Finden Sie es akzeptabel, dass GKV-Versicherte mit den stärksten Beitragserhebungen seit 1975 belastet werden weil der Bund für Bürgergeldempfänger den GKVs nicht auskömmliche Beiträge zahlt?
Sehr geehrter Frau Verlinden,
die GKV-Beiträge werden zum Jahreswechsel 2025 um Ø 0,8 Prozent steigen. Damit steigt der Durchschnittsbeitragssatz von 16,3% auf 17,1%. Dies entspricht dem größten Beitragsanstieg seit 1975.
Wie Chefs der GKVs schreiben, ist der Grund das Bürgergeld. Für jeden der 5,6 Millionen Empfänger wird ein Beitrag von 119 €/Monat gezahlt. Der durchschnittliche Beitragssatz eines Mindestlohnempfängers beträgt hingegen 350 €/Monat. Der durch Bund gezahlte geringe Beitragssatz führt jeden Monat zu einem immer größer werdenden Defizit bei den GKVs.
In Summe ergibt sich eine geschätzte Finanzierungslücke von 9,2 Milliarden Euro, die die Versicherten jetzt über Beitragserhöhung, Erhöhung des Zusatzbeitrages und starker Erhöhung der Bemessungsgrenze stopfen müssen.
D.h. zu den 37,6 Milliarden Euro, die das Bürgergeld 2024 dem Steuerzahler voraussichtlich kosten wird, kommen noch einmal 9,2 Milliarden € hinzu, die die GKV-Versicherten zu zahlen haben.
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Sehr geehrter Herr A.,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich kann Ihren Unmut nachvollziehen. Der erhebliche Anstieg der GKV-Beiträge zum Jahreswechsel stellt eine hohe Belastung für viele Menschen dar. Und sie haben Recht, einer der Gründe für diese Erhöhung ist die nicht kostendeckende Pauschale für Bürgergeldempfänger*innen, die zu einem weiteren Ausgabenanstieg für die GKV führt.
Leider ist es uns nicht gelungen, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Erhöhung der staatlichen Pauschale für gesetzlich versicherte Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld durchzusetzen. Der damalige Bundesfinanzminister Lindner hat dies abgelehnt, auch vom Bundeskanzler Scholz kam hierzu keine Unterstützung. Für die notwendige Erhöhung des Bundeshaushaltes gab es daher keine Mehrheit. Auch die Koalition aus SPD und Union hatte zwischen 2017 und 2021 bereits eine solche Erhöhung vereinbart. Auch hier hatte das Bundesfinanzministerium, noch unter dem damaligen Bundesminister Scholz, diese abgelehnt. Wir Grüne bleiben weiter dran und versuchen politische Mehrheiten für einen solchen Schritt sowie auch für die ebenfalls vereinbarte Dynamisierung des Bundeszuschusses zu erreichen.
Auch wenn das Bürgergeld an sich erstmal staatliche Kosten verursacht, ist es ist eine wertvolle soziale Errungenschaft. Denn das Grundgesetz gewährt ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum und schützt uns alle in finanziellen Notlagen. Mit dem Bürgergeld erhalten Menschen, die längere Zeit nach Arbeit suchen oder die aufgrund von Krankheit oder Kinderbetreuung weniger arbeiten können, die notwendige Unterstützung. Zudem ermöglicht es Menschen Fortbildung und Qualifizierung für einen neuen Job.
Die Stabilisierung der GKV-Finanzen erreichen wir zusätzlich, wenn Menschen in die Sozialversicherung einzahlen, die das bisher i.d.R. nicht müssen, z.B. Abgeordnete.
Wir setzen uns für eine Finanzierung von Gesundheit und Pflege unserer Gesellschaft ein, die verlässlicher und gerechter ist als der Status quo. Basis hierfür ist eine faire Beteiligung aller Versicherten an der Finanzierung. Unser Ziel ist die Bürgerversicherung, die neben den gesetzlich Krankenversicherten auch die Privatversicherten in den solidarischen Finanzausgleich des Gesundheitssystem einbezieht.
Plus: Neben der Verbesserung der Einnahmen ist zur Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung aus unserer Sicht auch eine effizientere Versorgung ein wichtiger Baustein. Hier haben wir mit der Krankenhausreform und der Digitalisierung eine wichtige Grundlage gelegt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Julia Verlinden