Frage an Karin Binder von Willibald D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Binder,
Ihre Partei fordert eine stärkere Belastung der Besserverdienenden zugunsten eines Ausbaues des Sozialstaats sowie eine Begrenzung der Einkommen nach oben. Bereits heute verlassen jährlich hunderttausende besserverdienender Leistungsträger, Wissenschaftler, Ärzte, Ingenieure, hochqualifizierte Facharbeiter und Handwerker unser Land, weil in anderen Ländern Steuern und Abgaben geringer und Einkommen höher sind. Ihre Partei, bzw. der Vorläufer Ihrer Partei , die SED, hat damals in der DDR durch Ausreiseverbot und befestigte Grenzanlagen dieser Abwanderung Einhalt geboten. Beabsichtigt Ihre Partei im Falle einer Regierungsübernahme gleichartige Maßnahmen.
In Erwartung einer Antwort güßt Sie
Willibald, Dieter
Sehr geehrter Herr Dieter,
danke für Ihre Anfrage - auch wenn die Polemik, nicht zu übersehen ist.
Leider entgeht Ihnen bei Ihrer Sicht der Dinge, dass die Menschen, die heutzutage im Ausland im Ausland Ihr Auskommen suchen, dies nicht aufgrund der Forderungen der LINKEN tun. Bis auf einige steuerflüchtige Multimillionäre und Rennfahrer tun die Auswandernden dies auch nicht wegen der Steuern und Sozialabgaben in der Bundesrepublik, sondern im Wesentlichen weil sie hierzulande keine adäquate, ihrer Qualifikation und/oder Aufstiegs- u./o. Gehaltsvorstellungen entsprechende Anstellung finden. Diese Situation hat nun gerade nicht meine Partei DIE LINKE verschuldet, sondern die jahrelange neoliberale Politik der wechselnden Bundesregierungen. Auch die aktuelle Regierung findet keine angemessenen Antworten auf die Misere im Gesundheitswesen (abwandernde Ärztinnen und Ärzte) oder auch im Bildungs- und Forschungsbereich (abwandernde Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler). Sie hat mit ihrer unsozialen Politik und ihrem arbeitsmarktpolitischen Versagen auch dafür gesorgt, dass die soziale Schere sich immer weiter öffnet und jetzt auch weite Teile der sog. Mittelschicht von sinkenden Gehältern und Löhnen und von Arbeitsplatzverlust betroffen sind.
Wir fordern im Übrigen nicht - wie Sie behaupten - eine Begrenzung der Einkommen, sondern tatsächlich die Begrenzung der Managervergütungen, die ja wohl unbestritten in vielen Fällen astronomische Summen beträgt und die wohlgemerkt von den Menschen finanziert werden, die die Waren und Dienstleistungen der entsprechenden Konzerne kaufen.
Ja, und selbstverständlich fordern wir eine stärkere Belastung der Besserverdienenden zum Wohl der Allgemeinheit, denn starke Schultern können mehr tragen als schwache. Wir bekennen uns vorbehaltlos zum Prinzip der gesellschaftlichen Solidarität. Denn sie ist das Fundament unseres Sozialstaats und überdies ein in unserer Verfassung verankerter Auftrag.
Freundliche Grüße
Karin Binder (MdB)