Julian Thomsen
ÖDP
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Frage von Kirsten W. •

Frage an Julian Thomsen von Kirsten W. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Thomsen,

was werden Sie dagegen tun, dass in Schleswig-Holstein in absehbarer Zeit tausende Arbeitsplätze in und um die Milchproduktion verloren gehen und viele Milchviehbetriebe ihr Unternehmen schließen müssen.

Wie stehen sie zu einer nationalen und eu-weiten Flexibilisierung der bis 2015 bestehenden Milchquote, um die Auswirkungen der Milchmarktkrise und auch der Wirtschaftskrise abzumildern.

Wie können Sie es verantworten, dass auf dem Weg in den liberalisierten Milchmarkt im Jahr 2010 mehr als 500 Mio Euro vom Steuerzahler für Exporterstattungen und Interverntion ausgegeben werden sollen? Zumal es das Instrument der Mengenbegrenzung auf dem Milchmarkt noch gibt?

Mit freundlichen Grüßen Kirsten Wosnitza

Antwort von
ÖDP

Sehr geehrte Frau Wosnitza,

Die arge Situation der Milchviehbetriebe – auch gerade in Schleswig-Holstein – ist ein so komplexes Thema, dass ich es nicht erschöpfend diskutieren kann. Dennoch hoffe ich, mit unserem landwirtschaftlichen Konzept einen meines Erachtens nach guten Weg aus der Misere aufzeigen zu können.

Betrachtet man den Weltmarktpreis für Milch in den vergangenen Jahren, fällt auf, dass sich die Weltmarktpreise international zunehmend annähern – und ich muss ihnen wohl kaum erzählen, dass diese Annäherung auch aus unserer Sicht nicht immer erfreulich ist. So ist es kein Wunder, dass Exportsubventionen von der EU gezahlt werden, um internationalen Absatz überhaupt erst zu ermöglichen. Diese Summen sind jedoch ärgerlich, und die ödp betrachtet diese Fehlentwicklung mit Argwohn. Subventionen sind auf EU-Ebene in der Landwirtschaft einzustellen – Kostenwahrheit statt Subventionen ist hier unsere Devise. Exportsubventionen schaffen letztlich nur Anreiz zu einer Überproduktion, die auf den Binnenmarkt und die hiesige Preisentwicklung äußerst unerfreuliche Auswirkungen hat. Betrachtet man die Gewinnspanne abzüglich der Subventionsbeihilfe von Höfen, spricht die Bilanz Bände – zu Gunsten extensiv wirtschaftender Höfe. Um den gleichen schädlichen Markteinfluss von außerhalb der EU abzuwehren, sind entsprechende Schutzzölle einzurichten, die marktrelevante Einflüsse außereuropäischer Subventionen abwehren. Die weltweite Preisentwicklung für Milchprodukte kann so zumindest auf eine faire Basis gestellt werden, ohne Marktverzerrungen. Das Problem ansich, die Überproduktion, ist damit jedoch noch nicht gelöst – hier haben wir von der ödp weitere Konzepte, die auf ökologischem Wege vor allem höheren Flächenprämien Lösungspotential zusprechen, dazu später mehr.

Eine Milchquote, die über 10% über der realen Produktion liegt und zudem keine preisstabilisierende Wirkung zeigt, ist generell in Frage zu stellen. Eine Milchquote, die sich unflexibel zeigt und das Auf (2007) und Ab (momentan) der Preise am Markt nicht kompensiert, schafft keinerlei Sicherheit für unsere Höfe. Ohne eine Milchquote folgt nach den Gesetzen der Marktwirtschaft eine rasche Angleichung an die Weltmarktpreise und folglich eine Schließungswelle vieler nicht mehr rentabel wirtschaftender Höfe, wie Sie zurecht bemerkt haben, und eine Entwicklung zu einer Agrarindustrie – von der man intensive Tierhaltung mit all ihren Folgen für die Bodenökologie und unser Grundwasser, Maximierung der Erträge durch Einsatz von in Frage zu stellenden gentechnisch manipulierten Nutzpflanzen usw. zu erwarten hat. Das ist nicht in unserem Interesse und widerspricht aufs Schärfste dem ö in unserem Parteinamen. Ökologische Landwirtschaft ist zu fördern – ein erster Schritt dahin ist der Erhalt kleiner landwirtschaftlicher, landschaftsprägender Betriebe. Die 2003 von der EU beschlossene Agrarreform sieht eine Größenordnung der Flächenprämien vor, die der aktuellen Situation nicht Herr wird. Ich bin der Ansicht, dass höhere und angepasste Flächenprämien für eine Wandel in der Agrarstruktur sorgen könnten. So sieht unser Flächenprämienmodell eine Förderung nach Größe der Betriebe, der beschäftigten Arbeitskräfte und der Art der Tierhaltung vor, wobei diese an eine ökologischen Ausrichtung der Betriebe zu koppeln ist. Diese Förderungen verstehen sich als Investitionen in ein nachhaltiges System, die SOLANGE zu zahlen sind, bis die sich einstellenden Marktpreise dem WAHREN Wert der Ware entsprechen und dem Landwirt eine wirkliche Existenzgrundlage liefern. Solche Investitionen wären im Gegensatz zu Exportsubventionen sinnvoll und daher auf EU-Ebene zu erbringen. Eine fortwährende Gewahr dieser neuen Strukturen ist über eine extensiv ausgerichtete Definition eines Mindestverhältnisses „Nutztier/Fläche“ zu erreichen.

Damit hätte das alleinige „Mehr und mehr“ der Überschussproduktion, die die Marktpreise drückt, ein Ende - und dem Ende der Milchquoten könnte durchaus mit ein wenig Gelassenheit begegnet werden. Das extensive, ökologische Landwirtschaft sowohl unserer Landschaft als auch einer positiven Preisentwicklung dient, ist kein Geheimnis. Hier muss die Politik aktiv werden – nicht zuletzt um einen wirklich ökologischen Stoffkreislauf in der Landwirtschaft zu realisieren.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen unser Konzept etwas näher bringen und bedanke mich für Ihr Engagement bei Kandidatenwatch,

Liebe Grüße,
Julian Thomsen, Ahrenviöl