Frage an Jutta Straub von Dirk W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Straub.
Sie geben an dass Sie für befristete Arbeitsverträge sind. Dauzu möchte ich Ihnen meine Erfahrung schildern: Vor 11 Jahren habe ich aus Existenzängsten einen Zweijahresvertrag in Frankfurt abgelehnt. Ich will dies auch begründen: Ich war bereits fast 20 Jahre im öffentlichen Dienst als Arbeiter beschäftigt. Nach der Meisterprüfung habe ich mich von Solingen nach Frankfurt auf die Stelle in Ffm beworben. Meine Söhne waren erst 10 Jahre alt. Ich riss mit dem Stellenwechsel meine Familie aus dem sozialen Umfelt, aus der alten Heimat. Was wäre gewesen, wenn in den zwei Jahren befristeter Arbeitsvertrag die Stadt Frankfurt, mein neuer AG, beschlossen hätte die Stelle aus irgendwelchen Gründen zu streichen? Ich wäre nach 20 Jahren in einem ziemlich sicheren Job in SG plötzlich arbeitslos gewesen. Mit der Verantwortung für eine Familie und Schulden nach Meisterschule und Umzug. Ich habe bei meinem alten AG die Türe hinter mir zugeschlagen. Es mag Berufe geben, wo man aufgrund hoher Qualifikation keine Probleme hat Arbeit zu finden. Aber für gering Qualifizierte oder seltene Berufe wie meinen (Theatermeister) bedeuten die 24 Monate Befristung Stress! Ich konnte meinen neuen AG davon überzeugen mir einen Festvertrag mit 3 monatiger Probezeit zu geben. Den Zweijahresvertrag hätte ich nie unterschrieben, vielleicht hätte damit aber auch mein beruflicher Aufstieg nie stattgefunden. Heute leben meine Familie und ich glücklich in Hanau. Wenn Sie ohne Einschränkung für die Möglichkeit von Befristung stimmen, denken Sie bitte einmal über meine Geschichte nach. Es geht wie gesagt um Existensängste. Nun meine Frage: Können Sie sich auch Beschränkungen von Befristungen vorstellen?
Sehr geehrter Herr W.,
ich bitte Sie um Entschuldigung für die späte Antwort, leider komme ich erst jetzt dazu.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist mir seit vielen Jahren ein Herzensanliegen in meiner (ehrenamtlichen) politischen Tätigkeit. Auch beruflich im Eigenbetrieb der Hanauer Kindertagesbetreuung setze ich mich dafür ein, dass Eltern sich nicht zwischen Job oder Kindern entscheiden müssen, sondern durch eine gute Betreuungsmöglichkeit beides miteinander verknüpfen können. Die SPD Hessen möchte in diesem Zusammenhang die 100prozentige Beitragsbefreiung, was ich ausdrücklich unterstütze, aber das nur am Rande.
Ganz zu Beginn der Familiengründung, steht der Mutterschaftsurlaub und die Elternzeit. Als Mutter von zwei Kindern weiß ich persönlich genau wie wichtig die persönliche Versorgung des gerade zur Welt gekommenen Nachwuchses ist. Ich halte von einer direkten Rückkehr zum Arbeitsplatz nach 3 Monaten eher wenig, im Gegensatz müsste man eigentlich überlegen die Elternzeit auszubauen.
Allerdings ist es mir vollkommen klar, dass Unternehmen, sobald Arbeitnehmer in Mutterschaftsurlaub oder Elternzeit gehen, eine zeitweise Vertretung benötigen, mit anderen Worten eine sachbezogene Befristung.
Dies ist ein Beispiel, weshalb ich der These "Zeitlich befristete Arbeitsverträge sind erforderlich, damit Unternehmen flexibel sein können." erstmal zugestimmt habe, auch wenn sie natürlich zu pauschal gestellt ist.
Was sie schildern in Ihrem Fall ist die sachgrundlose Befristung. Übrigens bewundere ich Ihren Mut den befristeten Vertrag abzulehnen. Ich kenne Fälle von Bekannten, die ähnliche Verträge unterschrieben haben, aus Angst am Ende ohne Arbeit und Einkommen dazustehen.
Diese Herangehensweise ist ein Unding, vor allem, wenn die Arbeitnehmer dann mit Kettenverträgen abgespeist werden. Die SPD hat die klare Haltung eine sachgrundlose Befristung zu verbieten. Übrigens wollen wir uns auch an die eigene Nase fassen. Die meisten Befristungen hier werden vom Land Hessen als Arbeitgeber vergeben. Manchmal begründet, z.B. wenn Doktoranden während ihrer Promotionszeit an der Universität arbeiten. Manchmal aber auch absolut unverständlich, z.B. wenn Lehrer nur bis zu den Sommerferien einen Vertrag bekommen. Das wollen wir in Zukunft ändern und auch das ist ein Grund, warum wir einen Politikwechsel in Hessen anstraben.
Vielen Dank nochmal für Ihre Frage und vor allem für Ihre persönliche Geschichte. Da Sie in meiner Heimatstadt Hanau wohnen besteht ja die Chance, dass wir uns mal zufällig auf der Straße oder auf einer Veranstaltung treffen.
Ich wünschen Ihnen noch einen schönen Tag.
Mit freundlichen Grüßen
Jutta Straub