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Frage von Thorben L. •

Frage an Karin Binder von Thorben L. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Binder,

Ich interessiere mich für das Thema Ernährung, sowie die damit zusammenhängende Industrie von der Erzeugung von Lebensmitteln bis zum Konsum. Mich interessiert, welches Thema Ihrer Ansicht nach ganz ober auf der Agenda stehen sollte und welche Themen momentan von den Ausschuss Ernährung und Landwirtschaft bearbeitet wird. Wie sieht für Sie die optimale Ernährungspolitik aus? Wo sollte die Politik eingreifen, wo erwarten Sie mehr Eigenverantwortung von Verbrauchern und dem Handel?

Viele Grüße

Thorben Lüdemann

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Lüdemann,

vielen Dank für Ihr Interesse. Das Thema Ernährung betrifft uns alle täglich und ist von hoher Bedeutung. Schließlich beeinflussen die Lebensmittel, die wir essen, auch unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit. Deshalb hat die Politik auch die Pflicht, eine bezahlbare, abwechslungsreiche und gesunde Ernährung zu ermöglichen. Verbraucher können jedoch nur dort eigenverantwortlich handeln, wo ihnen alle Informationen zur Verfügung stehen und sie nicht an der Nase herumgeführt werden.

Ganz oben auf unserer Agenda stehen deshalb die Verbraucher und sichere Lebensmittel. Wir wollen die Position der Verbraucherinnen und Verbraucher weiter stärken. Irreführende Angaben, Werbung, Sponsoring und die allgegenwärtiger Verfügbarkeit von Fastfood, Softdrinks und Süßigkeiten beeinflussen und manipulieren unser Kauf- und Essverhalten enorm.

Häufig sind in Fertiglebensmittel zu viel Zucker, Fett und Salz enthalten. Diese versteckten Dickmacher sind eine Ursache für ernährungsbedingte Beschwerden und Erkrankungen. Das ist ein großes Problem. Weit über die Hälfte der Erwachsenen und 15 Prozent der Kinder in Deutschland sind mittlerweile übergewichtig. Daran trägt die Lebensmittel-Industrie eine Mitverantwortung, da sie keine wirksamen Maßnahmen ergreift, um die hohen Zucker-, Fett- und Salzanteile in ihren Produkten entscheidend zu verringern. Experten weisen dem gegenüber auf einen rückläufigen Trend beim Verzehr von Nahrungsmitteln wie Obst und Gemüse hin. Die EU-Kommission führt aus, dass diese Entwicklung „unter anderem durch die modernen Ernährungstrends hin zu stark verarbeiteten Nahrungsmitteln mit oftmals hohen Beimengungen von Zucker, Salz und Fett verstärkt und durch jüngere Altersgruppen weiter verschärft“ wird.

Die Bundesregierung bleibt weitgehend untätig und begrenzt ihre Aktivitäten auf unverbindliche Empfehlungen und Programme, die oft auch noch von der Ernährungswirtschaft unterstützt werden. Mit Flyern und guten Ratschlägen werden wir die ernährungsbedingten Gesundheitsprobleme aber nicht lösen können.

DIE LINKE schlägt mehre Maßnahmen vor, um eine gesunde Ernährung zu ermöglichen. Dazu zählen eine flächendeckende und kostenfreie Kita- und Schulverpflegung. Denn die in der Kindheit erlernten Essgewohnheiten prägen uns oft ein Leben lang. Zudem brauchen wir verbindliche Qualitätsvorgaben für die Gemeinschaftsverpflegung in Erziehungs-, Bildungs- und Pflegeeinrichtungen sowie in öffentlichen Kantinen. Es bedarf eines Verbots von an Minderjährige gerichtete Lebensmittelwerbung. Denn schon Kleinkinder werden gezielt auf zucker-, fett- und salzreiche Marken fixiert. Wichtig ist außerdem eine verbrauchergerechte Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln durch die "Nährwertampel". Hierbei werden niedrige, mittlere oder hohe Zucker-, Fett- und Salzanteile in grün, gelb und rot auf der Frontseite der Verpackung angezeigt.

Bei der Lebensmittelsicherheit stehen wir vor dem Problem, dass tausende Lebensmittelkontrolleure fehlen und über 400 Kontrollbehörden zuständig sind, zersplittert und verteilt auf Bundesländer und Kommunen. Dem gegenüber stehen globalisierte Lebensmittelkonzerne die Zutaten weltweit zusammenkaufen und europaweit vermarkten. Hinzu kommt: Lebensmittel werden zunehmend im Internet angeboten. Welche Gemeinde und welcher örtliche Lebensmittelkontrolleur soll hier zuständig sein? Wir fordern deshalb, dass der Bund bei überregionalen und internationalen Unternehmen die Verantwortung für die Lebensmittelüberwachung haben muss. Außerdem sollen die Unternehmen an den Kosten der Überwachung beteiligt werden.

Im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft befassen wir uns derzeit mit der Frage einer Ausgewogenen und gesunden Ernährung: Dazu haben wir einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der im Mai 2015 im Ausschuss und im Juni 2015 abschließend im Bundestag behandelt wird (Drucksache 18/3730). Zudem unterstützen wir die aktuelle Forderung der Bundesländer nach einer Gesetzesänderung, die es den Verbrauchern ermöglicht sich jederzeit über die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen in allen Betrieben und Restaurants zu informieren. Auch hier blockiert die Bundesregierung eine sinnvolle Lösung.

Wir diskutieren derzeit auch über die Gefährlichkeit von Pflanzenschutzmitteln, das Problem von Antibiotika in der Tiermast, Gentechnik, eine verbraucherfreundliche Fleischkennzeichnung und immer wieder über das geplante Freihandelsabkommen mit den USA "TTIP". Darüber hinaus befasst sich der Ausschuss mit der "Tierwohl-Initiative" des Bundesagrarministers Christian Schmidt (CSU). Ob diese Kampagne tatsächlich zu mehr Tierschutz führt, ist aber zu bezweifeln. Sollten Sie zu einzelnen Themen nähere Fragen haben, können Sie sich gern wieder an uns wenden oder sich auf http://www.karin-binder.de bzw. HTTP://www.linksfraktion.de informieren.

Herzliche Grüße
Karin Binder (MdB)