3 auf 2,5 Prozent pro Mandatsjahr abgesenkt. Während früher ein Abgeordneter nach acht Mandatsjahren bereits 35 Prozent der Abgeordnetenentschädigung als Altersversorgung erhielt, waren es nach 1995 24 Prozent; seit 2008 sind es 20 Prozent.
Nach dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst im April 2008 steigen für die Angestellten im öffentlichen Dienst und für die Bundesbeamten die Gehälter im Jahr 2008 um 3,1 Prozent und im Jahr 2009 um 2,8 Prozent. Die Abgeordnetendiäten sollten gemäß dem oben beschriebenen Beschluss vom November 2007 parallel um die gleichen Prozentsätze steigen. Allerdings war geplant, die Anpassung jeweils ein Jahr später vorzunehmen.
Die Anpassung der Diäten wurde nun auch für uns Abgeordnete sehr überraschend auf die Tagesordnung gesetzt. Das erklärt meiner Ansicht nach zu großen Teilen die heftige öffentliche Kritik. Gemeinsam mit vielen meiner Kolleginnen und Kollegen musste ich in den vergangenen Tagen einsehen, dass die beschriebene Regelung öffentlich derzeit kaum zu vermitteln ist. Daher unterstütze ich den Beschluss meiner Fraktion, die Abgeordnetendiäten vorerst nicht anzupassen.
Zu Ihrer zweiten Frage:
Inzwischen haben mehrere Bundestagsabgeordnete vorgeschlagen, die Bezüge der Bundestagsabgeordneten ähnlich wie im nordrhein-westfälischen Landtag zu regeln. Dort erhalten die Landtagsabgeordneten seit 2005 eine deutlich höhere Entschädigung. Im Gegenzug müssen sie selbst für Ihre Altersvorsorge und für die mandatsbedingten Kosten aufkommen. Diese Regelung wird offenbar allseits akzeptiert und befürwortet. Ich bin daher dafür, für die Bundestagsabgeordneten ein vergleichbares Modell auszuarbeiten. Wir werden dann sehen, ob sich die Regelung aus Nordrhein-Westfalen auf den Bund übertragen lässt.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Evers-Meyer