Frage an Karamba Diaby von Babette F. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Karamba Diaby,
1 Was ist aus Ihrer Sicht die Ursache des demografischen Wandels in Sachsen-Anhalt und wie sollte man damit politisch umgehen (bitte eine kurze Antwort)?
2 Wie kann aus Ihrer Sicht die Bundespolitik zur Stärkung des ländlichen Raumes in Sachsen-Anhalt beitragen?
3 Wie wird sich der ländliche Raum entwickeln, wenn so viele Grundschulen geschlossen werden, wie dies die CDU/SPD-Landesregierung in Sachsen-Anhalt vorhat?
4 Kann bzw. soll aus Ihrer Sicht die SchulentwicklungsVO des Landes vom 30.5.2013 aufgehoben werden? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.
5 Welche Chancen sehen Sie, die Schließung vieler Grundschulen in Sachsen-Anhalt zu verhindern?
Herzlichen Dank für Ihre Antworten auf dringende Fragen besorgter Eltern!
Liebe Frau Fischer,
auch wenn ich nicht in Ihrem Wahlkreis kandidiere, komme ich dennoch gern Ihr Bitte um Antworten auf Ihre Fragen nach:
(1) Die Ursachen für den demografischen Wandel - also die Änderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung - sind vielfältig. Neben den seit Jahrzehnten vorherrschenden zu geringen Geburtenraten (die Fertilitätsrate schwank je nach Studie zwischen 1,3 und 1,6 Kindern pro Frau) spielen insbesondere Lebenserwartung und Wanderungssaldo eine Rolle. Neben den niedrigen Geburtenraten spielen seit der Wende insbesondere der Wegzug vieler - vor allem jüngerer - Menschen vom Land in die Städte und Ballungszentren (Magdeburg und Halle) sowie in die westdeutschen Bundesländer eine Rolle.
(2) Um die Lebensqualität und Attraktivität ländlicher Räume zu erhöhen, sieht die SPD verschiede Möglichkeiten. Die Bundespolitik kann in Kooperation mit den Landesregierungen bspw. im Rahmen von Förderprogrammen Projekte (z.B. im Bereich der sozialen, kulturellen sowie Verkehrsinfrastruktur) initiieren, die den Zuzug in den ländlichen Raum stärkt. Zu nennen sind hier der Ausbau der Breitbandnetze, um die digitale Vernetzung zu erhöhen - heute ein entscheidender Standortfaktor. Zudem können über Kooperationen auf regionaler Ebene Konzepte zur Sicherung der Daseinsvorsorge initiiert und umgesetzt werden. Über integrierte Entwicklungskonzepte können Schwerpunktsetzungen bei der Wirtschafts- und Strukturförderung erfolgen. Zudem kann über bundespolitische Maßnahmen die Ernährungs- und Landwirtschaft gezielt gefördert werden (z.B. bei der Weiterentwicklung von Vermarktungsstrategien).
(3)
Schulen sind ein wichtiger Standortfaktor. Ebenso muss weiterhin das Prinzip "Kurze Beine, kurze Wege" gelten, also dass Grundschulkinder möglichst wohnortnah eingeschult werden können. Demgegenüber steht eine immer weiter sinkende Zahl an Einschulungen bzw. Grundschülerinnen und -schülern. Wir werden deshalb sowohl aus Gründen der Finanzierung als auch aufgrund pädagogischer Gesichtspunkte (viel zu kleine Lerngruppen usw.) nicht umhinkommen, Schulen nach Überprüfung der Situation vor Ort, zu schließen. Das ist bedauerlich, aber im konkreten Einzelfall nicht zu ändern. Welche weiterführenden Auswirkungen die jeweilige Schulschließung mit sich bringt, kann m.E. aufgrund des Zusammenspiel der komplexen Faktoren nicht pauschalisiert werden, sondern muss für den Einzelfall abgeschätzt werden.
(4) Die Schulentwicklungsverordnung in der aktuellen Fassung zu revidieren, halte ich angesichts der derzeitigen Haushaltslage im Land und den Kommunen für falsch. Eine Landesregierung z.B. hat m.E. die Aufgabe, aus einer ganzheitlichen Perspektive für das Land Politik zu machen. Hier sind Schwerpunktsetzungen angesichts der aktuellen Haushaltslage dringend von Nöten. Dazu gehört aus meiner Sicht, dass in allen Politikbereichen geschaut wird, wo Effizienzsteigerungen möglich sind. Wir dürfen uns nicht kaputtsparen, und das heißt für ein weitestgehend ländlich strukturiertes Bundesland auch, Schulen in der Fläche aufrecht zu erhalten. Aber es ist m.E. auch nicht mehr zu erklären, wenn Schulen mit einem hohen Kostenaufwand für Land und Kommune finanziert werden, die einzügig aufgestellt sind und weniger als 50 Schülerinnen und Schüler haben.
(5) Ich sehe im von der SPD eingebrachten Konzept der Gemeinschaftsschule eine Möglichkeit, Grundschulen in Kooperation mit weiterführenden Schulen künftig auch in der Fläche aufrechtzuerhalten. Zudem streben wir als SPD gemeinsam mit den GRÜNEN an, in der kommenden Legislaturperiode das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich endlich zu beseitigen. Damit wäre der Weg frei, dass der Bund direkt die Länder in Fragen der Bildung (Kitas, Schule, Hochschule) finanziell unterstützt. Damit könnte auch wieder über die Finanzierung kleinerer Schulen in Sachsen-Anhalt diskutiert werden. Das Problem ist aber, dass sich insbesondere die CDU-geführten Landesregierungen dagegen sträuben. Sie haben am 22. September 2013 die Möglichkeit, mit Ihrer Stimme dagegen ein Zeichen zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.
Karamba Diaby