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Frage von Thomas K. •

Frage an Karin Binder von Thomas K. bezüglich Wirtschaft

Erweiterung des „Rettungsschirmes“ EFSF

Sehr geehrte Frau Binder,

am 29. September 2011 wird im Deutschen Bundestag über die Erweiterung des „Rettungsschirmes“ EFSF abgestimmt, was für Deutschland eine Steigerung des Haftungsvolumens auf 211.000.000.000 Euro bedeuten würde.
Die Gelder, welche Griechenland bekommt, bewirken nur eine kurzfristige Lösung, welche gleichzeitig die Probleme (Schulden) weiter vergrößert!
Würden zum Beispiel Griechenland heute seine 350.000.000.000 € Schulden erlassen, bräuchte es morgen schon wieder Geld, einfach deshalb, weil seine Wirtschaft niemals mit z.B. Deutschland konkurrieren kann.
Konkurrenzfähig kann Griechenland nur werden, wenn es seine Währung abwerten kann, d.h. aus dem Euroraum austritt!

Wie stehen Sie zum erweiterten „Rettungsschirm“?

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Kauselmann

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Kauselmann,

wie auch die anderen Mitglieder meiner Fraktion, DIE LINKE, habe auch ich aus verschiedenen Gründen gegen die "Erweiterung des Euro-Rettungsschirms" gestimmt.

Dies liegt unter anderem daran, dass schon die bisherigen Maßnahmen zur "Euro-Rettung" die Ausweitung der Krise nicht verhindert haben. Im Gegenteil: Die an die „Hilfskredite“ aus dem Rettungsschirm geknüpften radikalen Kürzungsauflagen würgen die Binnenkonjunktur der Krisenländer ab, verhindern eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft und verschärfen die Schuldenkrise.

Mit dieser Politik wird die Umverteilung von unten nach oben beschleunigt. Sie ist ökonomisch gefährlich, weil die Spardiktate eine ökonomische Belebung der Krisenländer verhindern. Die Überwindung der wirtschaftlichen Ungleichgewichte in der Eurozone und EU ist nicht vorgesehen.

Das europäische Projekt hat jedoch nur dann eine Zukunft, wenn es sozial gerecht, wirtschaftlich vernünftig und demokratisch gestaltet wird. Da die „Euro-Rettung“ in genau die entgegengesetzte Richtung weist, konnte DIE LINKE als Europa bejahende Partei dem nicht zustimmen.

Zur Überwindung der Eurokrise muss vielmehr ein wirtschafts- und finanzpolitischer Kurswechsel eingeleitet sowie ein umfassendes europäisches Aktionsprogramm gegen die Eurokrise, das an deren Ursachen ansetzt, aufgelegt werden.
Unter anderem muss es zu einem unverzüglichen Einstieg in die Umverteilung von oben nach unten kommen, indem die Verursacher und Profiteure der Krise zur Kasse gebeten werden. Dies kann nur über steuerpolitische Maßnahmen (z.B. Finanztransaktionsteuer, wirksame Bankenabgabe, verstärkte Besteuerung von Vermögen) erfolgen. Zudem ist ein Verbot von schädlichen Finanzinstrumenten (z.B. alle Leerverkäufe, ungedeckte Kreditausfallversicherungen) und der Tätigkeit von spekulativ handelnden Akteuren (z.B. Hedge Fonds, Schattenbanken etc.) sowie der Einführung einer öffentlichen Ratingagentur erforderlich.

Notwendig ist m. E. auch ein europäisches Konjunkturprogramm, insbesondere für die Krisenstaaten, denn die Kürzungsprogramme haben sich als kontraproduktiv erwiesen, die Krise in diesen Staaten und damit die konjunkturelle Situation in der EU insgesamt verschlimmert.

Insgesamt brauchen wir außerdem die Revision des Lissabon-Vertrags und einen demokratischen Neustart der EU, da der Vertrag von Lissabon die in der EU vorherrschende marktliberale Politik festschreibt und keine Grundlage für eine sozial und wirtschaftlich tragfähige Anti-Krisenpolitik sein kann.

Mit freundlichen Grüßen,

Karin Binder