Frage an Jutta Steinruck von Tobias H. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Steinruck,
mit Bestürzung verfolge ich die Entwicklungen in Bezug auf den Lärmschutz in der Region Frankfurter Flughafen und absehbar auch noch Europa weit. Es ist unfassbar, wie einige wenige (nicht-betroffene) Politiker und Luftfahrt-Lobbyisten mit Erfolg in Hessen, Berlin und Brüssel daran werkeln, der gesamten Region körperlichen und materiellen Schaden zuzufügen, nur um eventuelle Gewinnsteigerungen der Flughafenbetreiber und Fluggesellschaften zu sichern.
Bestürzt bin ich über dieses Papier:
„Vorschlag für VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen
der Union im Rahmen eines ausgewogenen Ansatzes sowie zur Aufhebung der
Richtlinie 2002/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates“ (Brüssel, den 1.12.2011
KOM(2011) 828 endgültig,2011/0398 (COD))
Offensichtlicher kann man die wirtschaftlichen Interessen nicht über Gesundheit stellen, wie in diesem Vorschlag definiert. Bitte unternehmen Sie im Namen der betroffenen Bevölkerung etwas dagegen und widerstehen Sie dem unerträglichen Lobbyismus, der nur wenigen die Milliarden bringt, aber vielen die Gesundheit raubt.
Sollte das unter größten Anstrengungen seitens der Betroffenen errungene Nachtflugverbot auf deutschen Flughäfen durch die EU-Kommission ausgehebelt werden, so führe dieses, neben der erheblichen Lärmbelästigung, auch zu einer großen EU- und Politikverdrossenheit.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Hoffmann
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
Zunächst einmal möchte ich mich für Ihre Mail bedanken.
Auslöser für die Diskussion ist der von der Kommission vorgelegte Vorschlag der "VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Union im Rahmen eines ausgewogenen Ansatzes sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2002/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates", der dem Europäischen Parlament Ende letzten Jahres übermittelt wurde.
Dazu möchte ich sagen, dass dieser Vorschlag zwar aus mehreren Gründen zu hinterfragen ist - jedoch das Thema Lärmgrenzwerte im Vorschlag der Kommission gar nicht behandelt wird. Das heißt, der Vorschlag legt keine Zielwerte für Lärmpegel fest, diese sollen weiterhin von nationalen und örtlichen Vorschriften abhängen. Eine etwaige Herauf- oder Herabsetzung der Grenzwerte ist daher auch durch diese Verordnung nicht möglich. Sie beschäftigt sich ausschließlich mit dem Verfahren zum Erlass lärmbedingter Betriebsbeschränkungen.
Ich teile Ihre Sorgen und Bedenken über den Fluglärm und den damit in Verbindung stehenden Ärger für Anrainer in flughafennahen Gebieten. Die Lärmbelästigung, egal ob sie zur gesundheitlichen Beeinträchtigung führt oder nicht, ist für Anrainer im Großraum Frankfurt eine enorme Belastung. Dass Gesundheit wichtiger wiegt als wirtschaftliche Interessen ist meines Erachtens selbstverständlich. Es darf nicht sein, dass das Wohl und der Schutz unserer BürgerInnen hinter Wettbewerb und Handel gestellt werden. Wie jedes Mal, wenn es zu einem Spannungsverhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Grundrechten kommt ist es mir ein besonders großes Anliegen, mich für die Bevölkerung stark zu machen und diese zu unterstützen. Keinesfalls dürfen BürgerInnen mutwillig übergangen werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Jutta Steinruck MdEP
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
Ich habe in der letzten Zeit sehr viele Nachrichten zum Thema Fluglärm
bekommen. Den Ärger der Betroffenen kann ich nachvollziehen.
In dem von Ihnen genannten Vorschlag schreibt die Kommission die
Konsultation der vom Fluglärm betroffenen Anwohner unter Artikel 5 vor. Die
EU-Kommission nimmt sich allerdings in Artikel 10 des genannten Vorschlags
das Recht heraus, Betriebsbeschränkungen vor der Anwendung zu überprüfen und
möglicherweise zeitweise auszusetzen, nicht aber sie gänzlich aufzuheben.
Über diesen Artikel und über den Anhang II (Bewertung der Kosteneffizienz
lärmbedingter Betriebsbeschränkungen) wird sicherlich im kommenden
Gesetzgebungsverfahren kritisch diskutiert werden. So schlägt die Kommission
zum Beispiel vor, dass die zuständigen Behörden in die "Bewertung der
Kosteneffizienz lärmbedingter Betriebsbeschränkungen" die Gesundheit und die
Sicherheit der Flughafenanwohner aufnehmen "können".
Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren hat in diesem Fall erst begonnen. Das
bedeutet, dass an dem Vorschlag der Kommission noch Änderungen vorgenommen
werden können. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Gesundheit und die
Sicherheit der Flughafenanwohner als Bewertungskriterium aufgenommen werden
müssen. Auch die von Kurt Beck geführte Rheinland-Pfälzische Landesregierung
ist bereits sehr aktiv für mehr Gesundheitsschutz der Anwohner und gemeinsam
mit dem neuen Mainzer Oberbürgermeister habe ich bereits Anfang des Jahres
einige Veranstaltungen sowie eine gemeinsame Presseerklärung verfasst. Wir
werden hier nicht die wirtschaftlichen Interessen über den Lärmschutz
stellen.
Herzliche Grüße
Jutta Steinruck