Frage an Jutta Herzner-Tomei von Katharina G. bezüglich Frauen
Wie stehen Sie zur aktuellen Stalking-Gesetzgebung und den geplanten Änderungen?
Stalking ist seit 2007 ein Straftatbestand. Es gibt hierfür kein eigenes Gesetzbuch. Juristisch spricht man von einer "Nachstellung", diese ist im besonderen Teil des Strafgesetzbuchs als Paragraph 238 bei den Straftaten gegen die persönliche Freiheit zu finden. Das Strafgesetzbuch ist Angelegenheit des Bundes, für seine Ausgestaltung ist der deutsche Bundestag, nicht der bayerische Landtags zuständig.
Schlimme Verbrechen, wie die Geiselnahme von Ingolstadt lehren uns, dass aus relativ harmlosen Annäherungsversuchen auch bitterer Ernst werden kann. Der Gesetzgeber hat 2007 diesen relativ neuen Straftatbestand geschaffen, um Opfer von Nachstellung besser schützen zu können. Es ist möglich, gegen die Stalkerin oder den Stalker vor Gericht eine einstweilige Anordnung und damit ein Kontaktverbot nach Maßgabe des Gewaltschutzgesetzes zu erwirken. Ein Verstoß hiergegen kann empfindliche Konsequenzen nach sich ziehen. In den allermeisten Fällen ist diese Vorgehensweise hilfreich, noch bevor es zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers kommt.
In der Diskussion steht nun, dass der Strafatbestand des Stalkings erst mit der Verwirklichung so einer Beeinträchtungung erfüllt ist, also erst, wenn der Schaden bereits angerichtet ist. Das sei für die Prävention nicht weitreichend genug. Auch was eine "erhebliche" Beeinträchtigung ist, ist Auslegungssache. Da in sehr schweren Fällen wie dem oben beschriebenen eine ganze Fülle von Straftatbeständen erfüllt werden und die Täter hier mit erheblicher Strafe rechnen können, halte ich eine massive Ausweitung des §238 StGb für nicht erforderlich. Ich gehe nicht davon aus, dass jemand, der so weit geht, sich vorher mit seinem Rechtsanwalt berät und dann das ihm drohende Strafmaß bewusst in Kauf nimmt, eine Verschärfung wäre also aktionistisch und nicht hilfreich.
Gleichwohl könnte man darüber nachdenken, ob eine Nachstellung nicht schon besteht, wenn Taten "dazu geeignet sind", die Lebensgestaltung des Opfers erheblich zu beeinträchtigen. Ich mahne hier aber auch Augenmaß an, es kann nicht Ziel sein, möglichst viele Menschen zu kriminalsieren, die eigentlich harmlos sind.