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Karin Evers-Meyer
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Frage von Hartmut H. •

Frage an Karin Evers-Meyer von Hartmut H. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Evers-Meyer,

Der in breiter Kritik stehende Gesetzentwurf zum Meldegesetzt soll nach Aussagen von MdB Uhl allen Abgeordneten rechtzeitig vor der Abstimmung im deutschen Bundestag zur Kenntnis gebracht worden sein. Da die SPD gegen die Annahme votiert hat interessiert mich, warum am Abstimmungstag nur so wenige Abgeordnete der Opposition im Bundestag anwesend waren. Es wäre ein Leichtes gewesen, mit größerer " Mannschaftsstärke " die Koalition zu überstimmen, um ihrer politischen Überzeugung zum Erfolg zu verhelfen. Ist die Vermutung erlaubt, dass Abstimmungen im Deutschen Bundestag sich künftig nicht mehr mit " Straßenfegern " im Fernsehen überlappen sollten, um z. B. Gesetze mit der erforderlichen Wertschätzung zu behandeln und zu verabschieden ?

Beste Grüße
Hartmut Herdan

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Herdan,

vielen Dank für Ihre Nachricht an mich vom 10. Juli 2012 bezüglich des Meldegesetzes, die ich Ihnen heute gerne beantworte.

Der von der Bundesregierung bereits im November 2011 vorgelegte Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Meldewesens (Bundestagsdrucksache 17/7746) war eigentlich eine gute Beratungsgrundlage und sah sogar vor, den Datenschutz im Meldewesen zu stärken. Hintergrund des Entwurfs war, dass das Meldewesen mit der Föderalismusreform I in die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes überführt worden war. Mit dem neuen „Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens“ will der Bund diese Gesetzgebungskompetenz ausfüllen und das bisher geltende Melderechtsrahmengesetz (MRRG) aus dem Jahre 1980 mit den Landesmeldegesetzen in einem Bundesmeldegesetz zusammenführen.

Mit ihrem wenige Tage vor den abschließenden Beratungen vorgelegten Änderungsantrag zum neuen Meldegesetz hat die Koalition aus CDU/CSU und FDP dem Datenschutz jedoch einen schweren Schlag versetzt. Anders als im Regierungsentwurf vorgesehen soll für Auskünfte zu Zwecken der Werbung oder des Adresshandels nicht mehr die Einwilligung des Betroffenen erforderlich sein. Die Bürgerinnen und Bürger sollen lediglich der Datennutzung zu diesen Zwecken widersprechen können. Darüber hinaus soll nach dem Willen der schwarz-gelben Koalition der Widerspruch gegen die Weitergabe von Daten für Werbung und Adresshandel insoweit unwirksam sein, als „die Daten ausschließlich zur Bestätigung oder Berichtigung bereits vorhandener Daten verwendet werden“.

Wir Sozialdemokraten haben im zuständigen Innenausschuss am 27. Juni 2012 - einen Tag vor der freitäglichen, spätabendlichen Abstimmung im Plenum - bereits unmissverständlich gegen das Einknicken der schwarz-gelben Koalition vor der Adresshandelslobby Stellung bezogen, wurden aber von der CDU/CSU-FDP-Regierungsmehrheit überstimmt. Da die Mehrheitsverhältnisse im Innenausschuss die gleichen sind wie im Plenum, bleibt uns als Opposition nur der Weg, das zustimmungspflichtige Gesetz im Bundesrat zu stoppen. Über die Länder, in denen die SPD die Regierung führt oder an ihr beteiligt ist, wollen wir verhindern, dass der Bundesrat dem Gesetz in der jetzigen Fassung zustimmt. Eine Debatte im Bundestagsplenum hätte nichts geholfen, schon im Innenausschuss war klar, dass Schwarz-Gelb unseren guten Argumenten für einen verbesserten Datenschutz nicht zugänglich war. Es ist darum eine unglückliche Verzerrung, wenn in den Medien eine Verbindung zwischen der spätabendlichen Verabschiedung im Plenum und dem zeitgleichen EM-Halbfinalspiel hergestellt wird. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Medien selbst unsere Pressemitteilung vom 29. Juni 2012 zur 2./3. Lesung des Gesetzentwurfs offenbar erst mit einwöchiger Verspätung zur Kenntnis genommen haben.

Dass sich Verbraucherschutz-Ministerin Aigner nun plötzlich vom neuen Melderecht ihrer eigenen Koalition distanziert, ist schon eine ganz erstaunliche Kehrtwende. Es war ein gemeinsamer Änderungsantrag von CDU/CSU und FDP, mit dem der ursprünglich datenschutzfreundliche Gesetzentwurf ins Gegenteil verkehrt wurde. So zu tun, als wäre dieser Antrag dem Innenausschuss aus dem Nichts zugeflattert, ist schlechterdings unredlich.

Die SPD wird sich weiter dafür einsetzen, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf den sorgsamen Umgang mit ihren Daten gewahrt bleiben und nicht von Schwarz-Gelb leichtfertig Lobbyinteressen geopfert werden.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort meine Position zum Meldegesetz in deutlicher Form dargelegt zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Karin Evers-Meyer MdB