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Jürgen Büssow
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Frage von Peter W. •

Frage an Jürgen Büssow von Peter W. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Büssow,

was gedenkt die Politik dagegen zu tun, dass jedes Jahr soviel junge Unternehmen, insbesondere die von Ihren Arbeitgebern in die Zwangsselbstständigkeit entlassenen Ich-A.G.s, gezwungen sind, Insolvenz anzumelden und die Menschen danach einen Haufen Schulden am Bein haben? Gibt es keine Möglichkeiten, diesen Menschen vorab eine kostenlose, neutrale Beratung und Begleitung für alle möglichen Auflagen und Szenarien an die Seite zu stellen und Ihnen die möglichen Fallstricke der Selbstständigkeit aufzuzeigen?

Was unternimmt die Politik gegen die sehr zurückhaltende Kreditgewährungspraxis der Banken, die die eigentlichen Verursacher der weltweiten Finanzkrise sind, gegenüber Firmen, die zu Opfern dieser Finanzkrise werden könnten und deren Existenz durch die fehlende oder zumindest sehr eingeschränkte Kreditvergabe der Banken sehr stark gefährdet ist? Kann man hier die Banken nicht mehr in die Pflicht nehmen, anstatt zuzusehen, wie sie schon wieder beginnen, mit riskanten Geschäften ihre Bilanzen zu schönen, um dann den Vorständen Boni in Millionenhöhe zu zahlen. Man sollte die Banken daran erinnern, dass der Staat und damit wir Bürger ihnen mit Bürgschaften in Milliardenhöhe ihre Existenz gerettet haben.

Mit freundlichen Grüßen Peter Weber/ Mittelstand Real Estate

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weber,

richtig ist, dass in Nordrhein-Westfalen immer mehr Menschen dazu gezwungen sind, Insolvenz anzumelden. Dies betrifft nicht nur Selbständige, sondern 7,2% aller Verbraucher. Im Jahr 2009 wurden in Nordrhein-Westfalen insgesamt 37.501 Insolvenzverfahren beantragt, davon 10.895 von Unternehmen. 2005 waren es insgesamt noch 29.418 Insolvenzverfahren.

Schuldnerberatung ist ein hocheffizientes Instrument der Armutsprävention und Armutsbekämpfung. Studien haben die Wirksamkeit von Schuldnerberatung nachgewiesen. Jeder Euro für die Schuldnerberatung führt zu Einsparungen bei den Sozialabgaben. Sie muss deshalb auch im Interesse der öffentlichen Haushalte ausgebaut werden, nicht nur finanziell, sondern auch auf der Ebene psychologischer und persönlicher Beratung. Es müssen mehr Mittel und effektive Instrumente zur Verfügung gestellt werden, die zur Vermeidung von Überschuldung gezielt beitragen. Bürgerinnen und Bürger, die in finanzielle Not geraten, sollen nicht länger alleine gelassen werden. Unterschiedliche Träger bieten Schuldnerberatung an, zum Beispiel Städte und Gemeinden, Verbraucherzentralen oder Sparkassen. Auch wir sehen die Ich-AGs kritisch. Vor der Gründung einer solchen Ich-AG sollte in jedem Fall eine qualifizierte Beratung in Anspruch genommen werden, um das Risiko einer Insolvenz zu minimieren.

Kreditversorgung ist für kleine und mittelständische Unternehmen von besonderer Bedeutung. Sie ist nur dann sichergestellt, wenn die öffentliche Hand stark ist. Wir halten am System der öffentlichen Banken und Sparkassen auch fest, um die Kreditversorgung für Mittelstand und Handwerk sicher zu stellen.

Sparkassen und Raiffeisenbanken kreditieren auch kleine selbständige Betriebe, aber es besteht kein Zweifel daran, dass die Prüfung heute sehr viel risikoscheuer ist als in den vergangenen Jahren. Wir müssen aufpassen, dass die zurückhaltende Kreditpolitik nicht zu einem Abwürgen der anlaufenden Konjunktur wird.

Hier können KfW-Mittel und Förderprogramme der NRW-Bank insbesondere mit Bürgschaften helfen, die Kreditierung an mittelständische Betriebe zu stärken.

Die Boni-Praxis der Bankmanager sehen wir ebenfalls kritisch. Im Bundesrat werden wir uns für klare Regeln und Begrenzungen von Gehältern, Bonuszahlungen und Abfindungen von Managern einsetzen.

Mit Basel II sind seit 2007 die Kriterien zur Kreditvergabe insbesondere an mittelständische Unternehmen verschärft worden. Basel II ist ein funktionaler Rahmen - für wirtschaftliche gute und wirtschaftlich schwierige Zeiten. Basel II ist jedoch ein untauglicher Rahmen für ein wirtschaftliches Szenario des Absturzes. Basel II beschleunigt prozyklisch diesen Absturz, denn gesunde Unternehmen werden wegen fallender Gewinnerwartungen schlechter geratet als noch vor wenigen Monaten. Banken können wegen des schlechten Ratings, gesunden Unternehmen keine Kredite mehr für Investitions- und Betriebsmittel gewähren. Daher müssen die Eigenkapitalhinterlegungssätze nach Basel II für Kredite an kleine und mittelständische Unternehmen gesenkt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Büssow