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Frage von Eric N. •

Frage an Karin Binder von Eric N. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Frau Binder,

Ich habe einige Fragen zur EU-Krise, besser gesagt zur Griechenland-Krise. Unsere Regierung, allen voran Frau Merkel versäumt es ja, die deutsche Bevölkerung zu informieren: In einem Interview behauptet Bundesfinanzminister Schäuble, Deutschland würde nur Garantien für Griechenland zur Verfügung stellen, und bisher wäre noch kein Euro aus Deutschland nach Griechenland geflossen. Wenn das stimmt, verstehe ich nicht, warum immer voluminösere Schirme gespannt werden müssen, um Griechenland zu retten, wenn das bisher zur Verfügung gestellte Geld nicht benötigt wurde? Gibt es denn einen Punkt, an dem die Bundesregierung sagt, es wird kein Geld mehr zur Verfügung gestellt oder wird Griechenland gerettet, koste es was es wolle? Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie mir ein paar klärende Zeilen schicken könnten!

Mit freundlichen Grüssen

Eric Nagel

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Antwort von
DIE LINKE

Guten Tag Herr Nagel,

bezüglich des weiteren Vorgehens der Bundesregierung kann ich selbstredend auch nur spekulieren. Daher kann ich Ihnen nur meine persönliche Sicht auf die Dinge darlegen.

Ich habe gegen die "Erweiterung des Euro-Rettungsschirms" gestimmt. So bedürfen Entscheidungen, die gravierende negative Folgen auch für kommende Generation haben, in einer parlamentarischen Demokratie der Beratung und demokratischen Beteiligung des Parlaments. Dieser Grundsatz wurde hier durch die Bundesregierung verletzt. So soll nur noch eine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Haushaltsausschuss, nicht aber gegenüber dem ganzen Parlament gelten, womit Parlamentarier unterschiedlicher Rangordnung geschaffen werden. Außerdem kann die Bundesregierung die Parlamentsbeteiligung nunmehr ganz umgehen, wenn sie besondere Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit vorgibt. Dann soll nicht einmal mehr der Haushaltsausschuss, sondern ein aus nur wenigen Mitgliedern des Ausschusses bestehendes Sondergremium entscheiden. Diese Beratungen und Entscheidungen mit weitreichenden Folgen werden am Parlament und an der Bevölkerung vorbei getroffen, was für mich nicht hinnehmbar ist.

Ich habe - genauso wie der Rest meiner Fraktion - die "Erweiterung des Euro-Rettungsschirms" jedoch vor allem deshalb abgelehnt, weil schon die bisherigen Maßnahmen zur Euro-Rettung die Ausweitung der Krise nicht verhindert haben. Im Gegenteil: Die an die „Hilfskredite“ aus dem Rettungsschirm geknüpften radikalen Kürzungsauflagen würgen die Binnenkonjunktur der Krisenländer ab, verhindern eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft und verschärfen die Schuldenkrise. Die Finanzmärkte wurden dadurch nicht beruhigt. Weiterhin werden gegen die sog. Krisenstaaten Wetten abgeschlossen und munter weiter spekuliert. Bereits heute gehen ExpertInnen und Finanzmarktakteure davon aus, dass auch die Aufstockung der EFSF nicht ausreichen wird. Anstatt Konsequenzen aus der gescheiterten Politik zu ziehen, wird der Kurs unerschüttert fortgesetzt. In den Krisenländern bezahlen ArbeitnehmerInnen, RentnerInnen und andere Bevölkerungsgruppen mit Lohn- und Rentenkürzungen. Der größte Sozialabbau der europäischen Nachkriegsgeschichte sorgt dafür, dass private Banken weiter spekulieren können. In Deutschland werden die SteuerzahlerInnen in Haftung für die Milliardenschweren Garantien genommen. Solange die Finanzmärkte nicht strikt reguliert, Banken nicht vergesellschaftet und die Staatsfinanzierung nicht von den Kapitalmärkten abgekoppelt wird, ist diese Krise nicht unter Kontrolle zu bringen.

Mit freundlichen Grüßen,

Karin Binder