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Karamba Diaby
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Frage von Reinhard G. •

Frage an Karamba Diaby von Reinhard G. bezüglich Menschenrechte

Sehr geehrter Herr Diaby,
Beim Deutschlandfunk habe ich kürzlich den Artikel eines Professors für Kultur und Medienwissenschaften gelesen, in dem nicht etwa ein starker Mann, sondern eine starke künstliche Intelligenz gefordert wird:
„Die Zukunft des Menschen Das Versprechen der Künstlichen Intelligenz“ von Roberto Simanowski.
https://www.deutschlandfunk.de/die-zukunft-des-menschen-das-versprechen-der-kuenstlichen.1184.de.html?dram:article_id=488967
Darin wird beschrieben, wie bald eine starke künstliche Intelligenz das „Steuer der Gesellschaft“, beziehungsweise die Macht übernehmen wird.
Zitate: „Wie sich bald herausstellte, war das Beste, was diese Krise mit sich brachte, der Nachweis, wie wenig die Demokratie geeignet ist, die großen Fragen der Menschheit effektiv anzugehen.“
und „Praktisch war die Vollzeitaufsicht der Künstlichen Intelligenz über das menschliche Handeln bald kein Problem mehr ...“ usw. Letztlich würde sich der Mensch mit der künstlichen Intelligenz seinen eigenen Gott erschaffen.
Was sagen Sie zu solchen Gedanken? Können Sie sagen, woher die kommen? Ich vermute, dass die nicht einer für sich alleine hat?
Viele Grüsse

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Großmann,

vielen Dank für Ihre spannende Anfrage zur Künstlichen Intelligenz!

Das Thema Künstliche Intelligenz beschäftigt die Öffentlichkeit, die Journalist:innen und uns Politiker:innen in den letzten Jahren immer mehr. Das Autonome Fahren ist nur ein Aspekt, es geht auch um den Einsatz in der Pflege und vieles mehr.
Daher hat der Bundestag eine Enquete-Kommission eingesetzt, die sich genau mit diesen Fragen beschäftigt hat. Da Sie das Thema interessiert, möchte ich ausdrücklich empfehlen sich mit der Enquete-Kommission "Künstliche Intelligenz - Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale" näher zu beschäftigen, da dort ganz essentielle Debatten unserer Zeit aufgegriffen wurden, die auch in dem von Ihnen zitierten Artikel angesprochen werden.

Die Enquete-Kommission, setzte sich übrigens zu gleichen Teilen aus Mitgliedern des Deutschen Bundestages und sachverständigen Expert:innen zusammen. Der Auftrag war der, den zukünftigen Einfluss der Künstlichen Intelligenz (KI) auf unser (Zusammen-)Leben, die gesellschaftliche Konsequenzen und die Auswirkungen auf die zukünftige Arbeitswelt zu untersuchen. Erörtert wurden sowohl die Chancen als auch die Herausforderungen der KI für uns, die auch unter ethischen Gesichtspunkten diskutiert wurden.

Als Forschungspolitiker:innen haben wir uns mit dem Abschlussbericht der Enquete-Kommission auch im Bildungsausschuss beschäftigt und ich kann Ihnen beispielsweise folgende Lektüre ans Herz legen.
https://dserver.bundestag.de/btd/19/237/1923700.pdf
Ich stimme mit meiner Kollegin Daniela Kolbe überein, die die Enquete-Kommission geleitet hat und fordert, dass wir eine KI brauchen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, der man vertrauen kann und die eine sinnvolle Unterstützung unserer Gesellschaft ist.

Die Bedenken, die häufig geäußert werden und die Sie andeuten, müssen wir alle ernst nehmen. Ich bin als Forschungspolitiker aber trotz gesunder Skepsis auch sehr neugierig und möchte die Chancen, die KI bieten kann, in den Vordergrund stellen. Ein Szenario, in welchem die KI uns "gottähnlich" beherrschen könnte, halte ich nicht für unrealistisch.
Trotz aller Fortschritte in Entwicklung und Forschung ist KI auf einem solchen Level längst nicht angekommen und wird es in den kommenden Jahrzehnten nicht sein.
Tatsächlich kann eine einzelne (sog. schwache) KI - etwa im Navigationssystem im Auto oder im Gesundheitswesen, etwa bei der Durchsicht von MRT-Aufnahmen - sehr viel schneller und sehr viel präziser arbeiten, als ein Mensch das könnte. Darauf sind ihre Fähigkeiten und jeweiligen Systeme aber auch beschränkt. Um z. B. einen Roboterarm mittels Künstlicher Intelligenz so zu programmieren, dass er einen Schlüssel in ein Schlüsselloch steckt, bedarf es sehr großer Recheneinheiten und sehr viel technischen Know hows der entsprechenden Fachleute. Jedes Kind ist einer KI hier überlegen. Die Gefahr, dass eine sog. "starke KI" die "Kontrolle über die Gesellschaft" erlangt, ist aus meiner Sicht eine dystopische Vorstellung.
Die Herausforderungen durch KI sind ganz anders gelagert: Die Art und Weise, wie wir leben und vor allem arbeiten, wird sich verändern. Arbeitsplätze werden verschwinden - tatsächlich auch und vor allem solche, die körperlich belastend sind - und neue werden entstehen. Diese Entwicklung muss mit Bildung, auch mit Aus- und Weiterbildung, flankiert werden. Menschen müssen befähigt werden, Entwicklungen in ihren Berufsfeldern mitmachen zu können. Es stellen sich auch eine Reihe ethischer Fragen, die uns im Bundestag beschäftigen werden. Klar ist: Künstliche Intelligenz wird sich als Technologie so durchsetzen, wie zuvor z.B. die Elektrizität. Es ist aber unsere Aufgabe, die Entwicklung politisch und gesellschaftlich zu begleiten.

Sehr geehrter Herr Großmann,
Künstliche Intelligenzbietet uns als Gesellschaft viele Chancen. Einige Ausblicke können Sie dem Bericht entnehmen. Wir werden die Forschung und die Zulassung neuer Technologien im Bundestag aber immer kritisch begleiten und hinterfragen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen einige Antworten und Anregungen geben konnte. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern jederzeit zur Verfügung.

Nette Grüße
Karamba Diaby

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