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Julia Verlinden
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Mario S. •

Frage an Julia Verlinden von Mario S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte/r Abgeordnete/r,

ich schreibe gerade meine Bachelorarbeit zu den Jamaika-Sondierungen 2017. Um möglichst viele Eindrücke, Hintergründe und Ideen zu sammeln, habe ich mich entschlossen, Sie als gewählte/r Abgeordnete/r anzuschreiben. Dabei interessiert mich vor allem Ihre Meinung zu den gescheiterten Verhandlungen. Was könnte der Grund für das Scheitern sein? Welche Folgen machen Sie an dem Scheitern fest? Wie haben Sie die Verhandlungen und das Ergebnis verfolgt?
Welche Motivation gibt/gäbe es für Ihre Partei, in eine Regierung einzutreten und wie können Parteien wieder stärker die Gunst des Wählers erlangen? Welchen und wie viel Einfluss haben politische Parteien in Deutschland in der heutigen Zeit, auch im Vergleich zu anderen (europäischen) Ländern?
Abschließend würde mich noch interessieren, ob und inwiefern unser politisches (Wahl-)System in Zusammenhang mit der Thematik steht und wie es reformiert werden könnte.

Über Ihr Mitwirken würde ich mich sehr freuen. Falls Sie weitere Informationen (Links, Berichte etc.), wäre ich Ihnen sehr dankbar. Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen
M. S.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

leider kann ich an Ihrer Umfrage nicht teilnehmen. Als Abgeordnete erhalte ich eine Vielzahl von vergleichbaren Anfragen von Menschen, die eine Hausarbeit, eine Semesterarbeit, eine Bachelorarbeit, eine Diplom- oder Masterarbeit, eine Doktorarbeit, eine Habilitation, ein Forschungsprojekt, ein Schulreferat, einen Vortrag oder eine Rede vorbereiten.
Um den hohen - insbesondere auch zeitlichen - Anforderungen der parlamentarischen Arbeit gerecht zu werden, ist in den meisten Fällen eine Teilnahme an den Studien oder Projekten einfach nicht zu schaffen.

Online finden Sie jedoch eine Vielzahl an Stellungnahmen zu den Jamaika-Verhandlungen von verschiedenen Grünen-Politiker*innen sowie unzählige politikwissenschaftliche Veröffentlichungen über den Einfluss von Parteien in unserem Wahlsystem und ähnliche Themen.
Im Folgenden stelle ich Ihnen aber gerne noch meine Stellungnahme kurz nach dem Scheitern der Jamaika Verhandlungen zu Verfügung:

„Julia Verlinden zum Abbruch der Sondierungsgespräche (20.11.2017)
Die letzten Wochen haben die Grünen schwierige und langwierige Gespräche mit Union und FDP geführt, um auszuloten, ob man vier Jahre lang miteinander für das Land gestalten kann. Es war vollkommen offen, ob es gelingt, sich mit den verschiedenen Parteien auf gemeinsame Punkte zu verständigen.
Auf jeden Fall ist eines deutlich geworden: Menschen, die vielleicht vor Monaten noch gesagt haben „alle Parteien sind doch sowieso gleich“, wurde bewusst, dass das so gar nicht stimmt. Die Positionen der vier Parteien liegen zum Teil sehr weit auseinander. Besonders deutlich wurde das bei den Themen Klimaschutz, Flucht, Migration, Europa oder der Steuerpolitik. Trotzdem waren wir Grüne uns der Verantwortung bewusst, haben unsere Gesprächs- und Kompromissbereitschaft bewiesen. Dabei sind wir z.T. auch über unsere Schmerzgrenzen hinausgegangen – haben aber zugleich erwartet, dass auch andere sich bewegen.
Ich war überrascht über den Schritt der FDP gestern Abend. Deren Verhandler haben nicht inhaltlich begründet, warum sie die Gespräche verlassen. BeobachterInnen der Sondierungen vermuten, dass die FDP von Anfang an nicht regieren wollte. Dann wäre es umso fataler, Wochen ins Land gehen zu lassen, und nun so einen Scherbenhaufen zu hinterlassen.
Ich habe mich auch gewundert, wie extrem wirtschafts- und innovationsfeindlich sich die FDP in Bezug auf Energiewende und Klimaschutz aufgestellt hat. Das widerspricht explizit den Wünschen vieler Unternehmen. Entgegen der aktuellen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Debatte hat die FDP eine Energiewende-Diskussion auf dem Niveau der 90er Jahre geführt.
Der Kohleausstieg und der Ausbau von Erneuerbaren Energien, Investitionen in Energieeffizienz und eine moderne Wärmeversorgung sowie nachhaltige Mobilitätspolitik sichern viele hunderttausend Arbeitsplätze und verhindern, dass Unternehmen aus Deutschland den Anschluss an die Entwicklung auf dem Weltmarkt verlieren.
Erschüttert bin ich besonders über Berichte, die FDP hätte die CSU beim Thema Flucht und Migration noch rechts überholt. Damit befördern ausgerechnet „die Liberalen“ den Rechtsruck in unserer Gesellschaft.
Wer keine Antworten zu den großen Themen Klimaschutz, Modernisierung des Energie- und Verkehrssystems und zur sozialen Gerechtigkeit in Deutschland und in der Welt hat, der passt nicht in diese Zeit.“

Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich Sie beim Verfassen Ihrer Bachelorarbeit nicht weiter unterstützen kann und wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren weiteren Recherchen.
Darüber hinaus können Sie gerne zu einer meiner nächsten Bürgersprechstunden in Lüneburg oder Dannenberg kommen, um ein direktes Gespräch zu führen zu führen. Die Termine werden immer mit ein wenig Vorlauf auf meiner Website www.julia-verlinden.de bekanntgegeben. Eine Anmeldung ist hierfür aus organisatorischen Gründen erforderlich.

Mit freundlichen Grüßen

Julia Verlinden

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