Frage an Karin Evers-Meyer von Haiko R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Frau Evers-Meyer,
In den letzten Wochen kommt in diversen Medien immer wieder das Thema Datenschutz auf, insbesondere auch durch die neueste Entwicklung beim Thema Onlinedurchsuchung.
Aufgrund der Medienpräsenz dieses Themas interessiert mich, wie Sie
1) zur Onlinedurchsuchung
2) zur geplanten Vorratsdatenspeicherung
3) zur Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen
stehen.
Die von vielen vorgebrachten Argumente, daß dadurch Verbrechen und/oder Terrorismus verhindert und beschränkt werden können, sind meiner Meinung nach falsch:
1) Die auf diese Art gesammelten Beweise sind teilweise keine Beweise, da sie durch nicht ausreichendes Wissen der Beamten entstehen können. ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24638/1.html )
2) Durch die Vorratsdatenspeicherung wird jeder Bürger unter einen Generalverdacht gestellt. Zusätzlich gibt es schon jetzt Beweise, daß diese Daten zu privaten Zwecken mißbraucht werden. ( http://www.pr-inside.com/de/fortschritt-macht-buerger-glaesern-r46854.htm )
3) Die Verbrechen werden durch die Videoüberwachung nicht verhindert und die derzeitige Aufklärungsrate ist schon auf einem sehr hohen Niveau. Außerdem gibt es aufgrund von Personalmangel bei der Polizei nicht genügend Beamte, die diese Videobänder sichten können.
Mit freundlichen Grüßen
Haiko Reents
Sehr geehrter Herr Reents,
Sie sprechen mit Ihren drei Fragen ein wichtiges Thema an. Letztlich geht es ja darum, inwieweit wir unsere Freiheit einschränken möchten, um unsere Sicherheit zu gewährleisten. Um es ganz klar zu sagen: Ich bin strikt dagegen, Bürgerrechte unnötig einzuschränken. Genauso richtig ist es meiner Meinung aber auch, dass der Rechtsstaat auf neue Entwicklungen im Bereich Kriminalität angemessen reagiert.
1) Onlinedurchsuchung
Die Onlinedurchsuchung kann bei begründetem Verdacht und entsprechender richterlicher Erlaubnis ein sinnvolles Mittel sein, um Verbrechen aufzuklären bzw. Verbrechen zu verhindern. Die Politik muss darauf reagieren, dass im Internet Straftaten begangen oder vorbereitet werden. Sie muss über entsprechende Befugnisse für die Polizei diskutieren und sinnvolle Lösungen erarbeiten.
Die Länderpolizeien nehmen schon seit einigen Jahren solche Onlinedurchsuchungen vor. Auf bundespolitischer Ebene gibt es im Hinblick auf Onlinedurchsuchungen durch das Bundeskriminalamt ebenfalls zahlreiche Befürworter. Ich denke, dass wir hier eine klare gesetzliche Regelung brauchen. Nur so kann bundesweit eindeutig festgelegt werden, wann und inwieweit Onlinedurchsuchungen zulässig sind.
2) Vorratsdatenspeicherung
Deutschland ist als EU-Mitglied verpflichtet, bis Herbst 2007 eine europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Die EU verpflichtet mit dieser Richtlinie ihre Mitgliedstaaten, Speicherungspflichten für bestimmte Telefon- und Internetdaten einzuführen. Die Speicherung dient zu Zwecken der Terror- und Verbrechensbekämpfung für eine Dauer von mindestens sechs und höchstens 24 Monaten.
Die SPD-Bundestagsfraktion nimmt sowohl ihre Verantwortung für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung als auch ihre Verpflichtung für Bürgerrechte ernst. Wir haben unseren Vorbehalt gegen die EU-Regelung zur Vorratsdatenspeicherung erst aufgegeben, nachdem die Bundesregierung in Brüssel einen zufrieden stellenden Kompromiss erzielt hat. Diesem hat letztlich auch das Europäische Parlament zugestimmt. Der deutschen Regierung ist es auf europäischer Ebene gelungen, die Vorratsdatenspeicherung auf das zu reduzieren, was zur Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität tatsächlich erforderlich und angemessen ist. Die Richtlinie enthält Vorgaben für Regelungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit, die mit Sanktionen bewehrt werden müssen. Die Sanktionen sollen insbesondere einen unbefugten Zugriff oder Umgang mit den Daten verhindern und die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen sichern. Wie schon auf europäischer Ebene werden wir auch auf nationaler Ebene bei der Umsetzung der Richtlinie den sachgerechten Interessenausgleich zwischen den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger beachten. Zugleich müssen wir aber auch das Interesse an einer effektiven Strafverfolgung im Blick behalten. Es geht darum, für eine Speicherung mit Augenmaß zu sorgen.
3) Videoüberwachung
Natürlich kann man direkt kein Verbrechen durch Videoüberwachung verhindern. Richtig ist aber auch, dass der Einsatz von Überwachungskameras an Orten mit besonders vielen Straftaten dazu beiträgt, dass neue Überfälle etc. verhindert werden. Ich würde deswegen von einer indirekten Verbrechensbekämpfung sprechen, die durchaus Sinn machen kann. Aber auch hier müssen wir als Gesetzgeber darauf achten, dass der Einsatz von Überwachungskameras nur an Orten erfolgt, wo dies Erfolg verspricht. Vor allem muss aber klar geregelt sein, was mit den Aufnahmen geschieht, also wie lange die Bilder gespeichert werden und zu welchen Zwecken sie eingesehen werden dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Evers-Meyer