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Julia Verlinden
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Julia S. •

Sind Sie für oder gegen die allgemeine Impfpflicht?

Sehr geehrte Frau Verlinden,

laut dem Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts zu den Covid-19 Impfungen gibt es 20 schwerwiegende Reaktionen pro 100.000 Impfdosen sowie Todesfälle, die nachweislich im Zusammenhang mit der Impfung stehen. Die Virologen Hendrik Streeck und Klaus Stöhr lehnen eine Impfpflicht ab, da sie nicht zielführend sei und eine Impfung ein reiner Selbstschutz und keinen Fremdschutz biete. Auch der Ethikrat hat seine ursprüngliche Einschätzung mittlerweile relativiert, sodass die Ethikratsvorsitzende Alena Buyx angesichts der Omikron-Variante von einer allgemeinen Impfpflicht abrät. Sind sie angesichts dessen für oder gegen eine Impfpflicht? Falls Sie dafür sind, wie kann ein Staat es billigend in Kauf nehmen, dass Menschen direkt als Folge dieser Entscheidung schwerwiegende Schäden bis hin zum Tod erleiden wenn sie sich gegen ihren Willen impfen lassen müssen, um eine Strafe zu vermeiden?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau S.

weil eine hohe Impfquote der Weg aus der Pandemie ist und ständige Einschränkungen, Lockdowns sowie Belastungen des Gesundheitssystems verhindert, werbe ich schon lange für das Impfen.

Leider ist die Impfquote in Deutschland nicht hoch genug, um der Pandemie angemessen zu begegnen.

Ich spreche mich deshalb nach gründlicher Abwägung für eine allgemeine Impfpflicht aus und habe den Gesetzesentwurf hierzu unterzeichnet. Bei der Abstimmung letzte Woche gab es im Bundestag keine Mehrheit für eine Impfpflicht.

Dennoch möchte ich Ihnen gerne erläutern, wie ich zu meiner Position gekommen bin:

Der Ethikrat sprach sich im Dezember 2021 mehrheitlich für eine Impfpflicht aller Erwachsenen aus. Dies war auch für mein persönliches Urteil eine wichtige Einschätzung. Frau Buyx hat darauffolgend mitnichten von einer Impfpflicht abgeraten, sondern eine Neu-Bewertung unter den Voraussetzungen anderer Virus-Varianten angeregt. Wir wissen nicht, welche Varianten auf uns zukommen, so argumentiert auch der Gesetzesentwurf, welchen ich unterstütz habe. Wir müssen vor die nächste Pandemiewelle mit einer neuen Variante kommen mit einer deutlich höheren Impfquote.

Aus der derzeitigen Studienlage geht hervor, dass geimpfte Personen weniger zur Ausbreitung des Erregers beitragen. Außerdem verhindern hohe Impfquoten die Weiterverbreitung von Covid-19 durch die sogenannte Herdenimmunität. Umfangreiche Quellen hierzu finden Sie zum Beispiel in den Begründungstexten der Ständigen Impfkommission. Sie widerlegen wissenschaftlich die Aussage, dass eine Impfung nur dem eigenen Schutz diene.

Aus dem Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich Institutes geht hervor, dass im Vergleich mit den zu erwartenden Todesfällen in der Bevölkerung für keinen der zugelassenen Impfstoffe ein Risiko für eine erhöhte Sterblichkeit besteht. Grundsätzlich gilt bei der Interpretation der Zahlen immer, dass aus einem zeitlichen Zusammenhang kein kausaler Zusammenhang zu schließen ist.

Für mich wiegen auch insbesondere der Schutz vor erneuten Lockdowns und ihren Folgen schwer in der Entscheidung. Ich mache mir insbesondere Sorgen um die vielen Alleinstehenden, Alleinerziehenden und um Kinder und Jugendliche, die in den vergangenen Lockdowns psychisch besonders gelitten haben. Aus den genannten Gründen finde ich eine Impfpflicht für alle Erwachsenen eine verhältnismäßig geringere Einschränkung.

Mit freundlichen Grüßen

Julia Verlinden (MdB)

 

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