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Jutta Paulus
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Frage von Wolfgang M. •

Frage an Jutta Paulus von Wolfgang M. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Paulus,

Ich bin irritiert, daß fast ausschließlich bezüglich Corona in den Medien die erheblichen Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft seitens der EU behandelt werden. Der auffallend schlechte Zustand des Gesundheits- und Pflegesystems in vielen EU-Ländern wurde in Sachen Corona offenbar. Die Berichterstattung über die damit erforderliche Verbesserung des Gesundheits- und Pflegesystems in den besonders betroffenen Ländern fällt medial hinten herunter. Ob und was in den einzelnen Ländern dafür inzwischen getan wurde oder in Kürze getan wird, ist für mich unklar.
Daher habe ich folgende Fragen an Sie:

Welche Maßnahmen haben das europäische Parlament oder andere EU-Institutionen inzwischen beschlossen, um direkt von der EU ausgehend oder die einzelnen Mitgliedstaaten unterstützend die erheblichen Mängel in den Krankenhäusern und in den Pflegeeinrichtungen in einzelnen Mitgliedstaaten zu beheben, die durch den Corona-Virus sichtbar wurden, kurzfristig und dauerhaft; beispielsweise in Italien und Spanien?

Inwieweit sind diese bereits umgesetzt?

Wieviel Geld wurde jeweils dazu für die Staaten zur Verfügung gestellt? Reichen diese Gelder vollumfänglich aus ihrer Sicht aus?

Wird von der EU überprüft/beraten, daß bei der Wiederholung einer solchen Epidemie Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen deutlich besser damit fertig werden?

Wird die Anzahl der Intensivbetten pro 100.000 Einwohner verpflichtend auf einen Standard festgelegt, beispielsweise den jetzt erreichten deutschen?

Gibt es aufgrund der Erfahrungen mit Corona jetzt weitere Bestrebungen, für das Gesundheits- und Pflegesystem innerhalb der EU Garantiestandards einzuführen, welches EU-Bürger hinsichtlich der Versorgung erwarten dürfen?

Erhoffen sich die EU / die Mitgliedstaaten bzw. Privatkliniken Investitionen in das Gesundheits- und Pflegesystem in den Corona-relevanten Bereichen einsparen zu können, in dem man auf einen Corona- (und Grippe-)Impfstoff setzt, mit dem weitgehend die gesamte Bevölkerung regelmäßig geimpft werden soll; und die entweder event-bezogen (WHO stellt Pandemie fest) oder jährlich verabreicht wird?

Viele Grüße
W. M.

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Sehr geehrter Herr Meyer,

Danke für Ihre freundliche Anfrage.
Im Gesundheitsbereich liegt die Handlungs- und Entscheidungskompetenz ausschließlich bei den Mitgliedsstaaten. Aus diesem Grund sind die Gesundheitssysteme der Mitgliedsstaaten (und deren Finanzierung) auch ausgesprochen heterogen. Es ist daher rechtlich nicht möglich, finanzielle oder organisatorische Unterstützung speziell für Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen auf EU-Ebene anzustoßen; ebenso wenig kann die EU Standards für die medizinische oder pflegerische Versorgung setzen. Trotz der in dieser Pandemie gemachten Erfahrungen halten die Mitgliedsstaaten eisern daran fest, dass Gesundheitspolitik ausschließlich nationale Kompetenz sein sollte. Zur Erinnerung: schon Anfang Februar hatte ECDC (das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten, sozusagen das europäische RKI) alle Mitgliedsstaaten über die mögliche Entwicklung der Pandemie informiert; die Kommission hat angeboten, gemeinsam Schutzkleidung, Beatmungsgeräte, Desinfektionsmittel zu bestellen. Alle (!) Mitgliedsstaaten haben dankend abgelehnt, sie seien bestens vorbereitet.
Im Sommer hat die EU-Kommission mit dem Programm EU4Health einen ersten Schritt vorgeschlagen, wie wenigstens im Krisenfall eine gemeinsame Gesundheitspolitik aussehen könnte. Die Pressemitteilung dazu finden Sie hier: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/QANDA_20_956

Leider hat der EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs bei seiner Julitagung ausgerechnet dieses Programm drastisch zusammengestrichen: von den ursprünglich vorgesehenen 9,4 auf 1,7 Mrd. Euro, sodass seine Wirksamkeit äußerst fragwürdig ist.

Mit freundlichen Grüßen
Jutta Paulus

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