Frage an Jutta Kodrzynski von Kerstin E. bezüglich Umwelt
Frage zum Thema Umwelt
Sehr geehrte Frau Kodrsynski,
mit Befremden habe ich zur Kenntnis genommen, dass auch 2011 die Harley Days stattfinden sollen - ein Abschiedsgeschenk der CDU an die "Umwelthauptstadt"? Ende Juni werden also wieder -zigtausende stolze Harley-Besitzer ihre von der komplett abgasbenebelten Lokalpresse stets als "Kultmotorräder" bezeichnete Zweiräder aus der Garage holen und sich auf den Weg nach Hamburg machen.
Dort heizen dann alle mit "sattem Blubbern" (Lokalpresse) von Donnerstagabend bis Sonntagmittag ununterbrochen die Reeperbahn rauf und runter und kurven gern auch durch die Nebenstraßen, und das ist nicht auszuhalten. Schon ein einziger von diesen Knatterpötten ist so laut, dass Fensterscheiben klirren und Wände erzittern. Wer irgend kann, flüchtet aus der Stadt. Wer das nicht kann, ist zu bedauern.
Es gibt wohl nur einen Grund, warum diese dreitägige Folterveranstaltung seit 2003 jedes Jahr wieder genehmigt wird: Geld - Hotels und Gastronomie freuen sich. Wie es Anwohnern geht, ist den gewählten Volksvertretern offenbar herzlich egal. Es spielt übrigens keine Rolle, ob die zentralen Veranstaltungen im Freihafen, auf dem Großmarkt oder sonstwo stattfinden, alle innenstadtnahen Viertel haben auf jeden Fall unter dem Lärm zu leiden.
Nun wüsste ich gern: Was werden Sie persönlich bzw. Ihre Partei dafür tun, dass auch die Bewohner der Innenstadt künftig vor Event-Exzessen wie den Harley Days und ähnlichem Unfug (z. B. dem Schlagermove, einer Großveranstaltung für jugendliche Trinker) verschont werden? Wer solche Ereignisse toll findet, womöglich noch "Toleranz" einfordert oder mit dem dämlichen Argument kontert, man solle doch an den Stadtrand ziehen, den werde ich ganz bestimmt nicht wählen. Ich wohne seit 34 Jahren auf St. Pauli. Ruhig war es hier nie, dafür hat der Stadtteil andere Vorzüge. Aber auch für uns hier gibt es Grenzen des Zumutbaren.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Eitner
Sehr geehrte Kerstin Eitner,
vielen Dank für Ihre Frage die ich gern beantworte.
Frau Eiter, ich teile Ihr Befremden. Zwischenzeitlich hat es anscheinend, wie ich dem Hamburger Abendblatt entnehmen konnte, sogar einen Vertrag zwischen dem Restsenat und dem Veranstalter darüber gegeben, dass diese höchst überflüssige Veranstaltung in den nächsten fünf Jahren stattfinden kann.
In Bezug auf die "Harley Days" hat sich die GAL Hamburg-Mitte seit 2003 um das Thema gekümmert. Im Sommer 2007 unterstützte der Kreisverband eine Klägerin aus der Feldstrasse mit einer Ausfallbürgschaft, die vor dem Verwaltungsgericht gegen eine immissionsrechtliche Ausnahmegenehmigung für die "Harley Days" auf dem Heiligengeistfeld klagte. Die Klage war nur teilweise erfolgreich, es gab Lärmschutzauflagen und Lärmmessungen. Die "Harley Days" fanden aber 2007 und 2008 (zusammen mit dem "EM-Fanfest"!) auf dem Heiligengeistfeld statt.
Die GAL Mitte spricht sich schon seit Jahren gegen den Anstieg lärmintensiver Veranstaltungen in der Innenstadt, und damit vor allem in St. Pauli und der Neustadt, aus, da diese die Wohnqualität verschlechtern und der Belebung der Innenstadt durch mehr Wohnen für Familien entgegenstehen. In Wohnquartieren muss ein sinnvoller Ausgleich zwischen Vitalität und Ruhe gefunden werden können. Die Bezirksfraktion der GAL im Bezirk Mitte, zu der ich auch gehöre, setzte dies in den letzten Jahren auch in konkrete Politik um, z.B. durch die Verlagerung auf den Großmarkt.
In unserem aktuellen Wahlprogramm setzten wir uns dafür ein, dass die "Harley Days" nur noch alle zwei Jahre, und dann auch nur auf dem Großmarktgelände, stattfinden. Die Spitzenkandidaten von CDU und SPD, Herr Ahlhaus und Herr Scholz, sind aber meiner Kenntnis nach beide für jährlich stattfindende "Harley Days". So haben sie sich jedenfalls bei ihrem "Fernsehduell" geäußert!
Sie haben aber auch nach meiner persönlichen Meinung gefragt. Hamburg führt gerade mit großem Aufwand eine Lärmaktionsplanung durch. In diesem Rahmen wurden Hamburgweit verlärmte Straßen und Gegenden der Stadt identifiziert, beschrieben und es werden Maßnahmen zur Lärmverringerung geprüft.
Wir reden über das Verlegen von Flüsterabfall und alle sind sich einig, dass Lärm krank macht.
Ich bin als stellvertretende Vorsitzende der Bezirksversammlung Hamburg - Mitte und GAL-Mitglied aktiv in diesem Prozess eingebunden. Ich halte eine Veranstaltung wie die Harley Days schlicht für einen Anachronismus. Ich habe deshalb auch in der Stadtteilkonferenz Neustadt dafür geworben, die zunehmende Lärmbelastung in der Neustadt, es handelt sich um die gleichen Veranstaltungen die auch Sie aufzählen, zu thematisieren. Wir konnten die Heinrich Böll Stiftung für eine Veranstaltung zu diesem Thema gewinnen. Am 31.03.2011 wird es eine erste Veranstaltung zum Thema Lärmbelastung in der Neustadt geben. Sie sind herzlich hierzu eingeladen, da die Lärmproblematik in beiden Stadtteilen die gleiche ist.
Dass der Spielbudenplatz in St. Pauli wieder als Veranstaltungsort für die "Harley Days" genutzt wird, finde ich nicht gut, denn damit werden natürlich BesucherInnen, mit und ohne Motorrädern, dorthin gelockt und es führt sicher zu höheren Lärmbelastungen auch in der Nachbarschaft. Allerdings kann "die Politik" zur Zeit wenig dagegen tun, da die Eventfläche Spielbudenplatz von einer privaten Betreibergesellschaft bewirtschaftet wird.
Im Jahr 2010 ist nur eine einzeige Beschwerde bei der Polizei aktenkundig geworden. Ohne eine entsprechend deutliche bzw. massive "Beschwerdelage" ist es sowohl rechtlich als auch politisch schwierig, den Antrag des Veranstalters abzulehnen oder nur mit harten Auflagen zu genehmigen. Dies gilt übrigens auch für den "Schlagermove". und andere Großveranstaltungen wie die "Cruise Days", die "Cyclassic". Sehr geehrte Frau Eitner, dies ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt und ich werde weiterhin alles versuchen die Lärmbelastung in den innerstädtischen Bereichen der Stadt zu reduzieren.
Mit freundlichen Grüßen
Jutta Kodrzynski